Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter.
Pfaffenpforte durften sie mit eiligerem Durchkommen rechnen.
»Sicher«, bekräftigte Mathias, »alles wird sich ändern. Ich hoffe nur, in unserem Sinne.« »Warum bist du so besorgt? Wir werden deinen Rothaarigen schon finden. Überhaupt, wer glaubt einem Bettler?«
»Das habe ich auch gesagt. Aber erstens ist Urquhart der Ansicht, daß gewisse Leute durchaus willens wären, dem größten Haderlumpen zuzuhören, und zweitens sorge ich mich um den Zusammenhalt unseres Bundes. Es tut mir leid, daß ausgerechnet dein Sohn mir nach Kuno den größten Kummer bereitet, aber es ist so!«
Johann fühlte sein Herz schwer werden.
»Und du weißt es selber, Johann«, setzte Mathias hinzu.
Johann nickte düster.
»Daniel wird mir gehorchen. Ich verspreche es!«
Mathias sah ihn an. Dann versuchte er sich in einem versöhnlichen Lächeln.
»Ich will mich nicht in die Erziehung deiner Söhne einmischen, Johann. Versteh mich nicht falsch. Aber unser Spiel ist nun mal gewagt. Du und ich, wir erfreuen uns eines klaren Verstandes. Der Haß hat unser Denken noch nicht zersetzt. Heinrich ist einfach nur ein Hasenfuß, mit dem kann ich leben. Aber Daniel und Kuno neigen zu übertriebenen Gefühlsausbrüchen, und die Abneigung zwischen ihnen wächst mit jeder Stunde.«
»Ich weiß.«
»Halten wir die beiden auseinander, wo es geht.«
»Das wird kaum möglich sein. Sieh.«
Mathias' Blick folgte Johanns ausgestrecktem Zeigefinger. Sie waren in die Marzellenstraße eingebogen. Nicht weit vor ihnen lag das große, steinerne Haus von Gerhard Morart. Alte und Junge, Arme und Reiche waren gekommen, um dem Dombaumeister die letzte Ehre zu erweisen. Sie erkannten Mitglieder der edlen Familien von Mainz, darunter Heinrich von Mainz, den Ritter Quattermart, einige der Scherfgins und Gyrs und Overstolzen. Es war ein Aufgebot von Patriziern, wie man es selten sah: Ausdruck jener beispiellosen Wertschätzung eines Mannes, der die perfekte Kirche hatte bauen wollen und den Gott dafür in seiner Gnade und Barmherzigkeit erhöht und ins verdiente Paradies gerufen hatte.
Auch Kuno war unter ihnen. Von der anderen Seite der Marzellenstraße näherte sich Daniel. Ein zufriedenes Lächeln umspielte seine Züge. Dem Ärger stand nichts mehr im Wege.
Severinstraße
Jacop war erschöpft.
Er stand am Fenster und sah Richmodis nach, die ihren murrenden und widerwillig mitschlurfenden Vater nach Hause schleppte. Goddert war für Jacops Geschichte Feuer und Flamme gewesen. Zutiefst entsetzt und empört hatte er darauf bestanden, augenblicklich an die Verfolgung des Dämonen zu gehen, die Gewaltrichter und Büttel, nein, am besten gleich den Greven und den Henker, ach was, den Erzbischof zu informieren und ein Kolleg aus Geistlichen zusammenzustellen, das den Teufel unter der Wucht seiner Gebete zermalmen sollte.
»Heute zermalmen wir gar nichts mehr«, war Jaspars einziger Kommentar gewesen.
»Warum denn nicht?« hatte Goddert gebellt. »Bist du etwa zu feige?«
»Nein, zu klug. Du magst beten, bis dir die Decke auf den Kopf fällt, ich werde den meinen benutzen.«
»Bah! Deinen Kopf kann man ja noch nicht mal mehr dazu benutzen, um eine Tonsur hineinzuscheren. Wenn diese geschundene Seele«, und damit deutete er theatralisch auf Jacop, »Verfolgung durch den Teufel oder einen seiner Dämonen leidet, darf man nicht zögern, man muß den Herrn anrufen, schon um seiner, aber erst recht um Gerhard Morarts willen!«
»Das setzt voraus, daß die geschundene Seele recht hat. Wer sagt, daß es der Teufel war? Oder daß Jacop überhaupt die Wahrheit erzählt? Warst du dabei?«
»Dabei, dabei! Warst du dabei, als sie damals den armen Erzbischof Engelbert geschlachtet haben? Und doch kannst du nicht bestreiten, daß er einem Mord zum Opfer fiel.«
»Ich kann nicht bestreiten, daß du dumm bist, Goddert, den der Esel im Galopp verloren hat. Gerhard Morart, der Herr sei seiner gnädig, fiel aus großer Höhe und zerbrach sich seine Knochen, was nicht unbedingt der Täterschaft des Teufels zuzuschreiben ist. Hingegen wies der Körper Engelberts exakt siebenundvierzig Verletzungen auf –«
»Über dreihundert waren es!«
» – wie Cäsarius von Heisterbach in Vita, passio et miracula beati Engelberti Coloniensis Archiepiscopi verläßlich niederschreibt. Wunden, die er sich kaum selber beigebracht haben wird, und sein Mörder war auch nicht der Teufel, sondern Friedrich von Isenburg.«
»Der war auch ein Teufel!«
»Er war sein Neffe, du
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