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Tod vor Morgengrauen: Kriminalroman

Titel: Tod vor Morgengrauen: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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glaube nicht.«
    »Oh«, sagte sie.
    |205| Er holte Luft, wollte es ihr erklären und hielt inne. Erinnerte sich, dass es nichts nützen würde.
    Es hatte nie etwas genützt. Selbst als er noch im Dienst gewesen war und versucht hatte, den nackten Fakten und Zahlen etwas
     Leben einzuhauchen — zu wenig Geld, zu wenig Personal, zu groß der Unterschied zwischen Reich und Arm, zu viel Politik, zu
     viele liberale Gesetze, zu viel schlechte Presse; Scheiße, die Presse hatte ihn so frustriert, die gute Arbeit und die Erfolge
     auf Seite sieben, die Fehler und die Korruption auf Seite eins. Gehälter, die ein Witz waren, die in keiner Weise den Arbeitsbedingungen
     entsprachen, die langen Dienstzeiten, die Geringschätzung. Gelegentlich hatte er das alles zu erklären versucht, aber die
     Leute wollten es nicht hören. »Es ist eben so, wie es ist«, sagte er.
    Der Hauptgang bestand aus einem dampfenden, geschmackvollen und zartschmelzenden malaiischen Hammelcurry, er schmeckte geradezu
     die Freude des Kochs bei der Zubereitung und wünschte sich, ihn oder sie kennen zu lernen und zu fragen, wie das Fleisch so
     unglaublich zart gelingen konnte. Er hatte einmal gelesen, wenn man es über Nacht in Buttermilch einlegte, verfeinere das
     den Geschmack, was besonders gut bei Currys funktioniere.
    »Sie sind van Heerden, nicht wahr?« Noch mit vollem Mund lehnte sich der Arzt über den Teller der Unternehmerin.
    Er nickte.
    »Welchen Rang haben Sie?«
    »Welchen was?«
    »Ich habe gehört, Sie seien Polizist. Welchen Rang haben Sie?«
    »Ich bin nicht mehr bei der Polizei.«
    |206| Der Arzt sah ihn an, nickte bedächtig und wandte sich dem Kulturattaché zu. »Sind Sie noch immer ein Fan der Western Province,
     Achmat?«
    »Ja, aber es ist nicht mehr so wie damals, als Sie noch gespielt haben, Chris.«
    Der Arzt zwang sich zu einem herzlichen Lachen. »Das klingt ja so, als sei ich schon uralt, Achmat. Manchmal juckt es mich
     noch immer, wieder in die alte Kluft zu schlüpfen, alter Hase.«
    Alter Hase.
Auch wenn er kein Arzt wäre, müsste man sich über ihn aufregen.
    Vergiss es,
dachte er.
Lass es sein.
Er konzentrierte sich auf das Essen, nahm vorsichtig Fleisch und Reis auf die Gabel, kostete die Konsistenz und den Geschmack,
     dazu einen Schluck Rotwein. Die Kellner sorgten dafür, dass die Gläser immer gefüllt waren, die Lautstärke der Unterhaltungen
     am Tisch nahm immer mehr zu, die Gäste lachten ausgelassener, lauter, die Wangen röteten sich vom Wein. Er betrachtete Hope
     Beneke, sie hatte den Kopf geneigt, während sie zuhörte und dem Schriftsteller zunickte, einem vollbärtigen Mann mittleren
     Alters mit einem Ohrring. Er fragte sich, ob sie die Gesellschaft genoss, es schien so. War sie so wie Wendy? Eine, die sich
     auf der sozialen Überholspur befand? Sie wirkte ernster als Wendy, jedoch so ernsthaft, so konzentriert, so darauf bedacht,
     das Richtige zu tun, Norman Vincent Peale ähnlich, so … idealistisch.
Eine Kanzlei für Frauen
. Als wären diese besondere Opfer.
    Jeder war verdammt noch mal ein Opfer. Ob besonders oder nicht besonders.
    Zwischen dem Dessert und dem Kaffee, kurz bevor die |207| Bombe hochging, fragte die Unternehmerin, ob er Kinder habe. Er sei nicht verheiratet, antwortete er. »Ich hab zwei«, sagte
     sie. »Einen Sohn und eine Tochter. Sie leben in Kanada.« Er meinte, dort müsse es sehr kalt sein, und die Unterhaltung starb
     einen peinlichen Tod.
    Und dann begann der Arzt, Mozart in den Dreck zu ziehen.
    Die Kellner räumten die Dessertteller ab, einigen war bereits der Kaffee serviert worden. Ein seltsamer Augenblick, denn alle
     am Tisch schwiegen, und nur die kräftige, laute Stimme des Arztes war zu hören: Er beschwerte sich über seinen langweiligen
     Urlaub in Österreich, die unfreundlichen Einwohner, die Kommerzialisierung, die Ausbeutung der Touristen, das öde Unterhaltungsangebot.
    »Und was finden sie nur an Mozart?«, fragte er rhetorisch, und van Heerden konnte nicht anders, er antwortete: »Mozart war
     eben ein Österreicher«, und plötzlich hatte er genug von diesem Mann und seinen Ansichten und seiner zur Schau gestellten
     Überlegenheit.
    »Das war Waldheim auch, und der war ein Nazi«, erwiderte der Arzt, leicht irritiert durch die Unterbrechung. »Aber wo man
     auch hinkommt, überall haben sie dort ihren Mozart. Und wenn das Restaurant mal nicht nach ihm benannt ist, spielen sie zumindest
     seine Musik an jeder Straßenecke.«
    »Seine Musik

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