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Tod vor Morgengrauen: Kriminalroman

Titel: Tod vor Morgengrauen: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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sprach, und der Unternehmerin des Jahres – dünn und hyperaktiv, mit kantigen Gesichtszügen
     –, deren Hände niemals stillstanden, deren Mund immer offen war.
    »Und was machen Sie?«, fragte die Unternehmerin des Jahres, noch bevor er es sich am langen Tisch bequem machen konnte. Und
     schlagartig erinnerte er sich an die Welt des sinnlosen Smalltalks aus seiner Zeit an der Universität. Es kam wie aus dem
     Nichts, als hätten diese Erinnerungen nur darauf gelauert, ihn hinterrücks zu überfallen. Wobei die Antwort auf das »Was machen
     Sie?« den Status des Einzelnen in der von Hierarchien bestimmten Gesellschaft festlegte. Damals hatte er auf Cocktailpartys,
     bei Mittag- oder Abendessen manchmal einfach des Lügens wegen gelogen und erwidert, er sei Lastwagenfahrer oder Wachmann,
     hatte sich dann zurückgelehnt und beobachtet, wie der Fragesteller dadurch ins Schwimmen geriet. Manchmal war er zu Hilfe
     geeilt, »war nur Spaß, ich bin am Institut für Polizeiwissenschaft, als Dozent« – seine Eintrittskarte, der Reisepass in die
     ausgewählte Gesellschaft mit korrekt abgestempeltem Visum. Wendy hatte es gehasst, vor allem, wenn er seine Lügen nicht korrigierte:
     Status war wichtig für Wendy. Und |203| der Anschein, man sei glücklich und habe Erfolg. Was für Kara-An offensichtlich ebenso zutraf. Vorher hatte sie ihn einigen
     Gästen vorgestellt. »Das ist Hope Beneke, die Anwältin. Und van Heerden, ihr Kollege.«
Die
Anwältin. Nicht
eine
Anwältin. Der Status des bestimmten Artikels. Und die Täuschung der selektiven Wahrheit. »Ihr Kollege.«
    »Ich bin Polizist«, sagte er zur Unternehmerin des Jahres und beobachtete ihre Augen, doch diese verrieten nichts. Sofort
     beugte sie sich zur Mrs. Kulturattaché hinüber und stellte sich vor, sprach dann mit dem Mann zu ihrer Rechten, dem Arzt.
     Er sah zu den anderen Gesichtern am Tisch, Hope ihm gegenüber, Kara-An an der Stirnseite und rechts von ihm zwanzig Menschen,
     die noch das steife Gebaren neuer Bekanntschaften ohne das Schmiermittel des Alkohols zu überwinden trachteten. Einige unter
     ihnen hatte er während der Sherry-Phase vor dem Essen kennen gelernt, den Schriftsteller, den Winzer, den Modedesigner, die
     ehrwürdige Ex-Schauspielerin, den Millionär und Geschäftsmann, die Herausgeberin einer Frauenzeitschrift, den Arzt, der früher
     einmal Rugbyspieler gewesen war. Und deren Partner. Es waren die Partner gewesen, die ihn von oben bis unten gemustert und
     seine Kleidung angestarrt hatten.
    Scheiß auf sie.
    Und jetzt saß er einfach nur da, hörte halbherzig den Gesprächen der anderen zu, seine Gedanken schweiften ab, zu der Zeit
     vor Nagel, seinem Aufstieg in Pretoria, seiner Beziehung zu Wendy. Mrs. Kulturattaché sagte nicht viel. Sie bildeten eine
     Insel des Schweigens, ein- oder zweimal lächelte sie ihn mitfühlend an. Er kostete die Orangen-Butternuss-Suppe der Caterer,
     die perfekt war, deren Sahnespirale |204| einen netten dekorativen Touch abgab. Verzierungen hatte er als die letzte Herausforderung seiner Kochkünste angesehen, bevor
     sein Leben in Stücke fiel und seine Mutter die Einzige war, die er noch zum Essen einlud.
    »… der Wechselkurs ist ein Segen, wenngleich das nicht offensichtlich ist. Ich will nicht, dass sich der Rand wieder erholt.
     Aber die Regierung muss sich etwas für die Handelsvereinbarungen mit der EU einfallen lassen. Die Verbrauchssteuern bringen
     uns noch um.«
    Die Frau des Millionärs und Geschäftsmannes saß ihm schräg gegenüber. Sie war sehr hübsch, kein einziges Fältchen, rosarote
     Wangen. Ihr Ehemann saß zwei Stühle weiter, blass und müde und alt. »… ziehen uns auf die Farm zurück, ich halte es einfach
     nicht mehr aus, die vielen Verbrechen. Man lebt in ständiger Angst, aber Herman meint, er könne die Firma von Beaufort West
     aus nicht leiten«, sagte sie zu jemandem.
    »Und die Polizei«, erwiderte der Arzt mit tiefer, selbstzufriedener Stimme, »klaut genauso wie alle anderen auch.«
    Er spürte, wie sich sein Magen leicht verkrampfte.
    »Es dürfte nicht leicht sein, heutzutage ein Polizist zu sein«, sagte die Farbige neben ihm mit weicher, ehrlicher Stimme.
     Er sah sie an, ihre großen, verängstigten Augen hinter den Brillengläsern, und fragte sich, ob sie die Bemerkung des Arztes
     gehört hatte.
    »Nein, es ist nicht leicht«, antwortete er und nippte bedächtig am Wein.
    »Glauben Sie, es wird sich ändern?«
    Gute Frage,
dachte er. »Nein, ich

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