Tod vor Morgengrauen: Kriminalroman
kurz zu Hope und deren verhaltenes, stilles Lächeln.
»Sagen Sie mir«, sagte Joan van Heerden, »hatte er Frau und Kinder.«
»Ja«, antwortete Walter Redelinghuys. »Drei Kinder.«
»Wer ist bei ihnen? Wer kümmert sich um sie? Wer tröstet sie? Ich weiß nicht, zu wem Sie im Einzelnen gehören, aber in diesem
Augenblick sollten Sie bei ihnen sein.«
»Mrs. van Heerden«, erwiderte Redelinghuys gewichtig und konziliant, »da haben Sie sicherlich Recht. Aber dort draußen läuft
auch ein Mörder herum, die nationale Sicherheit ist bedroht und …«
»Die nationale Sicherheit? Was für ein absurder Gedanke. Was soll das denn heißen, General …«
»Brigadier«, unterbrach Bester Brits sie.
»Halten Sie den Mund. Sie mit Ihrem hochtrabenden leeren Gerede.«
»Es war Schlebusch«, sagte van Heerden, und alle sahen ihn an.
»Doktor, Sie müssen uns entschuldigen«, sagte Bester Brits, nahm den jungen Mann am Arm und führte ihn zur Tür; er hatte die
Augen hinter seinen dicken Brillengläsern aufgerissen, wehrte sich aber nicht, sondern ließ es einfach geschehen, dass er
aus dem Zimmer geleitet und die Tür hinter ihm geschlossen wurde.
»Wer ist Schlebusch?«, fragte Mat Joubert.
»Spielt keine Rolle«, sagte Brits. »Vertrauliche Information.«
»Sie können es sich aussuchen«, sagte van Heerden, der spürte, wie der alte Zorn wieder aufwallte, »Sie können hier |348| bleiben und wie Schoßhündchen herumkläffen, dann werde ich gehen, oder Sie halten jetzt endlich den Mund und hören mir zu.
Ein Zwischenruf und ich verschwinde. Und wenn auch nur einer noch einmal von der nationalen Sicherheit faselt, dann verschwinde
ich ebenfalls.« Er zeigte auf Brits. »Es gibt da etwas, das Sie verbergen möchten, und ich will Ihnen sagen, es interessiert
mich nicht im Geringsten. Was’76 geschehen ist, spielt für mich keine Rolle, Sie können Ihre Geheimnisse für sich behalten.
Aber ich habe einen Job zu erledigen, und ich werde ihn erledigen, weil ich nämlich alle Asse im Ärmel habe. Vergessen Sie
Ihren Gerichtsbescheid, Sie können diese Sache nicht mehr aufhalten. Wie wollen Sie denn Carolina de Jager zum Schweigen bringen,
wenn sie sich an die Sonntagszeitungen wendet und anfängt, einige Fragen zu stellen. Wie etwa, warum man ihr vor mehr als
zwanzig Jahren den Tod ihres Sohnes gemeldet und ihr einen Orden überreicht hat, er aber überhaupt nicht tot war? Was wollen
Sie denn unternehmen, wenn Hope Beneke heute einen Dringlichkeitsantrag gegen Ihren Gerichtsbescheid vornimmt und sie jede
Zeitung von Kapstadt zur Anhörung einlädt? Können Sie sich vorstellen, welche Schlagzeilen Sie dann zu lesen bekommen?«
Bester Brits war sichtlich beunruhigt, er fühlte sich alles andere als wohl und hätte nur zu gern einen Kommentar abgegeben.
»Kein Wort, Brits, oder ich gehe.«
Er sah sie der Reihe nach an, sie senkten den Blick.
»Wir wissen, Johannes Jacobus Smit war Rupert de Jager. Wir wissen, er und Bushy Schlebusch und ein Dritter haben 1976 für
Sie etwas in die Wege geleitet, und ich kann nur |349| mutmaßen, was für eine fürchterliche Scheiße das gewesen sein musste. Ich weiß nicht, wann und wo hier die Amerikaner ins
Spiel kommen, aber irgendwo haben sie ihre Finger mit drin. Wir wissen, Sie haben de Jager in Dollar ausbezahlt und ihm eine
neue Identität verschafft. Wir wissen, Schlebusch hat de Jager umgebracht. Ich vermute, er war hinter dem Geld her. Aber es
könnte auch sein, dass Sie ihn gebeten haben, de Jager zu eliminieren. Weil er auspacken wollte. Ich weiß es nicht, und es
interessiert mich auch nicht mehr. Alles, was zählt, ist, dass wir ein gemeinsames Ziel haben: Wir suchen Schlebusch. Sie,
nehme ich an, wollen ihn beschützen oder zwingen, dass er seinen Mund hält. Oder ihn davon abhalten, einen weiteren Mord zu
begehen. Das Morddezernat will ihn hinter Gitter bringen. Dieser Interessenkonflikt ist Ihr Problem. Alles, was
wir
wollen, ist das Testament.«
»Oder die beglaubigte Bescheinigung seiner Existenz und seines Inhalts«, sagte Hope Beneke.
»Richtig«, pflichtete van Heerden bei. »Und seien wir ehrlich, Sie haben nicht die geringste Vorstellung, wo Sie Schlebusch
finden wollen.«
»Sie vielleicht?«, fragte Redelinghuys.
»Nein«, antwortete er. »Aber ich werde ihn finden.«
»Wie?«
»Ich weiß, wo ich ihn suchen muss. Und Sie werden mir dabei nicht in die Quere kommen, bis ich ihn gefunden habe. Und dann
können
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