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Tod und Töttchen - Westfalen-Krimi

Tod und Töttchen - Westfalen-Krimi

Titel: Tod und Töttchen - Westfalen-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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und Affair design stand
da, darunter eine mobile Telefonnummer und E-Mail-Adresse. Ich steckte ein
Kärtchen ein, winkte ihr noch mal zu und machte mich auf den Weg.
    Zu Hause sah ich meine E-Mails durch, während ich in Rekordzeit eine
Tüte gerösteter Mandeln leerte, die ich unterwegs auf dem Weihnachtsmarkt
erstanden hatte. Ich hatte nur zwei neue Nachrichten bekommen: eine von
Gorbitsch, der mir die Entsorgung eines Schrotthaufens sowie die Anschaffung
eines neuen Fahrrades in Rechnung stellte, die andere stammte von Hermine
Tiedemann, die wieder einmal den untadeligen Leumund ihres Gatten betonte und
mir nahelegte, mich selbst davon zu überzeugen, indem ich seine Website
besuchte.
    Na schön, warum eigentlich nicht? Ich folgte ihrem Link und musste
schon bald eingestehen, dass sich der Besuch lohnte. Wie falsch hatte ich
diesen Mann doch nur eingeschätzt! Für mich war er nicht mehr als ein
x-beliebiger Provinzpolitiker gewesen, der mit populistisch-liberalen
Hirngespinsten auf Wählerfang gegangen war, doch die Website belehrte mich
eines Besseren. Sie belegte auf eindrucksvolle Weise, dass Noteboom nicht
irgendein Politiker gewesen war. Dieser Mann hatte das Zeug zum großen
Staatsmann gehabt und mehr noch: zum Heiligen! Mit allen bedeutenden
Persönlichkeiten seiner Zeit hatte er sich ablichten lassen: dem Außenminister,
der Kanzlerin, dem Chef der deutschen Mittelstandsvereinigung, dem Vorstand der
Deutschen Bank und dem Trainer des V f B Stuttgart. In seinen Videobotschaften, die zum Download
bereitstanden, betonte er auf mutige Weise die Notwendigkeit, nicht nur stets
gegen das Unrecht zu kämpfen, sondern sich auch für das Recht einzusetzen. In
seinem letzten Statement kam er interessanterweise auf gewisse
Geschäftspraktiken zu sprechen, die Weihnachten, das Fest der Liebe, im Sinne
der Erotikindustrie pervertierten. Dann wieder Händeschütteln und Lächeln.
Sogar dem Papst hatte er eine Audienz gewährt, und das Filmchen verhehlte
nicht, wie stolz der Heilige Vater gewesen war, neben jemandem wie Noteboom in
die Kamera lächeln zu dürfen. Das Alte, Bewährte bewahren, aber auf neue Weise
davon sprechen – so lautete Notebooms Wahlspruch. Der »Kennedy aus dem
Münsterland« war sich nicht einmal zu schade, seinem Wählervolk zuzurufen:
»Frage dich nicht, was das Münsterland für dich tun kann; frage dich, was du
für das Münsterland tun kannst.«
    Das Telefon klingelte, ich stellte die Verbindung her. »Frings?«
    »Politik ist ein schmutziges Geschäft, Herr Privatschnüffler.« Die
Stimme am anderen Ende war unnatürlich hoch, ob weiblich oder männlich, konnte
ich nicht sagen, sie schien künstlich verfremdet zu sein. »Ich weiß, das sagen
alle, aber Sie sollten diesen Schmutz endlich mal ans Tageslicht kehren.«
    »Wer spricht denn da?«
    »Diethardt Noteboom war nicht der Messias, für den ihn die meisten
hielten.« Unwillkürlich sah ich mich um, ob man mich durch das Fenster
beobachten konnte. »Er hat rumgevögelt, was das Zeug hielt. Nichts, aber auch
gar nichts war dem verdammten Hurensohn heilig.«
    »Also gut. Und Ihr Name war …?«
    »Das ist nicht der Moment, um Namen zu nennen«, verkündete die
Stimme schrill. »Aber seien Sie versichert, dass ich einer derjenigen bin, die
für das stehen, was die Partei früher ausgemacht hat. Früher – das ist lange
her. Glauben Sie mir, Schnüffler, ich liebe das Münsterland und kann nicht
untätig zusehen, wie es mit Dreck, Speichel und Sperma bekleckert wird. Und …«
    »Mit Sperma?«
    »… ohnmächtig zulassen, dass Parteizentralen zu Swingerclubs
umfunktioniert werden. Und Mädchen von der Sorte, die sich für Geld bespringen
lassen, eine politische Karriere anstreben.«
    »Eine Frage: Sie sind nicht zufällig derjenige, der Noteboom
umgebracht hat?«
    »Sehen Sie, Herr Privatschnüffler, deswegen werden Sie auch meinen
Namen nicht erfahren.«
    Es klickte in der Leitung. Dann kam das Freizeichen.

15
    Ich versuchte, mich in Hermine hineinzuversetzen.
Angenommen, ich hielt diesen dick aufgetragenen Pathos der Website für die
Wirklichkeit. Oder jedenfalls tat ich alles dafür, dass die Öffentlichkeit die
Plattitüden für die Wirklichkeit hielten. Angenommen, Noteboom war wirklich ein
Heiliger. Wie kam Schubert mit seinem Weihnachtsfrauen-Service dazu, einem solchen
Mann einen Urlaub auf Mallorca zu spendieren? Wo der sich doch, wenn man
Hermine glauben mochte, öffentlich gegen käufliche Sexualität und

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