Todes Kuss
Ich weiß, wie sehr Sie sich danach sehnen, sobald wie möglich wieder mit Ihrem Gemahl vereint zu sein.“
„Ach, Andrew, es war nie meine Absicht, Ihnen wehzutun.“
„Danke, mein Schatz.“ Er schaute mir fest in die Augen. „Verzeihen Sie, so sollte ich Sie nicht mehr nennen. Ihre Zurückweisung hat mich tief getroffen. Aber wenn Sie mich erhört hätten, müssten wir uns jetzt damit auseinandersetzen, dass Philip noch lebt. Ich wäre vom größten Glück ins tiefste Elend gestoßen worden. So betrachtet, war es gut, dass Sie mich abgewiesen haben.“
Es gab nichts, was ich zu seinem Trost hätte vorbringen können. Also schwieg ich und wartete ab, was er als Nächstes tun würde.
„Ich hatte nicht vor, hierherzukommen und Ihnen Kummer zu bereiten“, fuhr er nach einer Weile fort. „Bitte, vergeben Sie mir, wenn ich es doch getan habe. Ich fürchte, ich bin bislang nicht in der Lage, mich mit der neuen Situation abzufinden. Kaum kann ich glauben, dass ich Sie endgültig verloren habe.“
„Bitte …“, murmelte ich.
Er straffte die Schultern. „Arthur und ich haben alles für unsere Abreise nach Afrika vorbereitet. Gibt es etwas, das Sie uns für Philip mitgeben möchten? Einen Brief, ein Geschenk oder ein Erinnerungsstück?“
„Tatsächlich hatte ich etwas anderes im Sinn“, erwiderte ich. In diesem Moment fühlte ich mich fast ein wenig schuldig. „Ich möchte Sie und Ihren Bruder begleiten. Ich könnte es nicht ertragen, untätig hier herumzusitzen, während Sie nach Philip suchen. Ich möchte ihn so bald wie möglich wiedersehen. Auch denke ich, dass ich vielleicht mehr für seine Genesung tun kann als sonst irgendwer auf der Welt.“
Andrew runzelte die Stirn. „Sind Sie ganz sicher, dass Sie diese Reise auf sich nehmen wollen? Afrika ist ein ungastliches Land. Sie werden praktisch auf alle Bequemlichkeiten verzichten müssen.“
„Wie könnte ich mir Sorgen um meine Bequemlichkeit machen, wenn mein Gemahl nur knapp dem Tod entronnen ist?“
„Ja, ich verstehe Sie sehr gut. Und ich freue mich, dass Sie diese Entscheidung getroffen haben. Ja, es wird Philip guttun, wieder mit Ihnen vereint zu sein. Wir wissen natürlich noch nicht, wie es um seinen Gesundheitszustand bestellt ist. Doch gewiss wird er schneller genesen, wenn Sie sich um ihn kümmern. Ich erinnere mich noch genau daran, wie er nach Ihnen verlangt hat, als er krank wurde.“
Mir stiegen die Tränen in die Augen. Rasch blinzelte ich sie fort und sagte: „Ich werde Sie also begleiten. Können Sie sich, bitte, um die allgemeinen Reisevorbereitungen kümmern? Und zwar möglichst unauffällig. Es wäre mir lieb, wenn nicht jeder wüsste, dass ich beabsichtige, England zu verlassen.“
„Es wird mir eine Ehre sein.“
„Da ist noch etwas … Fühlen Sie sich nicht gekränkt, wenn ich darauf zu sprechen komme. Ich bin über Ihre finanzielle Situation informiert und habe meinen Verwalter gebeten, die Reisekosten für Sie und Arthur zu übernehmen.“
„Das ist wirklich nicht nötig!“
Ich zuckte die Schultern. „Es ist mein Wunsch. Und ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie ihn mir nicht abschlügen.“
„Also gut. Ich sehe, wie wichtig es für Sie ist.“
Es klopfte. Ivy steckte den Kopf zur Tür herein und sagte: „Hoffentlich störe ich nicht.“
„Aber nein“, beruhigte Andrew sie. „Emily plant, mit meinem Bruder und mir nach Afrika zu reisen. Ich verlasse mich darauf, dass Sie ihr bei der Auswahl ihrer Garderobe behilflich sind. Auf keinen Fall sollte man in der Wildnis Kleider mit Schleppe tragen.“
Ivy lächelte. „Darüber haben wir uns längst Gedanken gemacht. Ja, wir haben sogar schon eine Lösung gefunden. Bestimmt werden Sie zufrieden sein.“ Sie wandte sich mir zu.
„Emily, ich fahre jetzt zu Victoria. Kann ich noch etwas für dich tun, ehe ich aufbreche?“
„Nein, danke. Grüß bitte alle von mir.“
Sie nickte mir zu und verließ den Raum.
Andrew betrachtete mich nachdenklich. „Darf ich Sie um einen Gefallen bitten, Emily?“
Fragend hob ich die Augenbrauen.
„Darf ich Ihnen einen Abschiedskuss geben? Wenn wir uns das nächste Mal sehen, werden wir gemeinsam auf der Suche nach Ihrem Gemahl sein. Nie wieder werden wir so unbeschwert miteinander umgehen können wie in den letzten Monaten. Es war die schönste Zeit meines Lebens. Ich würde dieses Kapitel gern mit einem Kuss beschließen.“
Er lächelte. Doch mir war, als sähe ich deutlich den Schmerz in seinen Augen. Spontan sagte
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