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Tod vor Morgengrauen: Kriminalroman

Titel: Tod vor Morgengrauen: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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leidenschaftlich gern im Garten und schrieb Geschichten per Hand,
     die Manuskripte stapelten sich in ihrem Schrank. Ich fragte sie, warum sie sie nicht an Verlage schickte, und sie schüttelte
     nur den Kopf und meinte, das sei doch alles nur Fantasie, keine |460| Literatur, sodass ich sie fragte, ob es denn einen Unterschied gebe, worauf sie lachte.
    In der zweiten Nacht siegte unser Verlangen, in jener zweiten Nacht vollendete ich — vollendeten wir — den Verrat, nicht wie
     zwei schuldbeladene Verliebte, die etwas Unrechtes taten, sondern wie freigelassene Gefangene, voller Freude und Humor und
     der unerträglichen Leichtigkeit des Seins.
    In jener zweiten Nacht und in jeder folgenden, bis Nagel zurückkehrte.

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    »Sie wissen, van Heerden, ich habe großen Respekt vor Ihnen.«
    Er antwortete nicht, er wusste, was kommen würde.
    »Wenn es nach mir ginge, sind Sie einer von uns. Einer unserer Besten.« Er saß auf der Kante des Wohnzimmersessels in van
     Heerdens Haus und sprach mit getragenem Ernst. »Aber heute Morgen hat sich die Lage grundlegend geändert. Jetzt stehen Zivilisten
     in der Schusslinie.«
    Van Heerden nickte.
    »Wir müssen diesen Fall übernehmen, ihn unter unsere Kontrolle bringen.«
    Er nickte nur. »Kontrolle« war ein relativer Begriff.
    »Wir wollen Sie nicht ausschließen. Es ist Nougats Fall. Sie arbeiten mit ihm zusammen. Teilen Sie ihm mit, was Sie an Informationen
     haben.«
    »Sie wissen schon alles.«
    »Sicher?« O’Grady war misstrauisch.
    »Ja.« Bis auf den Anruf, der um zwei Uhr eintreffen sollte, und der Brieftasche in seiner Jacke.
    »Diese Frau, Carolina de Jager, ist das die Mutter?«
    »Ja.«
    »Ich würde gern mit ihr reden.«
    »Ich werde dich ihr vorstellen.«
    »Und ich brauch die Fotos.«
    |462| »Klar.«
    O’Grady musterte ihn scharf, als versuchte er einzuschätzen, wie ernst er die Antworten zu nehmen hatte.
    »Tut mir Leid, van Heerden«, sagte Joubert, als wäre er sich dessen Enttäuschung bewusst.
    »Versteh schon«, antwortete er.
    »Wie gehen wir mit den Medien um?«
    Van Heerden dachte kurz nach. Noch vor wenigen Minuten hatte er die Zeitungen und das Fernsehen dazu einsetzen wollen, um
     Brits zu brechen, hatte das inhärente Aggressionspotenzial der Medien als Rammbock gebrauchen wollen, um Informationen über
     die bislang vertuschte Sache zu bekommen. Aber jetzt, nachdem er gesehen hatte, wie sehr der Mann mit sich gerungen hatte,
     war er sich dessen nicht mehr sicher.
    »Sagen Sie, dass wir alle zusammenarbeiten. Alle, auch das Militär. Sagen Sie, die Ermittlungen seien an einem sensiblen Punkt
     angelangt, weshalb wir einige Informationen zurückhalten müssten. Aber wir stünden vor einem baldigen Durchbruch. Wir müssen
     dafür sorgen, dass ihr Hunger nicht vergeht.«
    Joubert lächelte verhalten. »Sie sollten zu uns zurückkehren, van Heerden.« Er stand auf. »Gehen wir, werfen wir dem Ungeheuer
     einige Fleischbrocken hin.«
    Sie gingen hinaus, standen kurz vor der Tür, dann schlugen die Detectives vom Morddezernat den Weg zu den Presseleuten ein,
     die erwartungsfroh über sie herfielen. Van Heerden, der sich im Hintergrund hielt, sah eine neue Wagenkolonne die Einfahrt
     entlangkommen. An der Spitze, in einem weißen Mercedes, saß Orlando Arendse.
    |463| »Ich wollte Sie warnen«, sagte Tiny Mpayipheli hinter ihm. »Der Boss hat angerufen und gesagt, dass er unterwegs ist.«
     
    Der gesamten Szene haftete etwas Surreales an. Er ließ den Blick über das Grundstück schweifen, während er den Glasern Anweisungen
     erteilte. Vor dem Haus seiner Mutter standen Orlando Arendses »Soldaten«, ihre Waffen unter der Kleidung verborgen, sie waren
     sichtlich nervös und fühlten sich nicht besonders wohl angesichts der blauen Polizeiuniformen, die eng um das Haus eine Kette
     gebildet hatten — auf der anderen Seite stand die Creme der Südafrikanischen Verteidigungsstreitkräfte, die Anti-Terror-Einheit.
     Die vierte Gruppe, der Landsknechthaufen der Medien, war bereits wieder abgezogen — nur der geduldige Kriminalreporter ließ
     sich noch blicken, der die Verbindung zwischen Joan van Heerden und der Kunstszene hergestellt hatte.
    Gegenüber, in seinem Haus, befragte Nougat O’Grady Carolina de Jager. Hinter ihm, im Wohnzimmer seiner Mutter, unterhielt
     sich einer der Bosse des organisierten Verbrechens am Westkap mit Joan van Heerden über den Einfluss der postmodernen Kunst
     auf Südafrika, während sich in einem anderen

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