Tod vor Morgengrauen: Kriminalroman
riss ein Blatt von seinem
Schreibblock, notierte sich die neuen Informationen, versuchte sie in die richtige Reihenfolge zu bringen, hörte den Anrufern
zu, die ihren Hirngespinsten freien Lauf ließen, wartete, dass der Anrufbeantworter kam.
»Ich kann morgen Früh einen Flug nach Bloemfontein bekommen und wäre dann am Spätnachmittag zurück«, berichtete ihm Hope,
als sie erneut den Raum betrat. Er gab ihr Carolina de Jagers Telefonnummer und bat sie, alles zu arrangieren.
Der Anrufbeantworter wurde angeliefert, der Techniker half beim Anschließen.
Die Zahl der Anrufe nahm ab, würde aber wieder ansteigen, wenn die gelangweilten Kinder von der Schule nach Hause kamen.
Marie steckte erneut ihren Kopf zur Tür herein, nachdem sie leise und ängstlich angeklopft hatte. »Ein Amerikaner ist da,
er möchte mit Ihnen reden.«
»Schicken Sie ihn rein.«
Ein Amerikaner? Er schüttelte den Kopf und zeichnete ein weiteres Quadrat auf sein Blatt. Die ganze Welt schien in die Sache
verwickelt zu sein. Zum Teufel, der Zeitungsartikel hatte seine Wirkung nicht verfehlt …
Marie öffnete die Tür. »Mr. Powell«, sagte sie und wollte bereits die Tür hinter sich schließen.
»Rufen Sie Hope«, sagte er schnell, dann streckte er die Hand aus. »Van Heerden.«
»Luke Powell«, sagte der Amerikaner in seinem schweren Akzent. Er war schwarz, mittleren Alters, leicht übergewichtig, |296| besaß ein weiches, rundes Gesicht und Augen, die gerne lachten.
»Was kann ich für Sie tun, Mr. Powell?«
»Nein, Sir, was kann
ich
für
Sie
tun?«
»Nehmen Sie bitte Platz«, sagte er und deutete auf einen der Stühle auf der anderen Seite des Schreibtisches. »Und ich möchte
mich gleich dafür entschuldigen, dass ich das Telefon beantworten muss, falls es klingelt.«
»Tun Sie sich keinen Zwang an. Jeder muss seinen Job machen.« Sein großer Mund öffnete sich zu einem breiten Lächeln und zeigte
seine makellos weißen Zähne.
Hope erschien, er stellte sie Powell vor, sie setzte sich, verschränkte die Arme, mit jeder Geste machte sie deutlich, dass
sie eigentlich nicht hier sein wollte.
»Ich arbeite für das US-Konsulat«, begann Powell. »Als Wirtschaftsberater. Nachdem wir im Radio von dieser Angelegenheit erfahren
haben, dachte ich … na ja, Sie wissen schon, ich könnte ja mal aufkreuzen und unsere Zusammenarbeit anbieten. Sie wissen ja,
wenn es um Dollar geht und so …«
»Das ist sehr freundlich von Ihnen, Sir«, antwortete van Heerden.
Wieder das breite Lächeln. »Es ist uns ein Vergnügen.«
Van Heerden erwiderte das Lächeln. »Dann wissen Sie also einige interessante Dinge über den Ursprung der Dollar?«
»O nein, ich habe eher gehofft, Sie könnten mir was darüber erzählen. Die Nachrichten im Radio waren ziemlich kurz, wissen
Sie, nur dass bei dieser Sache einige Dollar mit im Spiel waren. Wenn Sie uns die richtige Richtung weisen, |297| könnte ich die Informationen an … ich weiß nicht, an alle, die uns helfen könnten, weiterleiten. Wir haben nämlich so unsere
Verbindungen.«
»Sagen Sie mir, Mr. Powell, was macht ein amerikanischer Wirtschaftsberater in Südafrika?«
Ein entschuldigendes Lächeln, eine Geste mit den Händen, die andeuten sollten, dass sein Job nicht sonderlich wichtig war.
»Ach, wissen Sie, Gespräche mit Geschäftsleuten, meistens jedenfalls, viele wollen mit den USA in Handelsbeziehungen treten
… Wir helfen ihnen mit dem Papierkram, zeigen Möglichkeiten auf, unsere Regierung steht voll hinter der Entwicklung des neuen
Südafrika. Und dann natürlich unsere eigenen Firmen zu Hause, sie wollen hier in Ihren Markt …«
»Ich meinte Ihren eigentlichen Job«, sagte van Heerden mit unverstelltem Lächeln; er genoss es.
»Ich weiß nicht recht, ob ich Ihnen folgen kann, Sir.«
»Mein Problem, Mr. Powell, ist, dass ich nicht genügend über die amerikanischen Geheimdienstkreise weiß, um genau sagen zu
können, zu welchem Arm Sie gehören. Ich denke, wahrscheinlich ist es die CIA. Vielleicht aber auch eine der militärischen
Organisationen, Sie haben ja so viele …«
Hope stand vor Fassungslosigkeit leicht der Mund offen.
»Großer Gott«, sagte Powell. »Das glauben Sie doch selbst nicht?« Amüsiert, aufrichtig.
Er ist gut,
dachte van Heerden und fragte sich, ob sie einen Schwarzen geschickt hatten, damit er hier mehr oder minder unsichtbar war.
Bei dem Akzent?
»Ja, Sir, das würde ich vermuten.«
|298| »Warten Sie, bis ich das
Weitere Kostenlose Bücher