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Tod und Töttchen - Westfalen-Krimi

Tod und Töttchen - Westfalen-Krimi

Titel: Tod und Töttchen - Westfalen-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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unbemerkt einen Teller mit einer braunen Masse auf
den Tisch.
    »Was ist das?«, fragte ich. »Hat sich der Geist übergeben?«
    »Kennen Sie das nicht? Das sind die berühmten Töttchen«, erklärte
Düsseldorf. »Nehmen Sie einen Kalbskopf, dazu Lunge und Herz und kochen Sie das
Ganze über drei Stunden lang. Dann schneiden Sie, was übrig geblieben ist, in
Würfel, und vermatschen es auf einem Teller. Eine hiesige Spezialität. Schmeckt
übrigens gar nicht so übel.«
    »Sie meinen wohl: nicht so, wie es aussieht.«
    Er nickte. »Als Immigrant hab ich meine ersten drei Portionen mit
verbundenen Augen gegessen«, sagte er. »Und irgendwann ging’s auch ohne.« Er
trat ganz nahe an das Fernsehgerät heran und deutete auf den Teller. »Unser
Labor hat herausgefunden, dass dieses Fleisch mit Gift förmlich getränkt war.
Ich sage nur: Fugu.«
    »Was sagen Sie?«
    »Der Wirkstoff ist Tetrodotoxin. Fugu ist ein Kugelfisch, dessen
Gift absolut tödlich ist. Können Sie in jedem japanischen Restaurant
bestellen.«
    »Ich bin doch nicht lebensmüde.«
    »Bevor die Ihnen das vorsetzen, schneiden sie die Giftdrüsen
natürlich raus, was, wie ich mir habe sagen lassen, gar nicht leicht ist. Die
Ausbildung zum Fugu-Koch dauert länger als hierzulande ein Medizinstudium.«
    »Und wenn die mal eine winzige Giftdrüse vergessen?«
    »Tja, dann haben Sie Pech. Kommt immer wieder mal vor. Der Koch wird
natürlich fristlos entlassen, aber das hilft Ihnen auch nichts mehr.«
Düsseldorf stoppte das Bild. »Sehen Sie, Frings: Da steht also dieser Brei –«
    »Töttchen.«
    »Genau. Da auf dem Tisch.« Der Film lief weiter. »Und der Geist
verdrückt sich wieder.«
    »Also kann man gar nicht von Mord sprechen«, meinte ich. »Der Kerl
hat doch nur einen Teller auf den Tisch gestellt, das ist nicht mal strafbar.«
    »Es kommt noch besser«, sagte der Kommissar. »Wir haben einen
Kollegen, der von den Lippen lesen kann. Na ja, er ist nicht gerade ein
Experte, aber hin und wieder landet er mal einen Treffer. Und jetzt halten Sie
sich fest: Er behauptet, der Geist hätte Noteboom geraten, die Finger von dem
Zeug zu lassen. Weil es ungesund ist. Und dass es das ist, sieht ja wohl ein
Blinder.«
    Die Gestalt im schwarzen Umhang war schon gegangen. Noteboom machte
sich über die Fleischmasse her. Und dann, plötzlich, passierte es: Er verkrampfte,
verfiel in zuckende Bewegungen, krümmte sich auf dem Boden und hielt sich den
Hals, als würde er ersticken. Schaumiger Speichel trat vor seinen Mund. Und
dann war es vorbei.
    Das Telefon klingelte.
    »Ich sehe schon, Sie haben zu tun«, sagte der Kommissar und stand
vom Tisch auf. »Ich werde dann mal wieder. Und immer dran denken: Der Fall ist
brisant, also Finger weg.«
    »Alles klar, Herr Kommissar. Was ist mit der DVD ?«
    »Behalten Sie die ruhig. Wir haben noch genug Kopien.« Düsseldorf
winkte und zog die Wohnungstür hinter sich zu.
    Ich nahm das Telefon. »Frings?«
    »Hermine Tiedemann. Hatten wir nicht vereinbart, dass Sie mich
informieren, falls es Neuigkeiten gibt?«
    »Natürlich. Aber es gibt ja noch keine.«
    »Daran sollten Sie etwas ändern, und zwar noch bevor das Lebenswerk
meines Mannes im Schlamm versinkt.«
    »Von welchem Schlamm sprechen wir?«
    »Susann Bolzenius. Diese Frau macht ihr Geld mit pornografischen
Machwerken und bildet sich allen Ernstes ein, Diethardts Erbe antreten zu
können. Eine Schande für diese Partei!«
    »Sie war immerhin seine persönliche Assistentin.«
    »Was besagt das denn schon? Mein Mann hat noch kurz vor seinem Tod
öffentlich gegen die Ausbeutung von Sexualität Stellung bezogen. Und sie macht
sich stark für ungenierten, ungezügelten Sex.«
    »Darf ich Sie denn so verstehen, dass Herrn Noteboom Thilo Strumpf
als Nachfolger lieber gewesen wäre?«
    »Möglich. Mit Thilo hätte er sich wohl abgefunden. Im Gegensatz zu
Bolzenius, dieser krankhaft ehrgeizigen, erotomanen Schlampe.«
    Das Büro der ADAP lag in der
Innenstadt, ganz in der Nähe des Buddenturms. Es war früher Nachmittag, die
Temperaturen waren wieder unter null gesackt und das Weihnachtsgeschäft
brummte. In der Fußgängerzone spielten Straßenmusiker sich die Finger wund, um
von der allgemeinen Wärme der Herzen zu profitieren, Knabenchöre trällerten mit
Todesverachtung Weihnachtslieder, wie die berühmten Musiker auf der
untergehenden Titanic, und an den Glühweinständen pöbelten angetrunkene ältere
Männer mit roten Mützen auf dem Kopf weibliche Teenager an.

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