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Tod von Sweet Mister

Tod von Sweet Mister

Titel: Tod von Sweet Mister Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Woodrell
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erzählen.« Red griff tief in die Jeanstasche, zog eine Handvoll Geld heraus, holte weit aus und warf es wie Würfel auf den Tisch. Die Handvoll Bargeld rollte und rutschte ihr bis unter die Nase. »Und jetzt behältst du besser für dich, was du denkst.«
    Ich ging durch die Fliegentür hinaus auf die hintere Treppe, dann lief ich zum Schuppen. Eine Welle Goldzeisige erhob sich aus einem Baum, als ich vorbeikam, und wogte auf die Sonne zu. Ein Zug jaulte laut auf dem Hügel. Ich blickte auf den Friedhof hinaus und entdeckte zwei Damen, die Händchen haltend neben einem ganz frischen Grab standen, nur blanke Erde auf einem Haufen. Sie warfen Blumen auf die Erde.
    Der Traktorschuppen lehnte sich ein wenig zur Seite, ein alter Schuppen aus grauen Brettern, und auf der Innenwand stand jede Menge Mist mit Tinte und Wachsmalern geschrieben, so altes Zeug wie »Ozark League Champions 1938«. Manches davon war irgendwie komisch, aber das meiste schien von Leuten zu stammen, die sich nach anderen Menschen sehnten, weil sie sie nicht so kennenlernen konnten, wie sie es wollten.
    Der Traktor sprang gleich beim ersten Mal an, und ich setzte in den Seitenhof zurück.
    Die Hintertür des Hauses flog auf, Red und Basil kamen heraus. Red trug ein kurzärmliges schwarzes Hemd, das seine dicken Arme mit den Muskeln zeigte, und er hatte sich die Haare ölig nach hinten gekämmt. Er kam zu mir herüber. Basil setzte sich hinter das Lenkrad des Wagens, den er gerade fuhr, einen hellbraunen Impala, den ich toll fand, und warf den Motor an. Ich saß auf dem Traktorsitz und sah, dass Red mir etwas sagen wollte. Er wackelte mit dem Finger, diese Art von Wackeln, die bedeutete, man solle näher kommen. Ich beugte mich zu ihm hin und drehte mein Ohr vor seinen Mund.
    »Behalt die Hexe im Auge, kapiert?«
    Abgesehen von dem Krach, den der Traktor machte, fuhr er so, wie ich mir vorstellte, dass sich manche Pferde bewegten. Auch mal abgesehen von dem Geruch nach verbranntem Öl und Benzin und von dem Lärm, wenn die Gangschaltung knirschte. Von all dem abgesehen, fuhr er sich ziemlich pferdeartig, er hüpfte und sprang, und ich hockte hoch oben im Sattel und trug Sporen. Alle paar Minuten erinnerten mich die Abgase allerdings daran, dass ich nicht auf einem Appaloosa namens Tango oder Champ saß, sondern auf einem alten Spritschlucker, der nicht stolzierte und auch nicht besonders gut aussah, aber immerhin seine Arbeit machte.
    Das Gras stand ein wenig zu hoch, es wiegte sich im Wind, und Mr. Goynes, der das Gelände kontrollierte, wenn ich nicht damit rechnete, mochte das Gras kurz und steif und nicht wiegend. Für das Mähen brauchte ich im Schnitt vier Stunden. Die Arbeit mit dem Traktor dauerte anderthalb Stunden, der Rest ging dabei drauf, den normalen Mäher über die engeren Stellen zu schieben, und diese engeren Stellen zu mähen brachte einen ins Schwitzen und war an manchen heißen Tagen ziemlich unerträglich.
    Der Friedhof bot mehr als nur einen Anblick, mehr als nur einen Eindruck. Die Grabsteine waren recht unterschiedlich. Die ältesten musste man mit den Fingern lesen, die Wörter und Zahlen waren von den Jahren und allem, was die vergehende Zeit nach den Dingen wirft, weggepustet worden, und die Namen bestanden nur noch aus einem Buchstaben hier und da, aber die Steine standen noch. In den neueren Abschnitten des Friedhofs glänzten die Grabsteine, ragten sauber empor und waren so leicht zu lesen wie ein Stoppschild. Eine Menge der in diese alten und neuen Grabsteine gemeißelten Namen waren dieselben, die auch viele der Straßen trugen, durch die ich kam, wenn ich herumstreunte. Dieselben Namen hatten auch Läden und Autohändler und Schulen. Aber ich rasierte die Stoppeln von allen Toten, ob ich nun schon von ihnen gehört hatte oder nicht, jeder kriegte den gleichen Schnitt.
    Eine Kindergruppe aus der Kirche kam die Straße am Friedhof entlang, sie gingen wohl über den Hügel zum Hudkins Park oder auf den langen Weg zur Canaday Bridge. Die Mädchen trugen meistens Shorts, und ein paar hatten lange Stöcke zum Wandern dabei. Ihre Beine blitzten in der Sonne auf wie Speichen. Die Jungs folgten dahinter und gingen so, als gehörten sie nicht dazu. Es waren ziemlich viele in der Jugendgruppe, die mich kannten, aber keiner winkte, also winkte auch ich nicht.
    In der letzten Stunde tauchte Glenda auf. Sie kam zu mir und brachte mir ein Riesenglas Cola. Sie trug ein Kleid, ein Sommerkleid mit gestickten Blumen, und ich war ganz

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