Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter.
sagen.«
Sie ließen die Pferde in langsamen Schritt fallen und ritten durch das große Tor des Hofs hinaus auf den Filzengraben. Es war viel Volk unterwegs. Beim Anblick der Patrizier in ihrer dunklen Kluft machten die Leute augenblicklich Platz. Viele murmelten ein schnelles Gebet. Die Nachricht vom Tod des Dombaumeisters war mittlerweile bis in die hintersten Winkel Kölns gedrungen, und jeder wußte, zu welch letztem Gruß die beiden Reiter unterwegs waren.
»Theoderich wird alle zusammentrommeln.« Mathias lenkte sein Pferd zwischen zwei apathisch wirkenden Bettlern hindurch, die sich unter der Kornpforte niedergelassen hatten und den Durchgang zum Malzbüchel blockierten. »Ich schätze aber, wir werden unser sauberes Grüppchen recht vollständig in der Marzellenstraße treffen.«
»Man kann nie wissen«, brummte Johann. »Du hast recht. Daniel zum Beispiel habe ich heute morgen hinter den Ställen gesehen, sollte er etwa da geschlafen haben?«
»Ich weiß nicht, was Daniel hinter den Ställen zu schaffen hat«, sagte Johann unwillig. Offenbar bedauerte er, das Thema mit seiner Bemerkung aufgebracht zu haben.
Mathias runzelte die Stirn. »Du solltest besser auf ihn achtgeben«, sagte er mit deutlichem Vorwurf in der Stimme.
»So?« Johann verzog spöttisch die Mundwinkel. »Und wer gibt auf deine Kinder acht? Ich habe Gertrud sagen hören, daß sie sich ebensogut mit dem zugefrorenen Rhein hätte vermählen können, es wäre auf das Gleiche rausgekommen wie die Ehe mit dir. Legst du deinen Kindern gegenüber auch so viel Herzlichkeit an den Tag?«
Mathias betrachtete ihn finster. Er wußte, daß er im weitverzweigten Clan der Overstolzen den zweifelhaften Ruf genoß, ohne Gefühl und Mitleid zu sein. »Das gehört jetzt nicht hierher«, sagte er kühl. »Nein«, seufzte Johann. »Es gehört nie hierher. Aber gut. Wir alle wissen, daß Daniel es nicht verkraftet hat, das Amt des Schöffen zu verlieren. Er war einer der Jüngsten. Ich kann ihn maßregeln, aber nicht dafür verurteilen, daß Verbitterung in seinem Herzen wohnt.«
»Immer die alte Leier.« Mathias schnaubte verächtlich. »Daniel haben wir das Schöffenamt gekauft, hast du das vergessen? Und war ich nicht auch Schöffe? Hat mich Konrad nicht ebenso kaltschnäuzig abserviert wie Daniel? Ziehe ich deswegen durch die Brauhäuser und mache mich mit dem niederen Volk gemein, pöbele, saufe wie ein Loch und belästige anständige Frauen?«
Johann schwieg. Er hatte keine Lust, das Thema weiter zu strapazieren. Seit der Kölner Erzbischof im vergangenen Jahr fast sämtliche Schöffen und Schöffenbrüder sowie den Bürgermeister von der Mühlengasse ihres Amts enthoben hatte, wurde über nichts anderes mehr gesprochen. Sowohl Mathias als auch Daniel hatten im Zuge dieser umstrittenen Maßnahme ihre politische Karriere als gescheitert betrachten müssen. Im neuen Schöffenrat saßen nun weitaus weniger Patrizier als zuvor. Und sie übten ihr Amt zusammen mit Handwerkern und Kaufleuten niederen Standes aus.
»Ich hatte kürzlich das Vergnügen, lesen zu dürfen, was unser guter Gottfried Hagen zu Konrads neuen Schöffen schreibt«, sagte Johann im Bemühen, dem Gespräch eine andere Wendung zu geben. »›Und war es nicht Sünde, ich würde es hassen, daß an die Spitze der heiligen Stadt Köln solche Esel gestellt wurden. Versuch's und steck einen Esel in eines Löwen Haut, es schreit doch immer daraus des Esels Laut.‹«
Mathias grinste säuerlich.
»Und weiter schreibt er: ›Sie beschatzen arm und reich mehr als zuvor je geschehen, und sie teilen mit dem Bischof solchen Raub. Wenn sie ein Urteil sollten weisen, fragten sie erst beim Bischof an, wie ihm das Urteil genehm sei, damit sie seine Gnade nicht verloren; stets richten sie sich nach dem Wunsch und Ausspruch des Bischofs und nichts geschah, was er nicht wollte. ‹«
»Gottfried schreibt sich nochmal an den Galgen. Aber er hat natürlich recht. Verdammte Narren und Speichellecker! Ein Schöffe muß sich heute die giftigsten Anfeindungen gefallen lassen, wenn er sich zugunsten der Geschlechter äußert.«
»Alles wird sich ändern«, sagte Johann sehr bestimmt.
Sie hatten das Marktgewühl am Forum und Alter Markt hinter sich gelassen. Linker Hand lagen die Gebäude um den erzbischöflichen Palast, dahinter waren Teile des neuen Domchors zu sehen. Das Gewimmel am Hof und in den angrenzenden Straßen und Gassen stand dem an den Märkten jedoch in nichts nach. Erst jenseits der
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