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Tod vor Morgengrauen: Kriminalroman

Titel: Tod vor Morgengrauen: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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unterbezahlt und überarbeitet.
    Ich dachte viel über die Richtlinien nach, die für die Polizei zu gelten haben (ich denke noch heute darüber nach), über die
     Anschuldigungen, die aus jeder Ecke des Landes mit erhobenem Zeigefinger vorgebracht wurden, über Korruption, Missbrauch,
     Apathie, unsere langsame Reaktionszeit und die oftmals ordnungswidrigen Ergebnisse unserer Arbeit.
    |391| Am meisten aber beunruhigten mich die Mechanismen, die es mir ermöglichten, mit allem zurechtzukommen. Ich entdeckte in mir
     eine Aggression, von der ich nicht gewusst hatte, dass sie existierte. Ich beschäftigte mich mit der anästhetisierenden, heilenden
     Kraft des Alkohols, mit den Folgen, die sich ergaben, wenn man sich aus der Gesellschaft zurückzog und ein Leben mit beschränkten,
     oberflächlichen Gedanken führte — und fand Zuflucht in den sicheren Armen der Bruderschaft der Polizei.
    Ich veränderte mich, wurde zu einem neuen Menschen und rechtfertigte alles dadurch, dass ich den guten Kampf focht, dass ich
     jeden Augenblick dazu nutzte, gegen das Böse anzugehen. Das war meine Leidenschaft, eine Leidenschaft, die wir alle miteinander
     teilten, der Grund unserer Existenz.
    Und um mich herum sah ich die Anpassungsmechanismen der anderen — und die ausgebrannten menschlichen Wracks unter den Kollegen,
     die auf der Strecke geblieben waren.
    Ich aber überlebte, um mich meinem Schicksal zu stellen. Willem Nagel und ich.

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    |393| Donnerstag, 13. Juli
Tag der Entscheidung
    |395| 43
    Der Radiowecker neben seinem Bett zeigte die unsympathische Uhrzeit 3:11, als er aus seinen chaotischen Träumen hochschreckte.
    Er hatte von Schlebusch geträumt.
    Träume von Flucht, von Konfrontation und Angst. Er lag in der Dunkelheit, und ihm wurde bewusst, dass sich der Unfall, die
     Momente auf der Straße und der Mann mit dem langen blonden Haar und seine Drohungen in sein Unbewusstes geätzt hatten und
     darauf warteten, verarbeitet zu werden. Es war für ihn das erste Mal, dass er Jäger und Beute zugleich war. Und weit und breit
     keine Deckung, kein Polizeiapparat, zumindest nicht offiziell.
    Rupert de Jagers letzte drei Briefe hatten keine neuen Erkenntnisse gebracht, keine neuen Einsichten geliefert, nur das dumpfe,
     immer stärker werdende Gefühl bestätigt, dass Bushy Schlebusch bereits vor etwa zwanzig Jahren den Weg des Bösen eingeschlagen
     hatte. Psychopathologische Ansätze, Gefühlsarmut, Gewaltbereitschaft, eine explosive Persönlichkeit. Er hätte wetten wollen
     – Scheiße, er hatte ja kein Geld –, dass Rupert de Jager/Johannes Jacobus Smit nicht das erste Opfer gewesen war.
    Der Schweißbrenner. Die Drohung. Die scharfen Worte, als er im Wrack des Corolla gehangen hatte.
    Lebst du noch?,
hatte Schlebusch gefragt. Voll desinteressierter |396| Verachtung; er hatte nur gefragt, damit er sichergehen konnte, dass er sich nicht umsonst die Mühe machte.
    Du hast eine Mutter, Polizist. Hörst du mich? Du hast eine Mutter. Ich fackel sie mit dem Schweißbrenner ab, hörst du mich?
     Du kennst mich nicht, du Schwein, du Arsch, lass mich in Ruhe, oder ich fackel sie ab.
    Nicht er war bedroht worden, sondern seine Mutter. Das Terrain war ihm vertraut, das Krankheitsbild, das Spielfeld des Serienmörders,
     die Frau als hilfloses Opfer, über das Kontrolle auszuüben war. Und die Liebe zum Feuer. Schlebusch aber war anders, ganz
     offensichtlich kein Getriebener seiner Minderwertigkeitsgefühle. Töten war für ihn kein Mechanismus, um aufgestauten Zorn
     abzuleiten, um das Spielfeld wieder einzuebnen. Töten war für ihn ein Instrument, die letzte Lösung, wenn andere Mittel der
     Überredung nicht mehr funktionierten.
    Seine Reaktion auf die Zeitungsartikel. Was war daraus zu lernen? Kalkül. Er hatte van Heerden verfolgt, ihn beschattet, die
     Wegstrecke in Erfahrung gebracht, seine Familienverhältnisse eruiert, auf den richtigen Augenblick gewartet und dann skrupellos,
     mit kühler Effizienz zugeschlagen. Keine Panik, kein Davonlaufen oder sich Verstecken. Eine klinische Operation, um die Kontrolle
     über die Situation zu behalten.
    Was war zu tun, wenn man ein Tier wie dieses jagte? Was war zu tun, wenn die Beute nicht floh oder sich versteckte? Wenn der
     Gejagte selbst der Jäger war?
    Man besorgte sich einen meisterlichen
karateka
und einen großen schwarzen Scharfschützen und eine Maschinenpistole und lud eine Frau zu sich ins Haus, die manchmal Fragen |397| stellte, die man nicht hören

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