Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Tod vor Morgengrauen: Kriminalroman

Titel: Tod vor Morgengrauen: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
Vom Netzwerk:
beschissenen Papierfetzens Spekulationen
     anstellen, bis ihm die Luft ausging. Er konnte seine cleveren Theorien formulieren, bis er an Langeweile einging. Es konnte
     alles sein. Krugerrands. Gold. Diamanten. Rands oder Dollar oder Monopolygeld, verdammt noch mal. Es könnten Nacktaufnahmen
     von Bill Clinton oder der Spice Girls sein, die Karte eines Piratenschatzes, und er würde es nie erfahren, denn die Sache
     war mausetot, und er würde sie auch nicht mit einer Mund-zu-Mund-Beatmung oder einer Herz-Lungen-Maschine wieder zum Leben
     erwecken können.
    Zweifellos hatte er Recht. Nicht nur, weil er sich die Sache gründlich überlegt hatte, sondern aus Instinkt. Seiner Erfahrung
     nach würde es Zeit brauchen. Wochen. Monate, in denen er alles sorgfältig durchkämmte, ermittelte, Fragen stellte, bis sich
     etwas auftat, etwas löste und man einen Faden in der Hand hielt, an dem man ziehen und den man schließlich aufwickeln konnte.
    Er bog am Autobahnkreuz Kraaifontein ab, dann nach |181| rechts über die Brücke und gleich wieder auf die N1 in Richtung Stadt. Wo, hatte sie gesagt, wohnte sie? Milnerton.
    Seltsam. Er hätte sie mit ihrem Yuppie-Haarschnitt und ihrem BMW eher in der Nähe des Berges angesiedelt, diesem beschissenen
     Berg, der über allem dräute, er hasste diesen Berg, hasste diesen Ort, der ihn zu dem Gedanken verleitet hatte, er könnte
     über Nacht mal kurz ein Comeback abziehen: Hallo, meine Lieben, ich bin wieder zu Hause, ich bin wieder Detective, ist das
     nicht toll!
     
    Sie war gerade damit beschäftigt, Kompost unter die Oleanderbüsche zu schaufeln, als sie das Handy klingeln hörte. Noch im
     Gehen streifte sie die Handschuhe ab, öffnete die Schiebetür und ging ran.
    »Hope Beneke.«
    »Ich möchte Sie sehen.« Seine Stimme klang dunkel und gehetzt.
    »Natürlich«, antwortete sie.
    »Jetzt.« Er bemerkte erneut das Mitgefühl in ihrer Stimme, diesen Ich-verstehe-alles-und-bin-sehr-geduldig-mit-dir-Ton. »Kein
     Problem.«
    »Ich weiß nicht, wo Sie wohnen.«
    »Wo sind Sie?«
    »In Milnerton. Am Pick’n Pay.«
    Sie erklärte ihm den Weg.
    »Gut«, sagte er und legte auf.
    »Bis gleich«, sagte sie, »Zatopek.« Und lächelte still vor sich hin. Er war nicht unbedingt ein Sonnenschein. Wie sah er aus,
     wenn er lachte?
    Sie ging ins Badezimmer, fuhr sich mit dem Kamm durch |182| die kurzen Haare, trug blassrosafarbenen Lippenstift auf. Sie würde sich nicht umziehen. Der Trainingsanzug war okay. Sie
     ging in die Küche, setzte Wasser auf, holte das kleine weiße Tablett heraus, stellte Tassen, das Milchkännchen, die Zuckerschale
     darauf. Sie hätte etwas bei Home Industry kaufen sollen. Eine Tart. Es war fast Kaffeezeit.
    Sie ging zur Mini-Hi-Fi-Anlage. Mit klassischer Musik kannte sie sich nicht wirklich aus. Hatte er mehr Ahnung davon? Sie
     hatte
Die größten Arien der Welt
. Und
Die besten Klassikmelodien aller Zeiten
. Und
Pavarotti and Friends
. Der Rest reichte von Sinatra bis Laurika Rauch und von Celine Dion bis Bryan Adams.
    Sie legte die Dion-CD ein. Die mochte jeder. Sie drehte die Lautstärke zurück. Hörte, wie sich der Wasserkocher abschaltete.
     Ging zur Schiebetür und überblickte ihren kleinen Garten, eine handtuchgroße Oase, die sie mit eigenen Händen geschaffen hatte,
     selbst den Rasen, die Sträucher und Blumen hatte sie angesät und gepflanzt. Nun bereitete sie sich auf den Frühling vor.
    Als sie die Regentropfen spürte, sah sie nach oben. Die Wolken waren schwer, die Tropfen fein und leicht. Sie war gerade noch
     rechtzeitig fertig geworden. Sie schloss die Tür, setzte sich in den Wohnzimmersessel, sah auf die Uhr. Er sollte jeden Moment
     hier sein. Ihr Blick wanderte zum Kiefern-Bücherregal, das sie, als sie noch angestellt gewesen war, gebraucht gekauft und
     selbst gestrichen hatte.
    Las van Heerden? Richard hatte nicht gelesen. Richard hatte sich nur für die Nachrichten interessiert. Zeitungen und die Nachrichten
     im Fernsehen und
Time
und
The Economist
und die Radiosendungen, um sechs Uhr morgens. Sie hatte |183| ihn gewähren lassen. Eine Beziehung war für sie ein Geben und Nehmen. Für ihn war es etwas gewesen, bei dem er sich genommen
     hatte und ihm gegeben worden war.
    Schließlich klopfte es an die Tür. Sie stand auf, spähte durch den Spion, erkannte ihn und öffnete die Tür. Wieder war er
     vom Regen leicht nass, in seiner Miene standen ebenfalls alle Zeichen auf Sturm. Wie immer. »Kommen Sie rein«, sagte sie.
     Er trat

Weitere Kostenlose Bücher