Tod und Schinken: Krimi (German Edition)
mit Leidenschaft. Nach jedem Treffen mit ihm, die selbstverständlich in diversen Lokalen stattfanden, war ich ein paar Kilo schwerer.
Und Abendroth war tatsächlich sein richtiger Name. Wir machten uns einen Spaß daraus, Morgenstern und Abendroth klingen zu lassen wie eine geheime Parole.
Aber wir hatten noch etwas gemeinsam: Wir waren beide im Teutoburger Wald geboren. Das verband uns. Mehr noch als unsere Leidenschaft, mit unserem Schreiben etwas zu bewirken – und sei es auch nur die Hoffnung, dass es irgendwann einmal etwas fruchten würde.
»Ich habe gehört, dass du wieder schreibst«, begrüßte er mich übergangslos. »Warum bist du mit dem Artikel mit den Rüben nicht zu mir gekommen?«
»Ich bitte dich«, antwortete ich. »Kopflose Leichen im Teutoburger Wald … Das war und ist nicht euer Stil. Außerdem haben die anderen mehr geboten.«
»Du hättest mich fragen sollen«, knurrte er, und ich wusste, dass er wahrscheinlich immer noch verstimmt war.
»Ich mache es wieder gut«, sagte ich reuevoll.
»Okay, aber jetzt hör mir zu: In eurem schönen Teutoburger Wald hängt eine Leiche. Am Fleischerhaken. Außerdem trägt sie einen Taucheranzug. Der oder die Tote befindet sich in einem abgelegenen Waldstück in der Nähe eines alten Steinbruches in Bad Salzuflen. Ich kann dir die GPS-Daten durchgeben.«
Ich hörte, wie er in einem Haufen Zettel kramte, und sah ihn förmlich vor mir an seinem Schreibtisch, der meistens ein einziges Chaos war. Aber ich hatte noch nie erlebt, dass ihm etwas verloren gegangen wäre. Meistens tauchte es nach Wochen oder Jahren aus irgendeinem Stapel wieder auf – und seltsamerweise genau dann, wenn man es brauchte.
Ich griff zu Stift und Block und schrieb automatisch mit. Erst als ich die GPS-Daten notiert hatte, wurde mir bewusst, dass ich in die Falle getappt war. Ich hatte nicht die geringste Lust, erneut in einen Mordfall verwickelt zu werden. Und sei es nur, indem ich darüber berichten musste.
Ich zerknüllte das Papier und startete einen letzten Versuch, vielleicht doch noch auf andere Weise mit Abendroth ins Geschäft zu kommen. »Du ahnst ja nicht, wer nächstes Wochenende nach Gütersloh kommt und der Garnison die Ehre erweist?«
Die Stille am anderen Ende der Leitung irritierte mich etwas. Diese Stille hörte sich verdächtig nach der berüchtigten Ruhe vor dem Sturm an.
»Elisabeth II.«, sagte ich daher. »Es geht um Orden für den Einsatz englischer Soldaten in Afghanistan. Du weißt, wie ich dazu stehe. Mein Artikel wird keine Hofberichtserstattung werden.«
»Ich will, dass du den Taucher übernimmst«, sagte er. Seine Stimme duldete eigentlich keinen Widerspruch.
Trotzdem ließ ich mich nicht einschüchtern: »Der berühmte Taucher im Wald also, hm. Du weißt doch selbst, was das in der Regel bedeutet …«
»Du meinst Tod durch autoerotische Unfälle«, präzisierte er. »In der Regel findet man diese Spinner in ihrer Wohnung oder im Hotelzimmer. David Carradine, dieser Kung Fu-Schauspieler, war so ein Fall. Wurde in Bangkok in einem Luxushotel aufgefunden. Stranguliert im Schrank. Es hieß, er hätte den besonderen Kick mit ausgefallenen Sexpraktiken gesucht. Hat wohl einen Fehler gemacht, der Junge …«
Ich nickte, obwohl Abendroth es nicht sehen konnte. Es gefiel mir nicht, wie lapidar er darüber sprach. Natürlich kannte ich den Fall. Die Gazetten auf der ganzen Welt hatten darüber berichtet. Ich war in meiner aktiven Zeit immer wieder auf autoerotische Unfälle gestoßen. Meistens waren es Männer, die sich gezielt strangulierten, um einen Sauerstoffmangel im Gehirn herbeizuführen und so die sexuelle Erregung zu steigern. Manchmal ging das dann schief … Meistens handelte es sich um bedauernswerte Einzelgänger, die keine engen Beziehungen hatten.
Ich seufzte. Abendroth hatte mich an der Angel.
»Woher weißt du von dem Toten?«, fragte ich.
»Betriebsgeheimnis. Alles, was ich will, ist, dass du ihn dir anschaust und den Fall anschließend für unsere Leser aufbereitest.«
Er nannte eine Summe, die nur jemand ablehnen konnte, der über ein regelmäßiges Einkommen verfügte. Und selbst dann …
Während ich mit der einen Hand den Hörer ans Ohr gepresst hielt, faltete ich mit der anderen den Zettel wieder auseinander und strich ihn glatt.
»Wie viel Zeit habe ich?«, fragte ich.
»Nachdem ich aufgelegt habe, eine Stunde. Danach wird mein Informant die Leiche offiziell finden und die Polizei benachrichtigen.«
Ich schaute auf
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