Todes Kuss
in der Bibliothek wieder. Ich wollte in Philips Tagebuch nachlesen, was er über unsere Hochzeitsnacht geschrieben hatte. Hoffentlich hatte er sich nicht geschämt, Einzelheiten zu erwähnen!
Meine Neugier sollte jedoch nicht sofort befriedigt werden, denn Davis erschien, um mir mitzuteilen, dass meine Eltern im kleinen Salon warteten.
Es war noch früh, und nachdem ich die beiden begrüßt hatte, fragte ich, was sie um diese Stunde zu mir führte.
„Wir haben dich seit deiner Rückkehr von Paris kaum gesehen“, erklärte meine Mutter. „Du musst uns unbedingt mehr über deinen Aufenthalt dort erzählen.“
„Außerdem“, fiel mein Vater ein, „wollten wir uns für die Einladung zum Dinner bedanken. Wen werden wir am Mittwoch hier antreffen?“
„Robert und Ivy, Lord Palmer und seinen jüngeren Sohn Arthur sowie Arabella Dunleigh und ihre Mutter.“
„Wie freundlich von dir, die Dunleighs einzuladen.“ Mama hob die Augenbrauen.
„Eigentlich mag ich Arabella nicht besonders. Für meinen Geschmack war sie zu oft mit Emma Callum zusammen. Aber nun, da Emma sich verlobt hat, scheint sich niemand mehr für die arme Arabella zu interessieren.“
„Ja, sie hat jetzt schon die zweite Saison hinter sich, und ich glaube, sie hat nicht einen einzigen Antrag erhalten.“
„Ich könnte mir vorstellen, dass Arthur Palmer und sie recht gut zusammenpassen.“
„Hm … Was ist mit Lord Palmers älterem Sohn?“
„Andrew? Er hält sich noch in Paris auf.“
„Wie man hört, hast du ihn dort öfter gesehen.“
Jetzt begriff ich, warum meine Mutter so milde gestimmt war. Sie glaubte, ich könne mich entschließen, Andrew zu heiraten. Seine Familie war zwar nicht besonders reich, gehörte jedoch zur besten Gesellschaft.
„Er ist recht charmant“, sagte ich.
„Er ist verrückt nach dir. Jedenfalls hat sein Vater so etwas angedeutet, als wir ihn kürzlich trafen.“
Ich zuckte die Schultern. „Im Moment denke ich nicht daran, eine neue Bindung einzugehen.“
„Natürlich nicht. Du musst warten, bis die Trauerzeit vorbei ist.“
„Catherine“, sagte mein Vater vorwurfsvoll, „lass das Mädchen in Ruhe!“
Mama warf ihm einen vernichtenden Blick zu, wechselte aber tatsächlich das Thema. „Hast du übersehen, dass du einen Gentleman zu wenig eingeladen hast, Emily? Wenn ich einen Vorschlag machen dürfte? Lord Charles Easton würde gut in die Runde passen. Er hat sich mit seinen politischen Reden im House of Lords, im Oberhaus des Parlaments, bereits einen Namen gemacht. Vermutlich wird man ihm bald einen Posten in der Regierung anbieten.“
„Ich habe bereits Mr Hargreaves gebeten zu kommen.“
„Ein sympathischer junger Mann“, stellte Papa fest. „War er nicht einer der Trauzeugen bei deiner Hochzeit?“
„Ja.“
„Ich verstehe nicht recht, warum du ihn eingeladen hast.“ Die Stimme meiner Mutter hörte sich jetzt nicht mehr so freundlich und zufrieden an. „Es sei denn, du hältst ihn für geeignet, Arabella den Hof zu machen. Zu dir würde er jedenfalls nicht passen. Seine Familie scheint zwar recht wohlhabend zu sein, doch gesellschaftlich spielt sie keine Rolle.“
„Mama!“ Ihre ständigen Bemühungen, Ehen zu stiften, hatte ich schon immer verabscheut. „Ich gebe diese Dinnerparty, um in netter Gesellschaft interessante Gespräche zu führen, und nicht, um …“
„Emily, also wirklich! Du …“
Ich unterbrach sie genauso rücksichtslos wie sie mich. „Bitte, hör auf! Ich werde dich sonst von der Gästeliste streichen und Davis befehlen, dich nicht ins Haus zu lassen.“
Sie wurde blass. „Nie hätte ich gedacht, einmal erleben zu müssen, dass meine Tochter so mit mir spricht! Samuel, wo ist mein Riechsalz?“
Mein Vater hielt ihr das Fläschchen unter die Nase, ehe er sich mir zuwandte: „Vergiss nicht, dass deine Mutter nicht mehr die Jüngste ist. Vielleicht solltest du ihr eine Tasse Tee anbieten.“
Ich läutete nach Davis, bat ihn, Tee zu servieren, und erkundigte mich auch, ob Philips Ankleidezimmer bereits ausgeräumt war.
„Wir sind fast fertig, Mylady. Zwischen all den Kleidungsstücken haben wir eine griechische Büste gefunden. Möchten Sie sie sehen?“
„Ja. Bitte, bringen Sie sie gleich her!“
Kaum hatte er die Tür hinter sich geschlossen, als meine Mutter mir vorwarf, zu vertraulich mit den Dienstboten umzugehen.
„Davis ist mir eine große Hilfe. Ich wüsste nicht, wie ich dieses Haus führen sollte, wenn ich ihn nicht ab und zu um Rat
Weitere Kostenlose Bücher