Tod von Sweet Mister
ist wohl besser.«
Sie ließ den Regenschirm auf der Bank neben mir liegen. Ich rauchte allein weiter. Ich dachte, vornübergebeugt dazusitzen und zu rauchen würde mich so aussehen lassen, als machte ich mir ernsthaft Gedanken über meine Lage. Ich versuchte ein paarmal wirklich, sinnvolle Gedanken herbeizuqualmen, aber mir fiel nichts Richtiges ein. Ich ließ die Kippe in die Pfütze zu meinen Füßen fallen.
Der Regen legte sich ein wenig und verstummte. Die Gehwege waren saubergespült. Das Sturmwasser hatte den Müll weggewaschen und ihn sonst wohin getragen, und als das Wasser ablief, lag er völlig neu sortiert auf der Straße. Würmer waren aus dem Boden neben dem Straßenrand gekrochen, viele waren aus dem durchgeweichten Lehm auf den asphaltierten Gehweg geflohen und lagen nun wie gestrandet und nach Luft schnappend da.
Glenda und ich traten aus dem Revier in den leisen Regen. Wir gingen dahin, als würde es gar nicht regnen. Wir waren ohnehin schon ganz nass, da hatte es keinen Sinn mehr, den Tropfen auszuweichen.
»Hätte ich mir ja denken können«, sagte sie. »Wann immer er dich zu irgendwas mitgenommen hat, konnte das ja nur was Verbotenes sein.«
Alle paar Minuten hob sie die Hände an den Kopf, fuhr sich durchs Haar und strich es sich in einem glatten rabenschwarzen Strang aus dem Gesicht. Der Regen tropfte ihr von den langen Wimpern. Ihre blauen Augen sahen toll aus hinter diesen langen feuchten Wimpern.
»Ziemlich verboten sogar«, sagte ich.
»Warum hast du mir nichts gesagt?«
»Ich hab dir doch gesagt: Männersache.«
»Das trifft es wohl kaum, Shug.«
»Du wusstest doch, was das heißt.«
»Das wusste ich bestimmt nicht.«
»Na, vielleicht nicht genau. Aber mehr oder weniger schon.«
Ein Pick-up spritzte an uns vorbei, ein tropfnasser alter Jagdhund hockte auf der Ladefläche. Der Hund und ich blickten uns in die Augen, und er sah so aus, als würde er denken, dass er und ich zu irgendeiner anderen Zeit vielleicht Freunde sein und gemeinsam Eichhörnchen jagen könnten. Selbst als der Pick-up schon ein ganzes Stück weiter gefahren war, sah er noch zu mir zurück.
»Du darfst Red noch nicht mal auf die Idee bringen, du könntest ihn verpfeifen, Sweet Mister. Niemals.«
»Ich verpfeife niemanden.«
»Bitte, bitte, hör mir zu – es darf ihm nicht mal der leiseste Gedanke kommen, du könntest auch nur daran denken, ihn zu verpfeifen.«
Wanderdrosseln hatten die nach Luft schnappenden Würmer auf den Gehwegen entdeckt und stürzten sich auf sie. Plötzlich wirbelten haufenweise Vögel durch die Luft, tauchten herab, drängten sich gegenseitig aus dem Weg und schlangen dicke Würmer der Länge nach hinunter.
»Ich hab ihnen nichts gesagt.«
»Shug, diese Ex-Knackis, die haben eine wirklich schlechte Meinung über jeden, der redet.«
»Das weiß ich.«
»Verräter nehmen die sich richtig vor.«
Ein paar Drosseln waren so damit beschäftigt, gestrandete Würmer herunterzuschlingen, dass sie sich auch nicht stören ließen, als wir näher kamen, also stellte ich mich auf die Seite der Würmer und trat nach den Vögeln, und als sie flatternd aufflogen, holte ich noch mit den Fäusten aus, aber kein Tritt oder Schlag traf.
»Ich bin kein Verräter, Glenda. Also lass gut sein.«
»Ich weiß«, sagte sie beschwichtigend, »ich weiß. Wir dürfen nur nicht zulassen, dass Red sich jemals fragt, ob du nicht doch einer bist.«
»Gott, ich hasse ihn.«
Neben uns auf der Straße bremste ein Auto. Es war der grüne Thunderbird aus dem sagenhaften Baujahr. Der Fahrer beugte sich zur Beifahrertür hinüber und öffnete sie. Das Wageninnere strahlte wunderschön, es war makellos weiß. Der Mann sagte: »Himmel, Leute, kommt aus dem Regen. Ihr holt euch da draußen ja noch den Tod.«
In dem Thunderbird fühlte es sich an, als würde man in einem feinen weichen Bett auf Rädern liegen, das jemand sanft und sicher lenkte. Dieser Wagen hatte Sachen, nach denen ich nicht mal zu fragen gewusst hätte. Irgendwie schien er all die Bodenwellen auf der Straße glatt zu kämmen, so geschmeidig fuhr er dahin. Ein großartiges Auto. So hoch war ich in der Welt bisher noch nie gekommen.
»Tut mir sehr leid, wirklich«, sagte Glenda.
»Was denn?«
»Dass wir Ihren Wagen so nass machen. Die Sitze sind ganz durchnässt.«
»Machen Sie sich keine Sorgen um die Sitze«, entgegnete er. »Menschen sind wichtiger.«
Er war größer als in der Erinnerung. Seine schweren Hände auf dem Lenkrad hatten
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