Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter.

Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter.

Titel: Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
Vom Netzwerk:
während die Armbrust höher und höher wanderte und vor Jaspars Brustbein zur Ruhe kam.
    Irgendwie schaffte er es über die Kluft zur nächsten Plattform. Er lief weiter.
    Urquharts Zeigefinger krümmte sich.
    Die Zeit stand still.
    Jacop streckte die Hände vor und legte alles, was sein Körper an Kraft noch hergab, in diesen letzten Sprung. Er fühlte eine wunderbare Leichtigkeit. Der Stoß, den er Urquhart versetzte, war beinahe sanft. Er umfaßte den Arm des Fürsten von Monadliath, als wolle er ihn heimgeleiten, schob ihn über den Rand des Gerüsts hinaus und folgte ihm bereitwillig.
    Urquhart hatte recht gehabt. Sie waren eins geworden.
    Vielleicht, daß sie zusammen aufsteigen konnten. Ohne den Haß und die Furcht und die schrecklichen Erinnerungen. Eine Woge des Glücks erfaßte ihn, und er schloß die Augen. »Es ist einfach nicht zu glauben«, sagte Jaspar. Jacop blinzelte. Er hing über der Dranckgasse. Tief unter ihm schnupperte ein Hund an
    Urquharts Körper.
    Verblüfft wandte er den Kopf nach oben und sah in Jaspars spitzes Gesicht. Der Physikus hielt ihn mit beiden Händen fest gepackt. Schweiß glänzte auf seiner Stirn.
    »Da hab ich ja nun wirklich den dümmsten Fuchs gefangen, der mir je begegnet ist«, polterte er. »Glaubt im Ernst, er könnte fliegen.«
    Stadtmauer
    Niemand erfuhr, was Jaspar Rodenkirchen und Johann Overstolz an jenem Vormittag des 14. September Anno domini 1260 miteinander ausmachten.
    Aber am Ende der Unterredung gab es keine Bedrohung mehr, und im Gegenzug hatte nie eine Verschwörung existiert. Der Tod des Dombaumeisters war ein Unfall, und den armen Rolof hatten Räuber überfallen. Nachdem nun nichts mehr an ihr stimmte, war die Welt wieder in Ordnung.
    So hatte Konrad zur Prim die Messe gelesen und einen weiteren heiligen und gottgefälligen Krieg gepredigt, ohne je zu erfahren, daß er dem Tod nur knapp entgangen war. In der Dranckgasse fand man die Leiche eines Unbekannten, Gesicht und Körper von Brandwunden entstellt, und identifizierte ihn als den gesuchten Armbrustmörder. Die Waffe neben ihm ließ keinen Zweifel daran, daß er in Köln mindestens drei Menschen umgebracht hatte. Weder kannte man seinen Namen noch seine Herkunft, und über seine Motive konnte der Tote nichts mehr sagen, also brachten ihn die Schinder auf dem Henkerkarren hinaus zur Richtstätte auf dem Judenbüchel, wo man ihn ohne Aufhebens verscharrte und schnell vergaß.
    Goddert platzte vor Stolz. Er trug seine Armschiene zur Schau, daß man glauben konnte, er sei in den Ritterstand erhoben worden. Inzwischen wußte ganz Oursburg, daß er sich mit einem übermenschlichen Gegner im Schwertkampf gemessen und den Eindringling – nun, vielleicht nicht vertrieben hatte, aber so ähnlich. Immerhin!
    Richmodis lächelte dazu und hütete sich, auch nur ein Wort abzustreiten.
    Und Jacop verschwand.
    Es war früher Abend, als Jaspar ihn endlich aufstöberte. Er fand ihn oben auf der Stadtmauer, nicht weit entfernt von der verfallenen Hütte im Mauerbogen. Jacop lehnte an der Brüstung und sah hinaus auf die Felder. Er sah aus, als wäre eine Herde Rinder über ihn hinweggetrampelt, aber auf seinen Zügen lag eine beinahe heitere Gelassenheit.
    Wortlos stellte sich Jaspar neben ihn. Sie betrachteten gemeinsam den Sonnenuntergang.
    Nach einer Weile wandte Jacop den Kopf.
    »Geht es Richmodis gut?«
    Jaspar lächelte. »Warum fragt Ihr sie nicht selber?«
    Jacop schwieg.
    »Wollt Ihr etwa wieder davonlaufen?«
    »Nein.«
    »Ihr habt nichts mehr zu befürchten, Füchschen. Johann hat mit dem Säbel gerasselt und ich auch. Jeder hat dem anderen die Hölle auf Erden versprochen, wenn nicht augenblicklich Frieden herrscht.« Jaspar schmunzelte. »Und ich habe zwecks dessen geflunkert. Aber nur ein bißchen.«
    »Was habt Ihr ihm erzählt?«
    »Besser, niemand weiß davon. Reden wir nicht drüber. Ich bin ein Freund des Wissens, aber zuviel davon bringt manchmal Unglück.«
    »Was Ihr über Urquhart wußtet, brachte Glück.«
    »Nun, Füchschen«, erklärte ihm Jaspar, »Eure Geschichte ging mir
    einfach nicht mehr aus dem Kopf. Ich hatte mich die ganze Zeit über gefragt, was einen offensichtlich klugen und gebildeten Mann wie Urquhart zu dem gemacht haben mochte, was er war. Und plötzlich kam mir die Idee, er sei Euch ähnlich, mit einem Fluch belastet, der in seiner Vergangenheit zu suchen war. Ich lief noch einmal zum Kloster St. Pantaleon, um ein weiteres Mal mit Hieronymus zu sprechen. Jetzt kannte ich

Weitere Kostenlose Bücher