Tod to go (Crime Shorties)
von ihrer Tochter. Nein, das wäre nie etwas geworden. Ich habe keine Erfahrungen mit Frauen. Vielleicht später. Ich wollte mich um unseren Hof kümmern. Und später nach Amerika auswandern.
Und wir haben keine Milch gepanscht, Herr Richter, das kommt doch sowieso irgendwann raus. Nur ein Gerücht … Ja, Herr Richter.
Nein, an Lisa habe ich nicht mehr gedacht. Ja, natürlich tut es mir leid ... ja, ich habe meine Strafe verdient ... in den Serien kriegt am Schluss ja auch jeder … Warum ich das Kuheuter auf die Leiche gelegt habe? Ich wollte, dass jeder sieht, dass sie der Milchpanscher ist. Ja, ich weiß, dass ich viele Jahre … da muss sich eben ein anderer um den Hof kümmern.
Die Sterne werden mir im Gefängnis fehlen. Und ich kann nicht mehr rechtzeitig sehen, wenn er endlich kommt. Der neue Chiemgau-Komet.
Irgendwo ist immer Mittag
Ich hab mir gedacht, mach es einfach den Maulwürfen nach. Die haben ja auch gebuddelt und gebuddelt und irgendwann waren sie durch. Durch den Hindenburgdamm. Gottseidank denk ich ja nicht so viel.
Aber auf die Idee bin ich ganz anders gekommen und das ging so: Ich hatte wieder mal ne Tasse Bier zu viel getrunken und bin ziemlich lange im Nebel rumgeirrt. Jedenfalls, als ich aufwachte, war da so ein merkwürdiger Fleck auf meinem Unterarm. Eine Tätowierung. Wer immer das gemacht hat, er muss noch betrunkener gewesen sein als ich, so seltsam sah das aus.
Doch viele Jahre später wache ich eines Morgens auf und glotz auf die Heckklappe von einem Mercedes. Ich denk, ich spinne. Raus aus der Decke, meinen Pulloverärmel hochgekrempelt, und tatsächlich: Genau der gleiche Fleck wie auf meinem Unterarm. Wie ein umgefallenes T oder ein Airbag, der nicht aufgegangen ist.
Peter aus der Nebendecke macht auf geheimnisvoll, lässt sich einen Schluck spendieren und sagt, er sei doch Erdkundelehrer und bei dem Fleck gebe es keinen Zweifel, der Fleck, das sei der Umriss von Sylt.
Der Umriss von Sylt! Da wär ich nie drauf gekommen. Aber Gottseidank denk ich ja nicht so viel, sondern frag lieber nach. Aber ich hab sofort gewusst: Das ist ein Wink des Schicksals. Zwanzig Jahre renn ich mit dem Umriss von Sylt auf dem Arm durch die Landschaft und erst ein Mercedes vor meiner Nase bringt mich darauf.
Ja, das sollte so sein. Da ist mir ein Stern aufgegangen. Nach Sylt. Da musst du hin! Auf Sylt wartet dein Leben auf dich.
Und jetzt das! Ja, mein Mädchen, nicht jeder hat Glück auf Sylt.
Jedenfalls bin ich zuerst nach Niebüll, rein ins Noldemuseum. All die bunten Bilder, die leuchtenden Häuser und Bäume besichtigen. Das war meine Impfung für Sylt. Also, rein in den Zug und Tschüss altes Leben!
Zuerst sehe ich noch Kühe und weites Land, aber bald wird das Land immer enger, immer schmaler, bis kein Land mehr da ist, sondern nur noch ein schmaler Streifen Meer, der immer breiter wird, und wenn man direkt auf dem Damm ist, gibt’s links und rechts nur noch Meer. Nichts als Meer.
Ob die kleine Le Lyn das auch gesehen hat? Hat sonst nicht viel erlebt im Leben. War ja noch so jung.
Aber sie war meine Kundin und ich finde, dass ich eine Verantwortung habe.
Morgens laufe ich an der dicken Wilhelmine von Sylt vorbei, die bronzen in ihrem Brunnen sitzt, sich tagaus, tagein für die Touristen wäscht und trotzdem immer fröhlich ist.
Ich geh jedenfalls an meinen Platz in der feinen Friedrichstraße und breite meine Decke aus. Und erzähl jedem, der es hören will, ich sei der illegitime Sohn von Maria Callas. Dass es passiert ist, als sie in Westerland ein Gastspiel gegeben hat und wie sie mit einem großen Strauß Blumen in einen Strandkorb gelockt wurde, und tja ... ich dann gemacht wurde. Vaters Name ist natürlich geheim und mich dürfte es eigentlich gar nicht geben. Von wegen des Skandals.
Den Rest reimen sich die Leute selbst zusammen. Verstecktes Kind, keine Anerkennung, keine richtige Erziehung, Mutter nie da, Heim, Jugendkriminalität, Rauswurf aus der Schule, Knast, schließlich die Straße.
»Aber Ihre Mutter ...«, sagen sie, aber ich winke ab und sie wissen Bescheid.
»Ja, das Leben ist ungerecht«, hat neulich ein netter älterer Herr zu mir gesagt, und dass er meine Mutter heute noch sehr bewundert. Stimmt, Mama war großartig.
Wenn ich Hunger hab, schlendre ich rüber zu den Nobelrestaurants, bleibe kurz stehen und krieg gleich einen Pappteller mit den tollsten Köstlichkeiten. Kostenlos. Muss nur schnell weitergehen. So lautet der Deal mit den
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