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Tod und Töttchen - Westfalen-Krimi

Tod und Töttchen - Westfalen-Krimi

Titel: Tod und Töttchen - Westfalen-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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Hier
gehe es zum Glück nicht zu wie in den USA , wo
selbst Playmobilfiguren im Kinderzimmer Handfeuerwaffen trugen. Worauf Schubert
mir seinen Supermarkt empfahl, der über eine gut bestückte
Spielzeugwaffen-Abteilung verfüge. »Die verkniffenen Zeiten, als man statt
Schwertern nur Pflugscharen verkaufen konnte, haben wir Gott sei Dank hinter
uns«, meinte er.
    Also gut, man konnte nie wissen. Deshalb stattete ich auf dem
Rückweg dem »World of Christmas« einen Besuch ab. Die Auswahl war tatsächlich
beeindruckend: Es gab Musketen und Sturmgewehre, Kalaschnikows, Haubitzen,
Panzerabwehrgeschütze und sogar Boden-Luft-Raketen zum Selberbasteln. Die
meisten davon ohne verschluckbare Kleinteile und geeignet für Kinder ab drei
Jahren. Ich erstand eine ziemlich echt aussehende Polizeiwaffe vom Wühltisch,
die gerade im Angebot war, dann fuhr ich mit dem Bus nach Hause, um meine neue
Mitarbeiterin damit zu beauftragen, Gorbitschs Fahrrad herbeizuschaffen. Ich
traf sie aber nicht an, fand lediglich einen weiteren Zettel auf dem
Küchentisch mit der Information, dass sie wieder joggte und im Anschluss daran
zu duschen beabsichtigte. Also blieb mir nichts anderes übrig, als mich selbst
um das Rad zu kümmern.
    Wenige Stunden später wurde es schon wieder dunkel, und ich
radelte den langen Weg ins Auenviertel. Mittlerweile erweckte der Winter den
Eindruck, als könne er sich nicht so recht entscheiden, was er eigentlich
wollte. Bis in den späten Nachmittag hatte er es schneien lassen, vermutlich
mit dem Ziel, die Bemühungen aller fleißigen Schneeschipper zunichtezumachen.
Aber das war ihm noch nicht genug gewesen. Er hatte weitergeschneit, bis auch
die Räumfahrzeuge geschlagen in ihre Ställe zurückgekehrt waren, weil sämtliche
Streusalzvorräte der Stadt aufgebraucht waren. Und ausgerechnet jetzt, wo der
Schnee auf der ganzen Linie gesiegt hatte, setzte Tauwetter ein. Der optisch so
vorteilhafte Festtagsbelag verwandelte sich binnen weniger Stunden in
hässlichen Matsch, der genauso glatt war wie die vorherige weiße Pracht, nur
viel nasser.
    Butch erwartete mich schon. Mit finsterem Blick starrte er durch
mich hindurch, um jeden Versuch verbaler Kontaktaufnahme zu vereiteln, und
eskortierte mich zu seinem Chef.
    »Da sind Sie ja endlich.« Schubert war wieder der Alte, mit
Rüschenhemd und Goldkettchen. Auch die gewohnte Arroganz lungerte um seine Mundwinkel
herum. »Schon halb neun«, meckerte er. »Der Kerl kann jeden Moment hier sein.«
    Dabei hatten wir noch jede Menge Zeit. Ich hätte mir in Ruhe ein
geeignetes Versteck suchen können, aber Schubert bestand darauf, dass ich mich
in die winzige Nasszelle gleich links neben der Bürotür zwängte. Keine
besonders gute Idee, wie ich fand, denn hinter der geschlossenen Tür konnte ich
schließlich nichts sehen. »Also gut«, meinte er, »das Codewort lautet ›Jingle
Bells‹. ›Jingle Bells‹ bedeutet Gefahr im Verzug.«
    Zweiundzwanzig Uhr. Das »World of Christmas« schloss die Tore. Die
letzten Kunden stapften durch den Schneematsch zu ihren Fahrzeugen, Butch und
Sundance machten ihren üblichen Kontrollgang. Ich sah nicht zum ersten Mal auf
die Uhr.
    Endlich klopfte es an der Tür. Wie verabredet verschwand ich im
kleinen Badezimmer, schloss behutsam die Tür und lauschte.
    »Nur immer herein, Geist«, hörte ich Schubert sagen – etwas zu laut,
so als wollte er sichergehen, dass ich auch alles mitbekam. »Hatte schon fast
nicht mehr mit dir gerechnet.«
    »Wie steht es nun mit deiner Reue?«, erkundigte sich die andere
Stimme. Sie war tonlos, und bei allem Pathos kam sie mir irgendwie bekannt vor.
»Ist es dir ernst damit?«
    »Du meinst, dass ich einfach so all das wegwerfe, was ich aufgebaut
habe?« Schuberts Tonfall klang überhaupt nicht ängstlich, sondern für meine
Begriffe einen Tick zu unverschämt und herausfordernd. »Tja, weißt du, für
einen Moment habe ich tatsächlich darüber nachgedacht, aber dann konnte ich
mich doch nicht dazu entschließen. Und weißt du, warum? Weil es eine echte
Schwachsinnsidee ist.«
    »Du bist dir im Klaren, was das bedeutet?«
    »Was willst du denn machen, Geist? Bilde dir bloß nicht ein, du
könntest mich dazu zwingen, den albernen Tee zu trinken.«
    Welche Nummer zog Schubert da ab? Wir hatten doch vereinbart, dass
alles so sein sollte wie beim letzten Mal.
    »Und denkst du, ich hätte Angst vor dieser albernen Sense? Ich
wette, das ist nur ein Spielzeug. – Siehst du, ich wusste es!«
    »Also bitte«,

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