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Tod und Töttchen - Westfalen-Krimi

Tod und Töttchen - Westfalen-Krimi

Titel: Tod und Töttchen - Westfalen-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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diesbezüglich engagieren.«
    »Hillgruber«, korrigierte ich ihn, »ist kein Angehöriger. Lediglich
ein Freund der Familie.«
    »Das macht eins neunundzwanzig«, sagte die Angestellte.
    Düsseldorf tastete nach seinem Portemonnaie. »Ich hatte es doch eben
noch.«
    »Was dagegen, wenn ich das für Sie übernehme?«, fragte ich und
zahlte für uns beide. Danach lud ich ihn zum späten Frühstück in meine Wohnung
ein. Von Nachbar zu Nachbar.
    »Aber ich bin im Dienst«, gab er zu bedenken.
    »Ich auch«, sagte ich.
    Düsseldorf war ein Rheinländer mit Migrationshintergrund. Gebürtig
stammte er aus Köln und liebte seine Heimatstadt, hatte aber seines Namens
wegen die dunkle Kehrseite des rheinischen Frohsinns kennengelernt. Freunde
verleugneten ihn in der Öffentlichkeit, Lokalpatrioten bespitzelten ihn, man
verweigerte ihm aus fadenscheinigen Gründen die Mitgliedschaft im großen
Festkomitee des Kölner Karnevals. Als er dagegen klagte, legte man ihm
unverhohlen die Übersiedlung in die verhasste Nachbarstadt nahe, die seinen
Namen trug. Seine Frau, die dem Druck nicht standhielt, hatte sich schließlich
von ihm scheiden lassen und einem Mitglied der »Blauen Funken« an den Hals
geworfen. Für Düsseldorf war das Maß voll gewesen: Er hatte sich nach Münster
versetzen lassen, für einen Kölner ein beachtlicher Schritt, in seiner
Radikalität mit dem der Pilgerväter vergleichbar, die, ihres Glaubens wegen
verfolgt, in die Neue Welt aufgebrochen waren. Und wie viele andere, die eine
solche Kehrtwende vollzogen hatten, hatte er wohl das übersteigerte Bedürfnis,
sich mit seiner Wahlheimat zu identifizieren. Da kam ihm die Münsterlandpartei
gerade recht.
    »Na schön«, meinte der Kommissar mit vollem Mund, »Sie haben die
Brötchen ausgegeben. Eins zu null für Sie. Das ändert aber nichts daran, dass
ich Sie in dem Fall nicht haben will.«
    »Aber jemand anderer will unbedingt«, sagte ich. »Frau Tiedemann,
die Gattin des Verblichenen. Fragen Sie sie, Herr Kommissar. Sie wird Ihnen
bestätigen, dass ich angeboten hatte, den Fall niederzulegen. Aber sie weigerte
sich strikt. Wollen Sie etwa, dass ich diese Frau enttäusche, die gerade so
viel durchmacht? Wäre das in Ihrem Sinne?«
    Düsseldorf schenkte uns Kaffee nach. »Also gut. Ich werde mal mit ihr
sprechen. Der Fall wird ja sowieso immer mysteriöser.«
    »Mysteriös?«, fragte ich neugierig. »Inwiefern?«
    »Uns wurde eine DVD zugespielt, auf
der man sich den sogenannten Mord an Noteboom anschauen kann. Die Filmversion
sozusagen. Der schaurige Geist der Weihnacht in Aktion.«
    »Sie wurde Ihnen zugespielt? Wie habe ich mir das vorzustellen?«
    »Absender unbekannt. Die Kollegen arbeiten noch daran.« Düsseldorf
zog eine Disk aus der Tasche. »Passen Sie auf, Frings, und sehen Sie selbst.«
    Ich nahm die DVD , schob sie in den
Schacht meines Festplattenrekorders und schaltete den Fernseher ein. Bevor der
Rekorder loslief, bekamen wir die Lokalnachrichten herein und wurden eben noch
Zeuge, wie Susann Bolzenius in ihrem keuschen Nonnenoutfit eine katholische
Mädchenschule besuchte. Einem Mikro, das sich ihr darbot, vertraute sie an,
dass für sie Werte wie Ehe, Familie und Verlässlichkeit schon immer an erster
Stelle gestanden hätten. Außerdem handele es sich bei den Töttchen um eine
ehrwürdige münsterländische Spezialität, weshalb es besonders schändlich sei,
einen Menschen wie Noteboom mit ihnen zu vergiften.
    Ich drückte auf »Play« und schnitt ihr das Wort ab.
    »Töttchen«, nickte Düsseldorf. »Das ist ja interessant. Ich frage
mich, woher die Frau das schon weiß.«
    Bolzenius verschwand und wir sahen die Wohnung, in der man Diethardt
Noteboom aufgefunden hatte. Das Bild stand. Für Sekunden geschah nichts. Dann
erschien ein Mann im Bildausschnitt, unverkennbar Noteboom in T-Shirt und
Unterhose. Ein peinlicher Anblick. Seinen torkelnden Schritten und seiner
fahrigen Gestik nach zu urteilen, musste er schon einiges intus haben. Eine
Gestalt folgte ihm. Sie trug einen weiten schwarzen Umhang und eine weiße
Plastikmaske, den »Schrei« von Edvard Munch. Der Geist der blutigen Weihnacht.
Unmöglich zu sagen, ob er ein Mann oder eine Frau war, geschweige denn, ihn zu
identifizieren.
    »Und jetzt passen Sie mal auf, was dieser Geist macht«, sagte der
Hauptkommissar.
    Noteboom schien den ungebetenen Gast zu verhöhnen, er schlug sich
sogar auf die Schenkel. Und was tat das Gespenst? Es stellte wie nebenbei und
von Noteboom offensichtlich

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