Tod to go (Crime Shorties)
los.
»Komm Lucy, Fuß.«
Der Hund ignorierte das Kommando und preschte weiter in Richtung Gartenmauer.
»Ich werde das nicht zugeben«, sagte Quedjens. »Wir sind quitt.«
Wieder trat ihm der Schweiß aus allen Poren.
»Da ist kein Beweis, keiner hat das gesehen. Das mit dem Unfall glaubt mir ja doch keiner.«
Der Hund stand mit einem Bündel vor seinem Herrchen und schaute stolz zu ihm hoch.
Erst als ich seine starr aufgerissenen Augen sah, blickte ich noch einmal hinunter zur guten Lucy. Sie hatte ein dreckverklebtes, in Stoff gewickeltes Bündel in der Schnauze. Aus der Tiefe von Quedjens Brust drang ein Heulen. Und nun erkannte auch ich es. Der knöcherne Arm eines Babys baumelte seitlich aus dem Tuch heraus.
Quedjens fasste sich ans Herz und verdrehte die Augen. Ein Röcheln drang hinter seinem Bart hervor. Mit weit aufgerissenen und überraschten Augen brach er auf die Knie und fiel seitlich auf den Boden. Die Zunge fiel aus seinem Mund.
Lucy ließ das Bündel fallen und schnupperte am Gesicht ihres Herrchens. Dann blickte sie in den sternlosen Himmel über Sylt und begann zu jaulen.
Ich rief die Polizei und erzählte, dass vor mir jemand tot zusammengebrochen war.
Die eingetroffenen Beamten beäugten mich mit abschätzigen Blicken. Geradeso, als wären sie sich nicht ganz sicher, ob sie soeben einen Serienmörder geschnappt hatten. Vor allem wollten sie mir das tote Baby unterschieben.
Nach vierzehn Stunden auf der Polizeistation wurde ich entlassen.
Ich dürfe die Insel nicht verlassen, sagte der Kriminalbeamte. Man konnte ihm gut ansehen, dass er das nicht gerne sagte. Schließlich sind herrenlose Penner ein Problem auf der Insel Sylt.
Ich sah zu, dass ich Land gewann. Das ist wichtig. Besonders hier in der Nordsee. Wo die Wellen sich immer mehr vom Land abbeißen und sich durch die Dünen fressen, die Häuser der ehrenhaften Bürger unterspülen und alles Starre und Feste hinaus ins Meer ziehen.
*
Heikedine Paulsen schien auf mich gewartet zu haben. Sie deutet mit ihren verdreckten Händen auf einen Erdhaufen im Garten.
»Das Baby hat immer dort gelegen. Ich habe einen Rosenstock gepflanzt, aber er ist eingegangen.«
»Mein Gott, das Baby!«
»Ich hab es ihm zurückgebracht«, sagte sie. »Es wollte seinen Vater kennenlernen.«
Sie schaufelte das Erdloch mit bloßen Händen wieder zu.
Ohne ihre Arbeit zu unterbrechen, sagte sie: »Isa hat sich selbst verstümmelt. Mit dem Beil. Sie wollte nicht ins Heim. Wir haben die Hand dann in einen Sack mit Torf verbuddelt.«
»Sie haben keinen Arzt gerufen?«
»Auch ich muss weiterleben«, brüllte sie. »Hier auf der Insel!«
*
Heikedine Paulsen führte mich in den Keller und sperrte die Eisentür mit dem Sicherheitsschloss auf.
Vor mir erstreckte sich ein länglicher Raum. Er war ausgelegt mit blauen Teppichen. In der Luft hing der Geruch von Tannennadeln und Kerzenwachs. An den Wänden wieder diese gemalten Landschaften, dazwischen Plakate mit Katzen und Hunden.
Eine Ecke zeigte Pferdefotos, darunter auf dem Boden lag etwas Stroh. Jetzt duftete es leicht nach weihnachtlichen Räucherkerzen. Wohlig warm war es hier. Auf Stühlen saßen Plüschteddys und unter einer Lichterkette aus lauter kleinen Sonnen stand eine Babykrippe.
Von der Decke schien ein großer runder Lampionmond auf uns herab. Daneben leuchteten Sterne aus buntem Lackpapier. Die junge Frau, die die Vorhänge des Himmelbettes mit ihrem Armstumpf auseinander schob, lächelte mich aufmunternd und glücklich an.
Der Radscha der Speicher und Schuten
Ach, Maxima, meine Orangen-Prinzessin. Du trittst auf den Balkon und lächelst den Menschen zu. Winkst, drehst Dich zu Willem-Alexander, küsst ihn und … Ich weiß gar nicht, wie oft ich mir Dein Hochzeitsvideo schon angesehen habe.
Manchmal rieche ich Dein Parfum und höre die Schleppe Deines Kleides über meinen Teppich knistern. Und dann sehe ich diesen blutroten Fleck und er will einfach nicht verschwinden.
Ja, ich wäre gerne dabei gewesen. Schließlich bin ich Dein Cousin, aber Urlaub ist hier nicht vorgesehen. Muss sich ja jemand um die Teppiche kümmern.
Wer weiß, vielleicht wäre alles anders gekommen, wenn ich Dich besucht hätte. Vielleicht hätte der Tod einen großen Bogen um den Hamburger Hafen gemacht.
Maxima, Dein Cousin bräuchte jetzt dringend einen Rat. Aber Du sitzt weit entfernt in Deinem Palast in Amsterdam und Deine Nummer steht nicht im Telefonbuch.
Klar, für eine Reise in
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