Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter.
–«
»Dann wiederum stehlt Ihr Euch zusammen, was Ihr braucht«, stellte Jaspar fest. Er musterte Jacop. »Aber das ist nicht die Geschichte, die Ihr uns erzählen wollt. Oder besser gesagt, müßt, falls mich mein Instinkt nicht trügt, damit Ihr mit Gottes Hilfe aus Eurem offensichtlichen Schlamassel findet. Gut, Jacop, Ihr habt uns wohl unterhalten. Jaspar Rodenkirchen ist nicht undankbar, und selbst in Godderts halslosem Faß von einem Körper schlägt das Herz eines wahren Christenmenschen. Wie können wir Euch also helfen, vorausgesetzt, Ihr habt niemanden umgebracht?«
Jacop fühlte ihre Blicke auf sich ruhen. Kurz erwog er, zu gehen. Marias Bild schob sich vor seine Augen, Tilmans grotesk verkrümmter Körper. Als bedürfe es allein der Schilderung des düsteren Geschehens, um seine Zuhörer zum Tode zu verurteilen, alle, wie sie da saßen, Richmodis, Jaspar und Goddert. Als könne sie nichts mehr schützen vor der kleinen Armbrust und den schnellen, kurzen Bolzen, wenn sie erst einmal sein Geheimnis kannten. Er durfte niemanden mehr der Wahrheit opfern.
Also weglaufen. Einmal mehr.
Richmodis schien seine Gedanken zu erraten.
»Traut Ihr uns nicht?« fragte sie.
Es war ein Trick. Richmodis wußte es, und Jacop wußte es ebenfalls. Jetzt war es nicht mehr alleine seine Sache, wie er sich entschied, sondern auch die ihre. Es ging um die Vertrauenswürdigkeit seiner Gastgeber, um ihre Rechtschaffenheit und Ehre. Sie hatte ihn festgenagelt.
Jaspar warf Richmodis einen schnellen Blick zu.
»Halbe Geschichten sind gar keine Geschichten«, sagte er gedehnt. Dann hob er die Brauen, als müsse er sich in ein unerfreuliches Schicksal fügen. »Aber wenn Ihr uns natürlich nicht traut –«
»Ja«, brummte Goddert, »gegen mangelndes Vertrauen kann man nichts machen.« Jacop atmete tief durch und sah sie der Reihe nach an. »Doch«, stieß er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. »Ich traue Euch.« Richmodis verzog die Lippen zu einem Siegerlächeln. Jaspar und Goddert feixten einander zu. »Mehr, als Euch lieb sein wird«, flüsterte Jacop.
Filzengraben
Um die Tafel war ein Dutzend Männer versammelt, grobknochige Gestalten mit Schwielen an den Händen und wettergegerbten Gesichtern. Sie starrten Urquharts hochgewachsene Gestalt mit einer Mischung aus Furcht, Unsicherheit und Ehrerbietung an. Mathias lehnte an der Tür, die Arme verschränkt, während Urquhart den Knechten seine Anweisungen gab. Nach einer Weile verließ er einigermaßen beruhigt den Raum und ging nach draußen. Die Pferde für ihn und Johann standen bereit.
»Ich halte das für keine besonders gute Idee«, sagte Johann, während er sich von einem Knappen in den Sattel helfen ließ. Er trug einen langen schwarzen Mantel, gleich dem von Mathias, als Zeichen der Trauer.
»Es ist die einzige Idee, die Sinn macht«, erwiderte Mathias. Johann entließ den Knappen mit einer Bewegung seiner schwarzbehandschuhten Rechten und wartete, bis er außer Hörweite war.
»Urquhart ist ein Mörder und Gottloser«, sagte er verärgert. »Daß wir uns seiner bedienen, ist kein Grund, ihn in unser Haus zu bringen. Abgesehen davon halte ich es für höchst gefährlich.«
»Ich weiß.« Mathias schwang sich auf den Rücken des Pferdes und tätschelte den muskulösen Hals. Das Tier schnaubte. »Also, was hätten wir tun können, deiner Meinung nach? Ein Treffen ausmachen ante portas, einen verschwiegenen Winkel suchen und zwölf Männer aus den umliegenden Höfen zusammentrommeln? Darüber wäre der Tag hingegangen. Oder gar nichts unternehmen und darauf hoffen, daß dieser rothaarige Bastard sein ungewaschenes Maul hält?«
»Das wäre unklug«, gab Johann widerstrebend zu.
»Eben. Nach Gerhards Beisetzung werde ich mit Lorenzo sprechen und ihn bitten, ein paar Soldaten für uns abzustellen.« »Urquhart darf auf keinen Fall mit ihnen –«
»Schon gut. Er wird es nicht. Lorenzo soll den Männern die gleiche
Geschichte erzählen wie Urquhart den Knechten, daß ein rothaariger Spitzbube die Overstolzen um einen Goldgulden erleichtert hat, und sie dann an den wichtigsten Torburgen postieren. Möglicherweise fällt es unserem Fuchs ein, die Stadt verlassen zu wollen.«
»Ist Lorenzo überhaupt dazu befugt?«
»Ich habe ihn nach seinen Befugnissen ausgewählt, Johann. Er wird es auf jeden Fall versuchen. Schließlich soll er das viele Geld, das wir ihm bezahlen, auch wert sein.«
»Hm, na gut«, knurrte Johann. »Wir müssen es den anderen
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