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Tod vor Morgengrauen: Kriminalroman

Titel: Tod vor Morgengrauen: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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danach, aber ich sperrte mich auch nicht dagegen.
    Ich stand an der Grenze zum Konventionellen. Punkt.
    Wer war ich also?
    Vor allem glaubte ich an mich selbst — und deshalb auch an andere. Ich denke, ich habe nie über den Konflikt zwischen dem
     Guten und dem Bösen in mir und in anderen philosophiert. Weil ich mich nicht als böse gesehen habe, und dieser Glaube färbte
     den Blick, mit dem ich alles wahrnahm. Das Böse war die Deviation einer Minderheit, die ich durch das Panzerglas der Universität
     betrachten und studieren konnte. Ein Phänomen wie eine genetische Abweichung, die gemäß |288| den Statistiken der Evolution in einem bestimmten Prozentsatz der Bevölkerung auftritt. Und meine Aufgabe als Kriminalpsychologe,
     als Kriminologe und Polizeiwissenschaftler war es, die Zahlen zu erfassen und Schlüsse daraus zu ziehen, Verfahren zu entwickeln,
     diese zu institutionalisieren und jene zu unterstützen, die sie ausführten.
    Ich war auf der Seite der Guten. Deshalb war ich gut.
    Das war der Mensch, der ich war.
    Trotz meiner Besessenheit im Fall Marnewick. Vielleicht
wegen
meiner Besessenheit.

|289| 31
    Sie saßen in Hope Benekes Büro, er spürte das Adrenalin, das Jagdfieber, und für einen Augenblick erinnerte er sich …
    »O Gott, van Heerden, ich kann’s nicht fassen, wie kannst du dich nur so beschissen verhalten. Wie kannst du einem Ex-Kollegen
     in den Rücken fallen und gleichzeitig auch noch die ganze Polizei in den Dreck ziehen? Du hättest mich doch nur anzurufen
     brauchen. Ein einziger Anruf.«
    Er hob die Hände, er war ruhig, seine Gedanken aber sprangen vom Telefonanruf zum Militärischen Nachrichtendienst, zu O’Grady
     und de Wit und Joubert, sein Körper wartete nur darauf, in Aktion treten zu können, doch vorerst hatte er sich auf die Männer
     hier zu konzentrieren. »Okay, Nougat, ich weiß, was in dir vorgeht, und du hast mein volles Verständnis …«
    O’Grady verzog angewidert das Gesicht und wollte etwas sagen, van Heerden aber fuhr fort:
    »Betrachte doch nur kurz mal die Fakten. Ich hatte nur einen Hinweis, den du nicht hattest: den gefälschten Personalausweis.
     Alles andere ist reine Vermutung und steht auf ziemlich wackeligen Beinen. Das über die Dollar habe ich mir zusammengereimt,
     weil ich mir angesehen habe, wie der Kerl Anfang der achtziger Jahre sein Geschäft aufgebaut hat. Dafür gibt es keine gesicherten
     Beweise. So, und jetzt sag mir, |290| ob du glaubst, dass deine Vorgesetzten« — er deutete auf de Wit und Joubert — »dir aufgrund dessen erlaubt hätten, damit an
     die Presse zu gehen?«
    »Verdammt noch mal, van Heerden, es geht ums Prinzip.«
    »Und den Schaden, den Sie dem Ruf der südafrikanischen Polizei zugefügt haben.«
    »Das tut mir Leid, Col- äh … Superintendent, aber das war der Preis, den ich für die Publicity zu zahlen hatte.«
    »Hat uns für einen lausigen Zeitungsartikel einfach verschachert.«
    »Unsinn, Nougat. Ihr bekommt jeden Tag wesentlich schlimmere Presse, weil die Medien euch als politisches Werkzeug gegen den
     ANC sehen. Wollt ihr mir das auch noch in die Schuhe schieben?«
    »Sie haben absichtlich Informationen zurückgehalten, die uns bei Mordermittlungen nützlich sein könnten, van Heerden.«
    »Ich bin gern bereit, sie mit Ihnen zu teilen, Superintendent. Aber die Zeit ist dafür noch nicht reif, aus ganz offensichtlichen
     Gründen.«
    »Du bist ein Arschloch, van Heerden.«
    »’76«, sagte Mat Joubert.
    Sie starrten ihn alle an.
    »Damit haben Sie die beiden Witzbolde vom Militärischen Nachrichtendienst zum Schweigen gebracht, van Heerden. Was hat es
     damit auf sich?«
    Er hätte wissen müssen, dass Joubert kaum etwas entging.
    »Erstens«, begann er langsam und in gemessenem Tonfall, »sollten wir uns darauf einigen, wie wir unsere Informationen austauschen
     wollen.«
    |291| O’Grady stieß ein zorniges Lachen aus. »O Gott, hört ihn euch nur an!«
    »Ich glaube nicht, dass Sie sich in einer Position befinden, die Ihnen erlaubt, uns Bedingungen zu stellen«, sagte Bart de
     Wit mit leicht hoher, leicht nasaler Stimme.
    »Hören wir uns an, was er vorzuschlagen hat«, sagte Mat Joubert.
    »Aber wir können dem Arschwichser nicht trauen.«
    »Inspector, wir haben uns schon einmal über Ihre Wortwahl unterhalten«, kam es von de Wit.
    O’Grady seufzte vernehmlich. Es war offensichtlich kein neues Thema.
    »Superintendent, ich sehe die Sache so«, begann van Heerden. »Sie haben das Gesetz auf

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