Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter.

Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter.

Titel: Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
Vom Netzwerk:
Spatzenverstand. Im übrigen möchte ich anmerken, daß Engelbert nicht arm war, er war ein Räuber und Schläger wie unser Konrad, den der Papst nicht von ungefähr exkommunizierte.«
    »Ja, das zeigt wieder mal deine respektlose Einstellung gegenüber der Kirchenobrigkeit. Ebensogut weißt du aber, daß Engelbert dem Kreuzzug gegen die Waldenser und Albigenser vorausritt –«
    »Um sich weiterzuprügeln.«
    »Um Sühne zu tun, du Schandmaul!«
    »Unsinn. Der konnte doch Sünde und Sühne gar nicht auseinanderhalten.« »Mehr jedenfalls als du!« Und so weiter und so fort. Die Disputation entfernte sich vom Ausgangsthema wie ein Trupp wildgewordener Reiter. Jacop fühlte eine taube Erschöpfung in seinem Kopf.
    Richmodis streichelte ihm durchs Haar.
    »Ihr dürft Euch in Jaspar nicht täuschen«, sagte sie leise. »Er streitet sich zum Spaß, aber wenn's drauf ankommt, beweist er messerscharfen Verstand.« »Ich hoffe es«, seufzte Jacop. »Gespräche dieser Art halte ich keinen Atemzug lang durch.«
    Sie sah ihn an, und in ihren Augen lag ein mitleidiger, fast zärtlicher Ausdruck. Plötzlich hatte Jacop Angst, sie könnte gehen, und er würde sie nie wiedersehen.
    »Ich komme Euch besuchen, so bald ich kann«, sagte sie, als hätte sie seine Gedanken erraten. Wahrscheinlich standen sie ihm allzu deutlich im Gesicht geschrieben.
    »Glaubt Ihr mir?« fragte Jacop.
    Sie dachte kurz nach. »Ja. Ich denke schon.«
    »Trinken wir einen!« rief Goddert gerade, womit er den befürchteten Kreis der Disputationen schloß, die er und Jaspar zu führen pflegten.
    »Nein!« Richmodis sprang auf, bevor der Physikus zu seiner obligatorischen Antwort ansetzen konnte. »Ihr trinkt keinen. Wir gehen nach Hause, wenn du weißt, wo das ist.«
    »Aber –«
    »Kein aber.«
    Goddert fügte sich zähneknirschend in sein Schicksal und brummte unverständliches Zeug. Binnen kurzem würde er wahrscheinlich seinen Rausch auschlafen. Wie er die Straße heruntertapste, erinnerte er Jacop an einen der Tanzbären, die fahrende Slawen manchmal auf den Alter Markt brachten. Neben ihm wirkte Richmodis, als habe sie ihn abgerichtet.
    Der Wind spielte mit ihren braunen Locken. »Sie ist ein hübsches Kind, nicht wahr?« sagte Jaspar aus dem Hintergrund.
    »Sie hat eine hübsche Nase«, erwiderte Jacop. Er drehte sich um, ging zu dem gekachelten Kamin und ließ sich auf die Bank fallen. Maria war auch hübsch gewesen. Sie hätte schön sein können. Wieder werden können, wenn nicht –
    Jacop schüttelte den Kopf. Er wollte nicht daran denken.
    Jaspar betrachtete ihn schweigend.
    »Ihr glaubt mir nicht«, stellte Jacop fest.
    »Nun ja.« Jaspar massierte sein Nasenbein. »Zwischen Glauben und Unglauben liegen im allgemeinen Welten. Ich glaube Euch, daß Ihr etwas gesehen habt. Aber wissen wir, ob es auch da war?«
    »Es war da.«
    »Vielleicht habt Ihr verschiedenes verkehrt gedeutet.«
    »Ich deute den Dombaumeister als tot. Ich deute Maria und Tilman als tot und mich als so gut wie tot. Was wollt Ihr noch?« Jaspar zog die Brauen zusammen. »Die Wahrheit.« »Es ist die Wahrheit.« »So? Ich denke eher, es ist das, was Ihr gesehen habt. In unserer Zeit
    wird allzu schnell die Wahrheit verkündet, vor allem, wenn es um den Teufel geht. War es der Teufel?«
    Jacop musterte ihn abschätzend.
    »Wenn Ihr mir nicht glaubt«, sagte er kühl, »warum werft Ihr mich dann nicht hinaus?« Der Physikus wirkte verärgert und belustigt zugleich. »Ich weiß es nicht.« »Gut.« Jacop erhob sich. »Oder auch nicht gut. Habt Dank für die Zeit, die Ihr mir geopfert habt.«
    »Ihr wollt gehen?«
    »Ja.«
    »Das halte ich für unklug.«
    »Warum?«
    Jaspar trat dicht vor ihn hin, bis seine Nasenspitze fast die Jacops berührte. Seine Augen funkelten.
    »Weil Ihr kein Hirn im Kopf habt, sondern einen eingelegten Hering! Weil, wenn Ihr jetzt hier herausgeht, Gott einen Narren geschaffen hat, der nichts anderes verdient, als was ihm zusteht. Ist Euer Verstand so einfach gesponnen, daß er nur Ja und Nein, Schwarz und Weiß, Tag und Nacht kennt? Macht Euch nicht lächerlich! Was glaubt Ihr wohl, warum ich Euch solange zugehört habe, anstatt Euch der erzbischöflichen Gerichtsbarkeit zu überstellen, wie es angesichts Eurer sicherlich zahllosen Vergehen und Versündigungen meine Pflicht gewesen wäre? Was erfrecht Ihr Euch, in mein Haus zu kommen, mir die Ohren vollzuheulen und mich dann mit Eurem kleinen, schäbigen Halunkenstolz zu langweilen? Wäre ich jemand, dem

Weitere Kostenlose Bücher