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Tod to go (Crime Shorties)

Tod to go (Crime Shorties)

Titel: Tod to go (Crime Shorties) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Koglin
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Kabul-Lausanne-Hamburg«.
    Viele Anzüge, wenige Teppiche.
    Ich sitze in meinem Mercedes, der Duft nach grünen Kaffeebohnen weht am Lagerhaus vorbei. Was hat es mit den Adressen auf sich? Was würde wohl Tante Elizabeth aus England machen? Sicher, sie würde lächeln und reden. Und jemanden schicken. Einen Minister vielleicht? Oder ihren Sohn?
    Soll ich mal mit dem Zweiten Chef reden? Aber ich habe Angst.
    Wer einen Journalisten tötet, der hat ganz sicher keinen Respekt vor einem Radscha mit Schwielen an den Händen.
    Wie soll der wissen, wie stark meine Familie ist. Prinz Harry und Prinz William würden das verstehen. Genau wie Du, Maxima. Und ganz bestimmt Königin Inaara mit ihrem Mann Karim Aga Khan. Aber sie blicken alle stumm von der Wand meiner Kammer zu mir herunter. Ich habe kein Telefon. Und der Buddha von Bamyian schweigt immer noch.
     
    *
     
    Maxima, mit dem Fahrrad habe einige Adressen abgefahren, die ich in Leons Dokumenten gefunden habe. Zwischenlager und kleine Händler, manchmal nur Briefkästen. Als Letztes bin ich zu einem Haus auf St. Pauli.
    Das mit den Adressen ist ein Gedanke, den mir der Buddha von Bamyian geschickt hat. Aber ich verstehe nicht, was er damit meint.
    Die Menschen auf St. Pauli laufen schreiend und suchend über die Bürgersteige. Keiner weiß, was er eigentlich sucht. Sie tragen Bierflaschen, riechen nicht gut, sind aufgeregt. Und manchmal reißen sie sich an der Kleidung und nackte Frauen tanzen auf Tischen.
    Das Haus in der Seilerstraße steht da wie ein müder Matrose am Straßenrand. Einer, der nicht mehr auf sein Schiff mag. Von der schweren Arbeit vornüber gebeugt; sein Gesicht ist grau und voller Falten. Aus dunklen Augen sieht das Haus auf die Menschen hinunter und gähnt aus seinen zahnlosen Fensterscheiben.
    Keine Firmenadressen an der Tür, nur ein paar herrenlose Klingelknöpfe. Der Eingang ist dunkel.
    In der Luft steht eine Wolke aus Alkohol und Parfum.
    Ich schlendere also die Große Freiheit herauf. Die Menschen mustern mich mit von oben bis unten. Wahrscheinlich sehe ich schon aus wie ein Teppich? Und nun wissen sie nicht, was sie mit einem laufenden Teppich aus Deutsch-Indien anfangen sollen.
    Ein thailändisches Mädchen fällt in meine Arme und krallt sich fest.
    »Guten Tag«, sage ich.
    Ihre Augen sind verbrannt. Sie sieht durch mich hindurch, als würde ich zwei Meter hinter mir stehen. Sie umarmt mich und sagt: »Dreißig Euro. Massage Spezial.«
    »Dreißig Euro?«
    »Verhandeln?«, sagt sie und reißt an meinem Ärmel. Hält sich kaum auf den Beinen. Sie schüttelt den Kopf.
    »Geissiges Asslooch.«
    Sie stolpert in ein Striplokal.
    Ist das jetzt die Antwort des Buddhas von Bamyian?
    Sicher, Leon hat von Drogengeschäften gesprochen. Aber genau da würde ich mich gerne heraushalten. Der Zweite Chef ist mächtig. Und ich brauche Arbeit. Und meine Kammer darf ich auch nicht verlieren. In zwei Wochen wehen die Oktoberstürme über Hamburg. Es wird kalt.
     
    Ja, raushalten wollte ich mich, aber dieses Mädchen aus Thailand stolpert in meine Arme und für einen Moment taucht vor mir das Gesicht des Buddhas von Bamyian auf. Ich weiß nicht, wie ich Dir das erklären soll. Eigentlich hat der Buddha von Bamyian gar kein Gesicht. Wer kein Gesicht hat, der besteht aus allen Gesichtern. Und manchmal ist das Gesicht ein Mädchen aus Thailand.
    Ich nehme mir also frei und fahre auch die anderen Adressen ab. Hamburg ist ein großer Teppich. Die Stadtteile liegen nebeneinander wie die Knoten der Teppiche und die einzelnen Muster. Jeder hat seine eigene Farbe und seine eigene Form und doch sind sie zusammen ein Teppich. Ein großes Bild. Eine Stadt. Eine Geschichte mit ganz vielen Abenteuern.
    Keine der Adressen hat ein Geheimnis. Vielleicht sollte ich es einfach mit dem Haus des Zweiten Chefs versuchen?
    »Gute Idee«, sagt mein Freund Mohammed. »Nichts Schaden, wenn Du vorsichtig. Viel vorsichtig.«
    Der Zweite Chef wohnt in einem neuen Haus. Eigentumswohnung. Sechs Namen stehen auf der Klingelleiste. Mächtige Bäume wachsen vor den Fenstern, zwei Kinder bauen in einer Kiste Türme aus Sand, auf der Straße stellt eine Frau ihre Plastiktüten ab, um zu verschnaufen.
    Neben dem Haus duckt sich ein grauer Flachbau. Zugewachsen mit Efeu und Büschen. Auf der Tür lese ich die Autonummer des Zweiten Chefs. Genau wie auf dem Parkplatzschild. Dabei hat der Chef nur ein Auto.
    Die Tür ist abgeschlossen. Rost rieselt herunter, aber sie gibt nicht nach. Durch ein

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