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Tod und Töttchen - Westfalen-Krimi

Tod und Töttchen - Westfalen-Krimi

Titel: Tod und Töttchen - Westfalen-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: emons Verlag
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beklagte den Verlust seines Augenlichts und nannte mich
einen unfähigen Idioten. Mit Gorbitsch dagegen schien er sich auf Anhieb ganz
gut zu verstehen.
    Während er in der Notaufnahme behandelt wurde, begaben wir uns in
die nachtschlafende Cafeteria, wo man sich aus einem Automaten belegte Brötchen
vom Vortag ziehen konnte. Gorbitsch ergatterte eins mit Thunfisch, auf meinem
war etwas, das wie Käse aussah, allerdings nur auf den ersten Blick.
    »Wieso hat man dich überhaupt gehen lassen?«, fragte ich.
    Gorbitsch kaute. »Weil mein Anwalt Druck gemacht hat.«
    »Dein Anwalt? Seit wann hast du denn einen?«
    »Thilo hat ihn gestellt. Ich meine Herr Strumpf. Er ist schließlich
mein Auftraggeber.«
    »Aber er ist in den Fall verwickelt.«
    »Das denkst du, Ole. Du kennst ihn doch gar nicht.« Gorbitsch
versuchte, etwas von seinem Thunfischbrötchen abzubeißen. Seine Zähne zerrten
und zogen daran, aber das Ding zog sich nur in die Länge. »Strumpf ist
freigiebig und tut etwas für Leute, die etwas für ihn tun. So wie jetzt.«
    »Das Gleiche gilt für dich«, sagte ich. »Du arbeitest für den Mann,
also bist auch du darin verwickelt.«
    »Jetzt spiel nicht den Pharisäer.«
    Nicht nur, dass ich angesichts der Beweislage nicht so ganz einsehen
konnte, wieso Gorbitsch auf freiem Fuß war. Auch wirkte er plötzlich entspannt,
und ich nahm ihm beinahe übel, dass er nicht mehr das Nervenwrack von vor
wenigen Tagen war. Was bildete sich der Kerl ein, auf einmal wieder auf
Sonnenschein zu machen?
    »Ich verstehe dich nicht«, schimpfte ich. »Ist dir denn so egal, auf
welcher Seite du stehst? Wie tief muss man sinken, um sich für solche
Stasimethoden kaufen zu lassen?«
    »Stasimethoden.« Gorbitsch sah irritiert aus, aber auch belustigt,
so als würde er mir meine offenkundige Polemik nicht nachtragen. »Du solltest
dich mal mit meiner Mitarbeiterin unterhalten, Frau Malenkow. Von ihr kann man
eine Menge lernen.«
    »Nämlich?«
    »Zum Beispiel, dass es ratsam ist, die Frage, auf welcher Seite man
steht, nicht zu früh zu stellen. Denn manchmal ergibt sich ja erst am Ende,
welche die richtige war.«
    »Wusstest du übrigens, dass sie in einem russischen Komitee sitzt,
das gegen demokratische Umtriebe ermittelt?«
    »Nicht sie, ihre Mutter«, nickte Gorbitsch. »Die ist sehr aktiv in
der Antidemokratie-Bewegung.«
    »So wie Strumpf.«
    »Von mir aus kann der Mann noch datengeiler sein als J. Edgar
Hoover. Ich bin Dienstleister und liefere ihm, was er will. Mir egal, was er
damit anfängt, das ist nicht meine Sache. Er ist schließlich kein Kind mehr,
und ich bin kein Waffenhändler.«
    »Du tust mir leid, Gorbitsch. Du solltest dir selbst mal zuhören.«
    »Thilo Strumpf ist kein Mörder, sondern Politiker. Er kann nicht mal
eine Büchse mit einem Öffner aufmachen. Die Bolzenius ist ein ganz anderes
Kaliber, wenn du mich fragst.«
    »Und sie war mit ihm im Bett.«
    »Aus taktischen Gründen. Susann Bolzenius hat mit ihm geschlafen, um
ihn mit Hilfe kompromittierender Fotos als Konkurrenten auszuschalten. Wenn du
Strumpf weiter mit Schlamm bewirfst, kommt sie aber damit durch. Und zu guter
Letzt ist sie dann Parteichefin.«
    »Deshalb hast du ihn eben laufen lassen, stimmt’s?«, sagte ich.
»Weil du mehr weißt als ich, Gorbitsch.«
    »Zum Beispiel?«
    »Zum Beispiel, welches Gesicht sich hinter dieser Maske verbirgt.«
    »Du hast recht«, sagte mein Expartner. »Ich weiß in der Tat mehr als
du. Nämlich dass du mit Strumpf komplett falschliegst. Genau wie die Kripo mit
mir falschliegt.«
    »Ach, tut sie das?«
    »Erst Noteboom, dann die Klamm und jetzt der Weihnachtsheini.«
    »Ganz richtig, Gorbitsch. Die Frage ist: Was haben die drei
gemeinsam?«
    »Und wenn das die falsche Frage ist?«
    »Was soll das jetzt wieder heißen?«
    »Was, wenn es keinen Zusammenhang gibt? Dann ist es auch falsch,
nach einem zu suchen. Die Kripo hat lange gebraucht, um das Phänomen
Serientäter zu begreifen. Aber rate mal, wie viele Morde unaufgeklärt bleiben,
weil die Polizei zu früh von einer Serie ausgeht.«
    »Nein«, sagte ich.
    »Was, wenn einer den anderen kopiert? Das wäre doch die perfekte
Tarnung.«
    »Du hast dich ja richtig schlau gemacht.«
    Gorbitsch nickte. »U-Haft«, sagte er. »Überall liegen
Fachzeitschriften herum, und du hast nichts Besseres zu tun.« Er wedelte mit
seinem Thunfischbrötchen in meine Richtung. »Und da stand noch was anderes
drin.«
    »Nämlich?«
    »Sollte dieser Weihnachtsgeist wirklich

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