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Tod vor Morgengrauen: Kriminalroman

Titel: Tod vor Morgengrauen: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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Wenn
     du jemanden besorgen willst, der auf mich aufpasst, gut. Aber wer passt auf dich auf?«
    »Du hast dich mit Hope getroffen, Ma?«
    »Ich habe dich gefragt, wer auf dich aufpasst, Zet.«
    »Ich … niemand. Ich …«
    |353| »Wirst du vorsichtig sein?«
    Er öffnete die Wagentür. »Ich will es einfach nicht glauben, dass du mit Hope gesprochen hast.«
    Sie legte den Gang ein. »Alles Schnee von gestern. Ich werde mich nicht entschuldigen.«
    Er stieg aus, hatte fast schon die Tür wieder geschlossen, als ihm noch etwas einfiel.
    »Ma.«
    »Ja, Zet?«
    »Danke. Für letzte Nacht.«
    Sie lächelte ihn an und ließ den Wagen etwas vorrollen. Er schlug die Wagentür zu, und sie fuhr zu ihrem großen Haus.
    Er stand im Sonnenlicht, die Schlüssel in der Hand, sah die Gänseblümchen, die plötzlich aufgeblüht waren, ein weißgelbes
     Meer, das sich von seiner Tür bis zum Tor erstreckte. Er sah den blauen Himmel, im Osten die zerklüftete Linie der Hottentots-Holland-Berge.
    Seine Mutter hatte sich mit Hope getroffen. Kein Wunder, dass sie sich vorgestern so vertraut unterhalten hatten.
    Er schüttelte den Kopf, schloss die Tür auf, zog die Vorhänge von den Fenstern, sah weiße Sonnenscheinflecken, die sein Haus
     wie Spotlights beleuchteten.
    Er durchsuchte seine CDs, bis er die richtige gefunden hatte, drehte die Lautstärke bis zum Anschlag auf und setzte sich an
     eine von der Sonne erwärmte Stelle. Erst das vom Orchester gelegte Fundament, der Prolog zum Göttlichen, dann die Stimme des
     Soprans, so weich, so himmlisch weich, Mozarts »Agnus Dei« aus
Litaniae de venerabilis altaris sacramento
. Er tauchte ein in den Klang der Musik, ließ ihn |354| über sich hinweg- und in sich hineinfließen, folgte der Stimme der Sängerin durch jede Note, bis ihn beinahe schauerte; mehr
     als sechs Minuten lauschte er der Musik und wusste, näher könne er nicht kommen, um seine Dankbarkeit dafür auszudrücken,
     dass er noch am Leben war.
    Dann genoss er die lange, heiße, angenehme Dusche.
     
    »Er war bei den Spähern«, sagte Carolina de Jager. »Und er war unheimlich stolz darauf, er und sein Vater, und als man uns
     sagte, er sei tot, hat das seinem Vater das Herz gebrochen. Ich behaupte noch immer, dass da der Krebs ausgebrochen ist. Sein
     Vater ist 1981 gestorben, und ich habe die Farm verpachtet und bin in die Stadt gezogen, und ich weiß nicht, was ich mit dem
     Land machen soll, es ist niemand da, der es erben könnte.«
    Sie saß im Sonnenlicht, das durch die Fenster im Haus seiner Mutter fiel, hatte einen großen schwarzen Schreibblock und einen
     Pappkarton auf dem Schoß und sprach mit Joan van Heerden, nicht mit ihm, und er glaubte den Grund dafür zu verstehen. Wilna
     van As saß ihr gegenüber, neben Hope, eine Schachtel mit Papiertaschentüchern neben sich, erwartungsvoll. Vier Frauen und
     er.
    »Er war am Grey College in Bloemfontein, er war keiner der außergewöhnlich Begabten, aber er kam immer nach Hause auf die
     Farm. Er war stark, er hat mit seinem Vater gearbeitet, Seite an Seite. Er war ein guter Junge, hat nicht geraucht und nicht
     getrunken. Ein Sportler, Querfeldeinläufer, Vizemeister des Freistaats, und dann kam der Einberufungsbescheid für das 1. Infanteriebataillon.
     Er erzählte seinem Vater, er wolle versuchen, zu den Spähern zu kommen. Sie |355| wussten nicht, wie sehr ich mir Sorgen gemacht, wussten nichts von den Nächten, in denen ich wach gelegen habe. Sein Vater
     war so stolz auf ihn, als er die Eignungsprüfung geschafft hatte, sein Vater, der jedem erzählen musste, wie streng die Auswahlkriterien
     sind, jeder musste ihm zuhören, am Sonntag in der Kirche in Springfontein, ›mein Sohn Rupert ist Späher, ihr wisst, wie hart
     die Prüfung ist, Rupert ist jetzt in Angola, eigentlich darf ich darüber gar nicht reden, aber sie zeigen’s den Kubanern dort‹.«
    »Angola?«
    »Rupert hat … er hat Briefe geschrieben, sie aber nicht abgeschickt, wegen der Zensur — sie haben alles schwarz durchgestrichen,
     und darüber war sein Vater zu sehr enttäuscht. So hat er auf seinen Wochen- und Zweiwochenurlaub gewartet, dann haben er und
     sein Vater sich auf die Veranda gesetzt und die Briefe gelesen, oder oben auf dem Hügelkamm. Sein Vater hat dann dieses Buch
     hier angelegt, seine Notizen, wenn er die Briefe ein weiteres Mal durchging, nachdem Rupert wieder fort war, mit Artikeln,
     die er aus dem
Volksblad
und
Paratus
ausgeschnitten hatte, alles über die

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