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Tod to go (Crime Shorties)

Tod to go (Crime Shorties)

Titel: Tod to go (Crime Shorties) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Koglin
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steigen muss … trauen Sie sich das eigentlich zu?«
    »Bitte?«
    »Mich zu vertreten. Hier mitten in der Nordsee geht’s anders zu als in der Stadt.«
    Ohne eine Antwort abzuwarten, spulte er die zu erledigenden Aufgaben herunter. Die Beerdigung von Maria war vorzubereiten und zwei Taufen standen an, die sich notfalls verschieben ließen. Aber weil die Föhrer ein gottesfürchtiges Inselvolk seien, dürften die sonntäglichen Gottesdienste auf keinen Fall ausfallen.
    »Sicher«, sagte Lennart.
    »Ich kann nicht mit dem Rollstuhl zum Altar! Ganz schlechte Werbung für unseren Chef.«
    »Warum eigentlich nicht?«
    »Und wie komme ich auf die Kanzel? Mit einem Treppenlift, wie? Die Friesen sind ein eigenes Volk, da muss man mit Würde und Kraft von der Kanzel herunter zu den Leuten predigen. Wie ein Kapitän von seiner Brücke.«
    Nein, anders hätte das bei den sturen Friesen keinen Sinn.
    »Das hat Jahrhunderte gedauert, bis die sich haben bekehren lassen.«
    Der Pastor wohnte in einem der Wyker Reetdachhäuser. Alles frisch renoviert. Die blauen Kacheln an der Wand glänzten.
    »Alte Delfter«, sagte Hinrichs und fuhr mit der flachen Hand darüber.
    »Die gönnen ihrem Pastor noch was, schließlich sind wir hier am Meer ziemlich dicht bei Gott. Da will sich die friesische Seele nicht lumpen lassen.«
    Seine braunen Augen blinzelten listig, und aus seinen vollen Haaren drehte sich eine Tolle in die Höhe. Seine drahtigen Augenbrauen saßen wie zwei in Unordnung geratene Vogelnester über seinen Augen.
    Lennart glaubte, ein spöttisches Lächeln zu bemerken.
    »Einfach wird das nicht, junger Mann. Aber vielleicht kommt man als rheinische Frohnaturen mit den Leuten klar. Boyens wird Ihnen helfen.«
    »Boyens?«
    »Der Kustos, unser Mädchen für alles. So eine Art Gemeindemutti.«
    Lennart schluckte.
    »Den finden sie bestimmt in der Kirche. Hält das Gemäuer mit seinem Schraubenzieher, einer Zange und jeder Menge Gottvertrauen zusammen. Ist früher auf einem Seenotkreuzer gefahren. Hat in schwerer See ein Auge verloren, sieht aber immer noch mehr, als alle anderen hier auf der Insel zusammen.«
    Lennart nickte.
    »Und noch etwas, kümmern Sie sich gleich um die Beerdigung von Maria. Am besten, Sie besuchen möglichst rasch ihre Familie.«
    Er fuhr sich mit seinen Pranken durch die Haare.
    »Zum Teufel mit den Drogen.«
    Lennart deponierte seine Tasche in dem Zimmer, das der Pastor für ihn hatte herrichten lassen. In den nächsten Wochen konnte er das Haus ganz allein nutzen. Pastor Hinrichs musste zu weiteren Untersuchungen seines Beinbruchs ins Husumer Krankenhaus. Gleich anschließend wollte er sich unter die Obhut seiner Schwester begeben.
    »Veen, stellen Sie sich darauf ein, dass ich mitten in der Nacht die Flucht ergreife und zurückkomme«
    Nachdem er ihm ins Taxi geholfen hatte, mit dem er auf die Fähre, und später dann nach Husum transportiert werden sollte, machte sich Lennart auf den Weg zur Kirche.
    Er schlenderte die Boldixumer Straße entlang, vorbei an der in einem Einfamilienhaus untergebrachten Polizeistation der Insel. Einer der Beamten hatte die Uniformjacke ausgezogen und beschnitt die Rosen. »Ocke- Nerong-Straße«, las er auf einem Straßenschild und gleich darunter, dass sich der Mann um die Erforschung der Insel verdient gemacht hatte.
    Vorbei ging es am Gerätehaus der Feuerwehr, und plötzlich begegnete ihm doch noch seine Vergangenheit. Es war, als würde ein Schalter in seinem Hirn umgelegt.
    In großen Lettern stand da immer noch »Erdbeerparadies« an der Hausfassade. Der Bau lag geduckt an der Straße. Vor dreißig Jahren musste es hier grüner gewesen. Ja, in diesem Erdbeerparadies hatte er seine ersten Diskothekennächte verbracht.
    Er erinnerte sich an die ständige Angst, als Minderjähriger hinausgeworfen zu werden. Überhaupt: die Unsicherheit, die in Zeiten der Pubertät an einem klebte.
    Die Diskothek hatte sich im Laufe der Jahre in eine Art Bierstube mit gelegentlicher Livemusik am Samstagabend verwandelt.
    Hinter einer Glasscheibe verkündete eine Speisekarte die Sonderangebote des Tages. Pizza Margherita für 5,90 Euro.
    Ein Arbeiter schlurfte mit seiner Harke um das Haus.
    »Noch geschlossen«, sagt er.
    »Wollte mir das nur mal ansehen.«
    »Wieso?«
    Der Mann zog die Schultern nach oben und drückte ihn in den Saal hinein.
    Plötzlich war alles wieder da. Lennart konnte sich an den eckigen Tresen erinnern, an den Bohlenfußboden. Auch die Mauerbögen mit den sich

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