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Tod und Töttchen - Westfalen-Krimi

Tod und Töttchen - Westfalen-Krimi

Titel: Tod und Töttchen - Westfalen-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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Anerkennung, Frauen. Ein Siegertyp. Tja, auch für
Siegertypen kommt am Ende dann doch mal so was wie der Tag der Abrechnung.«
Ottmar hatte sich schon wieder in Rage geredet. Ich klinkte mich innerlich aus
und überlegte, ob Strumpf, der Mann aus der zweiten Reihe, der anonyme Anrufer
gewesen sein könnte. Oder war es am Ende der Kerl, der mit der Gabel
herumfuchtelte und jetzt schon zum dritten Mal erzählte, wie sein Bruder ihm in
der Kindheit sein Lieblingsspielzeug weggenommen hatte? Und als er, Ottmar,
versucht hatte, es sich wiederzuholen, hatte der smarte Diethardt es so
gedreht, dass Ottmar am Ende alles hatte ausbaden müssen. Wie oft habe er sich
damals, sobald das Licht im Kinderzimmer erloschen war, geschworen: Vielleicht
wird es ein halbes Leben dauern, aber eines Tages zahle ich es dem Kerl heim …
    »Das war wirklich lecker.« Ottmar schnappte sich die Serviette,
wischte sich damit durch sein Gesicht und warf sie auf den leeren Teller. »Und
wie geht’s jetzt weiter?«, fragte er. »Willst du immer noch mit Hermine
sprechen?«
    »Wäre eine Möglichkeit«, sagte ich.
    »Dann fahr ich dich hin«, sagte er, winkte Aristides heran und
grinste. »Oder willst du vorher noch mal aufs Klo?«

19
    Während der Fahrt nach St. Mauritz kam mir die Idee,
mein Kommen besser telefonisch anzukündigen. Hermine Tiedemann schien nicht der
Typ Mensch zu sein, der Überraschungen besonders schätzte. Andererseits waren
wir schon auf dem Weg, und inzwischen war es auch zu spät. Ottmar lenkte seinen
Prachtschlitten bereits in die Auffahrt zur Garage und begleitete mich noch zur
Tür.
    Dieses Mal öffnete Frau Tiedemann eigenhändig. »Sie?«, meinte sie zu
mir und bedachte dann Ottmar mit einem vernichtenden Blick. »Ich habe dir
gesagt, dass du diese Schwelle nicht mehr überschreitest. Nicht, solange du nur
Lügen verbreitest.«
    »Siehst du, das meinte ich«, wandte sich Ottmar an mich. »Lügen –
damit meint sie die Wahrheit. Und was sie als Wahrheit bezeichnet, sind
schamlose Lügen.« Damit empfahl er sich, stieg in den Wagen und versuchte per
Kavaliersstart einen effektvollen Abgang hinzulegen. Der misslang aber, denn
Ottmar kam auf dem Schnee ins Schlittern und pflügte mitten durch ein
Blumenbeet.
    »Ich hoffe doch, dass es meinem Schwager nicht gelungen ist, Ihre
objektive Sicht auf die Angelegenheit zu trüben«, sagte Hermine kühl. Ich
folgte ihr in das Zimmer mit dem weißen Flügel. Auf dem blau schimmernden
Glastisch standen zwei benutzte Tassen und ein Teller mit Weihnachtsgebäck. In
der Ecke ein geradezu gigantischer Weihnachtsbaum mit einer Lichterkette, die
kaltes blaues Licht verbreitete.
    »Sicher nicht«, versicherte ich. »Was meinen Sie mit objektiv?«
    Frau Tiedemann trat mir gegenüber. Irgendetwas an ihr war anders als
beim letzten Mal. Nach wie vor war sie unauffällig gekleidet, in Schwarz und
Hellgrau. Aber da waren winzige knallrote Ohrringe und ein blumiges Parfum.
»Ottmar könnte ein netter Kerl sein«, sagte sie, »wenn er nicht so verbohrt und
selbstgerecht wäre. Bestimmt haben Sie das an ihm bemerkt. Und alles nur, weil
er seinem Bruder den Erfolg nicht gönnt. Konnte Diethardt denn etwas dafür,
dass er politisch etwas bewegt hat, während Ottmar sich in weltfernen
Spinnereien verliert?«
    »Das ist nur der Anlass des Streits«, sagte ich. »Der Auslöser
quasi.«
    »Ich verstehe Sie nicht, Herr Frings.«
    »Alles hat seine Ursachen in der Kindheit. Diethardt hat Ottmar sein
Lieblingsspielzeug weggenommen und die beiden haben später nie die Gelegenheit
genutzt, darüber zu sprechen.«
    »Das glauben Sie doch selbst nicht.«
    »Aber da ist noch etwas anderes«, sagte ich. »Wie würden Sie das
Verhältnis Ihres Mannes zu Thilo Strumpf beschreiben?«
    »Was meinen Sie damit?«
    »Käme er vielleicht als sein Mörder in Frage?«
    Sie machte ein entsetztes Gesicht. »Wie können Sie über so etwas
auch nur spekulieren? Diethardt und Thilo waren enge Weggefährten.«
    »In der Politik sind Weggefährten das, was man im normalen Leben
Feinde bis aufs Blut nennt«, erwiderte ich. »Habe ich jedenfalls gehört.«
    Von Ottmar, sagte ihr Blick. »Die Wahrheit ist: Sicher gab es
zwischen den beiden immer wieder mal verschiedene Standpunkte. So etwas ist
normal, das muss ich Ihnen doch wohl nicht erklären. Man sagt sich die Meinung,
und dann rauft man sich wieder zusammen. Was auch immer mein Schwager Ihnen
erzählt haben mag, die beiden waren ein gutes Team.«
    »Noch etwas: Wissen

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