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Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter.

Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter.

Titel: Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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ja den Namen des Mörders. Trotzdem nur eine vage Hoffnung, und Hieronymus bei seinem letzten bißchen klaren Verstand zu packen, war dann auch ein ziemliches Trauerspiel.«
    »Darum kamt Ihr so spät.«
    »Hieronymus konnte sich an keinen Mann mit langen blonden Haaren erinnern. Aber nur, weil Urquhart zu dieser Zeit gar keine langen Haare trug. Dafür löste der Name einiges in ihm aus. Am Ende wußte ich, wer Urquhart wirklich war.«
    »Und wer war er?«
    Jaspar schaute nachdenklich hinaus. Die Sonne vergoldete die Felder.
    »Er war ein Opfer«, sagte er nach einer Weile.
    »Ein Opfer«, sinnierte Jacop. »Und habt Ihr auch einen Täter gefunden?«
    »Den Krieg, Füchschen. Das, was uns tötet im Augenblick, da wir töten. Urquhart war der Fürst von Monadhliath in Schottland. Seine Burg erhob sich über die Gewässer des Loch Ness. Aber er gehörte nicht zu den dumpfen Schlächtern an der Spitze der Clans. Urquhart war im Zuge der Auld Alliance nach Paris gelangt und hatte dort gute Lehrer gehabt. Hieronymus schilderte ihn als einen Mann von kühnem und edlem Geist. Schnell bereit, die Waffe in die Hand zu nehmen, aber ebenso, Streitigkeiten mit Worten auszufechten. Einer, der den Zweikampf liebte, aber nicht das Metzeln. Unter den Edlen, die dem Kreuzzug voranritten, galt er als einer der Ehrenvollsten, leider wie so viele dem Irrglauben verfallen, Gottes Samen könne auf blutgetränktem Boden gedeihen. Dann nahmen Ludwigs Truppen Damiette ein. Aber nun begann etwas, das Urquhart nicht verstand. Das Schlachten. Ludwig ließ Hunderte von Kindern zusammentreiben, um ein für allemal klarzustellen, wie er über die Ungläubigen dachte. Sie wurden gefoltert und niedergemetzelt, so daß viele im Zug, selbst die Härtesten und Grausamsten, sich bekreuzigten und schaudernd abwandten von dem Frevel.«
    Jaspar seufzte.
    »Wie verächtlich gehen die Herrschenden über Worte hinweg, die den Krieg verdammen, wie gelangweilt die Intellektuellen, weil diese Worte weder originell noch neu sind. Aber sie werden gelten, solange wir Kriege führen. Wir werden uns die Schöpfung Untertan machen, wie selbst Gott es sich nicht hat träumen lassen. Keine Zwerge auf den Schultern von Riesen werden wir sein, sondern ein Volk von Riesen, die einander viel zu schnell über den Kopf wachsen – aber wenn es drauf ankommt, schlagen wir einander den Schädel ein wie in den dunklen Zeitaltern. Als sie in Damiette die Kinder geschlachtet hatten, ging eine Veränderung in Urquhart vor. Der Krieg kennt subtilere Methoden, Menschen zu zerstören, als sie umzubrin
    gen. Er verfiel in Tobsucht und Irrsinn. Dann begann sein Herz zu erkalten. Am Ende hatten alle Angst vor ihm, selbst Ludwig. Er schickte ein Dutzend seiner besten Männer in das Zelt des Fürsten von Monadhliath. Sie schlichen nachts herein, um ihn im Schlaf niederzumachen.«
    »Was geschah?«
    »Nur einer fand wieder nach draußen. Er kam auf dem Bauch herausgekrochen. Seine letzten Worte waren, sie hätten im Zelt keinen Menschen angetroffen, sondern ein Tier, und das Tier sei der Teufel gewesen. Am folgenden Morgen war Urquhart verschwunden. Er war ebenso geflohen wir Ihr. Vor sich selber, vor dem, was sich nicht mehr rückgängig machen ließ. Aber während Ihr am Ende damit fertiggeworden seid, hat Urquhart sich der dunklen Seite ergeben. Das Böse, das er zu bekämpfen glaubte, wurde seine Natur. Urquhart erkannte sich nicht mehr, sonst hätte er gewußt, daß man jederzeit umkehren kann.«
    Jacop schwieg eine Weile. »Nein«, sagte er. »Ich glaube nicht, daß er noch umkehren konnte.«
    »Ihr seid es doch auch.«
    »Ich hatte Hilfe.«
    »Mhm.« Jaspar massierte seinen Nasenrücken. Lange Zeit fiel kein weiteres Wort.
    »Was gedenkt Ihr nun zu unternehmen?« fragte er schließlich.
    »Weiß nicht. Nachdenken. Flöte spielen. Nicht mehr weglaufen jedenfalls.«
    »Lobenswert. Ich will Euch ja auch keineswegs beschwatzen, aber – naja, Goddert wird die Färberei endgültig an den Nagel hängen müssen, und Richmodis – also, sie hat Euch, glaube ich, ganz gern –«
    »Ich habe Richmodis mehr als ganz gern.« »Na, sehr gut!« Jaspar schlug mit der flachen Hand auf den Stein. »Was steht Ihr dann hier auf der Mauer?«
    »Jaspar.« Jacop schüttelte den Kopf. Es war das erste Mal, daß er lächelte. »Man kann auch weglaufen, indem man bleibt. Ich muß mich eine Weile mit mir selber beschäftigen. Für mich ist das alles noch nicht zu Ende. Ich meine, einfach zu sagen, Urquhart

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