Todesacker
Sünde zu sterben .‹«
»Ich bin nicht besonders bibelfest, Ben. Ich habe sie natürlich gelesen. Aber ich habe die Wunder in der Regel überblättert und bin gleich zur Zeugung und zur Tötung der Erstgeborenen übergegangen.«
»Das habe ich nicht gemeint.«
Fry beschloss, es dabei zu belassen. Manche Dinge würden immer unerklärlich bleiben. Das lag in der Natur der Kommunikation zwischen Menschen. Oder zumindest zwischen ihr und Ben Cooper.
»Also, was hat dir die nette alte Dame erzählt?«, fragte sie.
»Eine Menge Dinge, die nicht relevant waren«, gab Cooper zu.
»Was du nicht sagst.«
»Aber ich glaube, es waren ein paar Schnipsel dabei, die interessant sein könnten. Ich muss sie natürlich erst nachprüfen. Mir Bestätigung einholen.«
»Falls Großmütterchen nur phantasiert, wovor ich dich gewarnt habe.«
»Nein, ich glaube nicht, dass sie das tut. Sie hat einen ziemlich aufgeweckten Eindruck gemacht, auch wenn sie ein bisschen zu geschwätzig war.«
Im Hintergrund war plötzlich ein Geräusch zu hören: das Lachen einer Frau. Fry versuchte, sich die Szene am anderen Ende der Leitung auszumalen, was ihr jedoch nicht ganz gelang. Sie konnte sich Cooper vorstellen, wie er vielleicht mit einem Getränk vor sich dasaß, ungezwungen und entspannt, umringt von seinen Freunden. In Frys Phantasie waren es viele Freunde, die allerdings verschwommen und gesichtslos waren.
»Erzähl weiter, Ben.«
»Tja, Mrs Greatorex zufolge ging auf der Pity Wood Farm mehr vor sich als nur Landwirtschaft. Sie hat gesagt, dass oft zu viele Leute dort gewesen wären – weit mehr, als auf einer Farm sein sollten, und nicht immer zur Erntezeit. Das würde den Eindruck bestätigen, den ich aus den Farm-Akten gewonnen habe. Und es waren nicht immer nur Männer, sagt sie. Mrs Greatorex behauptet, das hätte jeder gewusst.«
»Dann sind die drei weisen Affen genau so, wie ich es mir gedacht hatte.«
»Nichts Böses gesehen, gehört und gesagt?«
»Ja...« Fry zögerte. »Nein, das stimmt nicht ganz, oder? Sie halten sich nur an den dritten Teil.«
»Was bedeutet, dass sie etwas gesehen und gehört haben müssen. Sie weigern sich nur, darüber zu sprechen.«
»Genau. So sind die Leute doch hier in der Gegend, nicht wahr?«
Irgendjemand schien etwas zu ihm zu sagen und ihn von seinem Telefongespräch abzulenken. Fry hatte den Eindruck, dass er einen Augenblick die Hand über die Muschel hielt, um die Unterhaltung mit seinen Freunden zu dämpfen.
Natürlich konnte es auch sein, dass Cooper diese Leute gar nicht als Freunde, sondern nur als Bekannte bezeichnet hätte – Leute, mit denen er im Pub saß. Vertraut genug, um Zeit mit ihnen zu verbringen, wenn er nicht im Dienst war, ohne irgendetwas über sie wissen zu müssen, außer was sie tranken, wenn er an der Reihe war, die nächste Runde zu holen. Diese Art von Beziehung war äußerst seicht, oder etwa nicht? Es gab also keinen Grund, zu bereuen, dass sie selbst keine solchen Bekannten hatte.
»Vielleicht«, sagte Cooper. »Aber ursprünglich stammt diese Redewendung von einer Schnitzerei in einem japanischen Schrein. Die drei weisen Affen verkörpern das Prinzip › Wenn wir nichts Böses sehen, hören oder sagen, wird uns alles Böse erspart werden. ‹ Das ist ein Wortspiel mit dem japanischen Begriff für Affe. Aber manchmal hat dieses Sprichwort noch einen vierten Teil: › Nichts Böses tun. ‹ Die meisten Leute scheinen das zu vergessen.«
Cooper sah sich im Pub nach Liz um. Sie hatte ein paar Freunde entdeckt und plauderte angeregt mit ihnen an einem anderen Tisch. Er verspürte einen momentanen Anflug von Eifersucht. Sie hatte ihn allein gelassen, damit er in Ruhe telefonieren konnte, und genau das hatte er sich gewünscht, oder etwa nicht?
Fry war ziemlich still am anderen Ende der Leitung. Und das war ebenfalls merkwürdig. Cooper hatte das Gefühl, dass sie endlich seine Gedanken hätte unterbrechen sollen, um ihm zu sagen, was zu tun war.
»Alles in Ordnung mit dir, Diane? Soll ich am Nachmittag ins Büro kommen, damit wir die Sache besprechen können?«
»Ich habe eine neue Aufgabe bekommen, Ben«, sagte sie.
»Eine neue...?« Cooper war sich nicht sicher, was sie damit meinte.
»Du wirst mich eine Weile nicht sehen. Ich gehe auf Reisen. Mr Kessen möchte, dass ich nach Dublin fliege, um Martin Rourke zu vernehmen. Ich muss mit der Garda Síochána Kontakt aufnehmen.«
»Irland? Das ist ja großartig.«
»Tatsächlich?«
»Du solltest
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