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Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter.

Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter.

Titel: Tod und Teufel. Bundesausgabe.: Ein Krimi aus dem Mittelalter. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Schätzing
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Gerhards Haus.
    Soeben verließ der Leichenzug das Gebäude. Dumpf hatten die Glocken des alten Doms zu läuten begonnen. Der Bahre voraus gingen Ordensleute, Diakone und Ministranten, der Dompropst und der Weihbischof in vollem Ornat, mit Vortragekreuz, Weihwasserbecken, Weihrauchfässern und Lichtern, obwohl es heller Tag war. Der Leichnam selbst wurde von den Meistern und Genossen aus der Zunft der Steinmetze getragen, gefolgt von Guda, den Verwandten und Freunden. Nonnen und kerzentragende Beginen sangen Psalme und beteten. Eine der Schwestern stieß eine andere zur Seite, um näher bei dem Toten zu sein. Zank dieser Art war bei angesehenen Persönlichkeiten an der Tagesordnung. Wer am meisten für das Seelenheil eines Würdenträgers betete, stand um so besser da vor dem Jüngsten Gericht.
    Drei Tage würde Gerhard im Dom aufgebahrt werden. Mönche würden an seiner Seite sitzen, das Kyrie skandieren und vielleicht – verbotenerweise – den einen oder anderen heidnischen Gesang, dabei beständig die Weihrauchbehälter schwenkend, um der unvermeidlichen Gerüche Herr zu werden. Jetzt, im kühleren September, war es damit nicht mehr ganz so schlimm, aber drei Tage blieben drei Tage.
    Erst stand ihnen allerdings die Totenmesse bevor. Das hieß, ohne Unterlaß Predigten hören und dann unter der Wucht des Dies irae Weltende und Jüngstes Gericht heraufbeschwören, das Ertönen der Posaune, vor dem sogar der Tod erstarrte. Seit die Franziskaner dieses Gedicht eines Unbekannten, von dem man sagte, er habe es mit Hammerschlägen in Stein gehauen, in die Messe eingeführt hatten, bannte es die Gläubigen mit schaurigen Bildern und apokalyptischen Visionen, um dann Trost zu spenden im Gedanken an die Barmherzigkeit Jesu.
    Mathias reihte sich ein und dachte an Geschäfte.
    In diesem Augenblick ging der Streit los.
    Was immer Daniel, der unglücklicherweise direkt neben Kuno ging, gesagt haben mochte, er stürzte plötzlich wie von der Axt gefällt zu Boden. Kuno hatte ihn mit der Faust niedergestreckt. Jetzt zerrte er den Gestürzten hoch und holte zu einem neuen Schlag aus, das Gesicht wutverzerrt.
    Daniel blutete aus der Nase. Er duckte sich und rammte Kuno seinen Schädel in den Bauch. Kuno japste nach Luft, taumelte zurück und trat Daniel zwischen die Beine, was den gewünschten Effekt erzielte.
    Der vordere Teil des Zuges bewegte sich weiter, als sei nichts geschehen. Die zweite Hälfte geriet ins Stocken.
    Daniel zog sein Schwert. Mathias war mit ein paar schnellen Sätzen bei ihm und schlug ihm die Waffe aus der Hand. Sofort ging Kuno auf seinen Widersacher los. Johann sprang von hinten dazu und hielt ihn fest, während Mathias den tobenden Daniel in seinen Griff zwang.
    »Laßt ihn doch!« schrie Kuno.
    »Genug!« herrschte ihn Johann an.
    »Nein. Laßt ihn sein Schwert gebrauchen, soll doch jeder sehen, was für
    einer Bande von Mördern er angehört!« »Du Schwachkopf«, zischte Daniel. »Du willst mein Schwert? Du kannst es haben, am besten zwischen die Augen, wenn du mich fragst.« Mathias schlug ihm ein paarmal schnell hintereinander ins Gesicht. Daniel hob schützend die Hände.
    »Du sagst keinen Ton mehr, hörst du!«
    »Aber er hat angefangen, ich –«
    »Du hältst das Maul!« knurrte Mathias bebend vor Zorn. »Das hier ist ein Leichenzug, du Schande für einen Overstolzen, kein Saufund Raufzug. Sollen wir euch gleich mitbeerdigen?«
    »Er hat –«
    »Mir ist es elendiglich egal, was er hat.« Er fuhr zu Kuno herum. »Und du, mach dich fort. Ich will dich hier nicht mehr sehen. Wir reden später.«
    »Ich lasse mir von Euch nichts sagen«, brauste Kuno auf und wand sich aus Johanns Griff. »Und schon gar nicht von diesem Totschläger, diesem Bastard, dieser –«
    »Doch«, unterbrach ihn Johann ruhig. »Du läßt dir alles sagen, weil ich dich sonst öffentlich auspeitschen lasse. Ich warne dich, Kuno, von Totschlägern zu sprechen.«
    Die Nachfolgenden, Kleriker, Patrizier und Bürger, drängten sich neugierig zusammen.
    »Ich warne dich!« wiederholte Johann.
    Schwer atmend standen sie einander gegenüber, Kuno wachsweiß im Gesicht, sein Widersacher mit vor Haß und Abscheu verzerrten Zügen.
    »Verräter!« entfuhr es Daniel heiser. Er wischte das Blut von seiner Oberlippe, nahm sein Schwert auf und schloß sich humpelnd wieder dem Leichenzug an, ohne die anderen noch eines Blickes zu würdigen.
    Kuno sah ihm nach. Dann wurde ihm bewußt, wie alle ihn anstarrten. Er straffte sich. Mit einiger

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