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Tod vor Morgengrauen: Kriminalroman

Titel: Tod vor Morgengrauen: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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kleinen Wohnzimmer
     unseres Apartments auf und ab, auf und ab, und sprach davon, dass ich bei der Suche nach dem Kreppbandmörder mich selbst gefunden,
     dass ich den Jäger in mir entdeckt hätte, meine wahre Berufung, erläuterte immer und immer wieder, dass ich die Theorie gegen
     die Praxis eintauschen wollte, bis ich plötzlich erkannte, dass sie es nicht verstehen wollte.
    Sie wollte es nicht, sie, Wendy Brice, wollte nicht das armselige Frauchen eines Polizisten sein. Ihr Traum, die Vision, die
     sie von sich und ihrer Zukunft hatte, ließ es nicht zu, |360| und ich musste mich entscheiden zwischen ihr und der Herausforderung, die Colonel Willie Theal mir vor die Nase hielt.
    Ich traf meine Entscheidung. Ich war mir sicher, dass es die richtige war. Ich ging ins Schlafzimmer, nahm einen Koffer aus
     dem Schrank. Sie hörte die Geräusche und wusste, was sie zu bedeuten hatten. Sie saß im Wohnzimmer und weinte, während ich
     mit meinen Kleidungsstücken auch ihre Zukunft einpackte. Wendy, die so viel Energie, so viele Worte in ihren Traum investiert
     hatte.
    Ich will Ihnen ein Geheimnis anvertrauen. Monate nach Nagels Tod dachte ich über meine Entscheidung nach — und deren Folgen
     für ihr und für mein Leben. Ich stellte mir die Frage, wie es gewesen wäre, und wieder wurde mir bewusst, wie viel Schmerz
     ich ihr zugefügt hatte. Ich stieg in meinen Corolla und fuhr nach Pretoria, um ihr einen Besuch abzustatten, ihr die befriedigende
     Tatsache mitzuteilen, dass die Waagschalen der Gerechtigkeit sich wieder in die andere Richtung geneigt hatten, dass das,
     was ich ihr angetan hatte, gerächt worden war. »Sie arbeitet hier nicht mehr«, sagte man mir am Institut für englische Literatur.
     Man gab mir eine Adresse in Waterkloof, ich fuhr hin, blieb vor dem Haus stehen und saß in meinem Wagen und wartete. Spätnachmittags
     kam ihr Ehemann in einem Mercedes nach Hause, zwei Kinder, ein Sohn und eine Tochter, eilten heraus, »Daddy, Daddy«, und dann
     erschien Wendy in einer Schürze und einem Lächeln, mit dem sie alle umarmte, diese Familie, die in dem großen Haus mit Fliederbüschen
     im Garten verschwand, und sicherlich fand sich hinten ein Swimmingpool und eine Terrasse und eine gemauerte Barbecuestelle, |361| und ich saß in meinem Corolla, arbeitslos, gebrochen, am Arsch und war noch nicht einmal in der Lage, über mich selbst zu
     weinen.

|362| 39
    »Es geht bei der Sache schließlich um Dollar«, sagte er zu Orlando Arendse in dessen Festung am Mitchell’s Plain.
    »Wie viel?«
    »Das weiß ich noch nicht, Orlando. Eine Million, mindestens, aber ich denke, es sind mehr.« Vielleicht lag er damit falsch,
     aber er musste weiter darauf herumreiten. »Wenn ich sie bekomme, ist das dein Deal, Orlando.«
    »Lass uns das noch mal klarstellen, van Heerden. Du willst mir weismachen, dass du die Dollar stiehlst und mir dann bringst
     — ausgerechnet du, einer der großen Unbestechlichen aus seligen Zeiten?«
    »Ich werde sie nicht stehlen, Orlando, ich beschaffe sie nur für die Witwe des Verstorbenen.«
    »Sie ist keine Witwe, sie waren nicht verheiratet.«
    »Du weißt eine Menge.«
    Er zuckte mit den Schultern. »Ich lese die Zeitungen.«
    »Das Geld gehört ihr.«
    »Und dir?«
    »Du solltest mich besser kennen.«
    »Da hast du Recht.«
    »Sie kann mit den Dollar nichts anfangen. Wir werden sie in Rand umtauschen müssen.«
    Orlando Arendse klopfte mit einem teuren Füller gegen |363| seine Lesebrille, die an einer Kette um seinen Hals hing.
    »Und was ist für dich drin?«
    »Ich werde bezahlt.«
    »Detektivgehalt? Das sind Peanuts. Ich möchte wissen, was für dich drin ist.«
    Er ignorierte den Kommentar. »Ich brauche Leibwächter, Orlando. Meine Mutter wird bedroht. Ich brauche jemanden, der sie beschützt.«
    »Deine Mutter?«
    »Ja.«
    »Bedroht?«
    »Ja. Sie sagten, sie wollen mit einem Schweißbrenner auf sie losgehen. Sie umbringen.«
    »Das kann nicht sein. Sie ist ein nationales Heiligtum.«
    »Was weißt du über meine Mutter, Orlando?«
    Orlando lächelte, wie ein geduldiger Vater mit einem ungezogenen Kind. »Du glaubst, ich bin ein Stück Scheiße, van Heerden.
     Du hältst mich für einen stillosen Kap-Gangster, der zu nichts anderem gut ist, als hier und da jemandem einen Gefallen zu
     erweisen. Na ja, lass dir gesagt sein, nur damit du es weißt, in meinem Haus hängen zwei Originalgemälde deiner Mutter. In
     meinem richtigen Haus. Bar bezahlt, möchte ich hinzufügen, und

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