Todesacker
haben.«
Die Durchsuchung von Tom Farnhams Haus lieferte bruchstückhafte Einblicke in sein Leben. Er hatte sich für alles interessiert, was mit Mechanik und Technik zu tun hatte, vom Innenleben alter Gartenmaschinerie bis hin zu einfachen Computerprogrammen. Sein PC-System umfasste etliche Peripheriegeräte – Scanner, Farbdrucker, Webcam sowie einige andere Geräte, die Cooper nicht identifizieren konnte. In dieses System war Geld investiert worden. Sicher mehr Geld, als man mit der Reparatur von Rasenmähern verdienen konnte.
Im Arbeitszimmer entdeckte Cooper eine Pinnwand, die mit Fotos zugepflastert war. Alle zeigten Tom Farnham selbst, wie er sein zögerliches Lächeln an verschiedenen Orten rund um die Welt lächelte. Doch es handelte sich nicht um Urlaubsfotos. Auf einem davon tanzte Farnham mit Marilyn Monroe, auf einem anderen schüttelte er Winston Churchill die Hand, und auf einem dritten stand er hinter Stalin auf dem Balkon des Kreml. Dort lachte Tom zusammen mit Roosevelt über einen Witz, und in der unteren Ecke hatte er Frank Sinatra den Arm um die Schultern gelegt wie ein bislang unbekanntes Mitglied des Rat Pack.
Cooper betrachtete die Fotos genauer. »Mr Farnham konnte sehr gut mit Photoshop umgehen, Diane. Aber es sieht auch so aus, als hätte er eine Menge Übung gehabt.«
Fry sah ihm über die Schulter. »Du meinst, er hat sich selbst in alle diese Fotos hineinmontiert? Warum er das wohl gemacht hat?«
»Vielleicht war er besessen von Prominenten? Im wahren Leben hätte er diese Leute niemals kennengelernt, aber er konnte sich die Fotos ansehen und so tun als ob.«
»Die sind alle längst tot, Ben. Die meisten waren bereits tot, bevor er geboren wurde.«
»Okay, dann war er eben von toten Prominenten besessen.«
»Ziemlich traurig.«
»Jeder findet seinen eigenen Weg, um sich durchs Leben zu schlagen.«
»Sinatra, Churchill, Monroe?«, sagte Fry. »Sieht nicht so aus, als ob da ein System dahintersteckt, oder?«
»Ich kann keines erkennen. Mir kommt das eher vor wie eine Quizfrage: Was haben alle diese Menschen gemeinsam?«
»Ich mag keine Fragen ohne Antworten«, sagte Fry.
»Sieht so aus, als hätte Farnham Arbeitslosengeld bezogen«, sagte Cooper. »Hier ist ein Kalender, aber es sind nur die Tage markiert, an denen er seine Postschecks bekommen hat – alle vierzehn Tage.«
»Aber er hat doch nebenbei noch Geld verdient, oder?«
»Illegal natürlich.«
»Ich wette, seine Besucher gestern Abend waren irgendwelche kriminellen Freunde von ihm, mit denen er sich überworfen hat.«
»Freunde mit Neun-Millimeter-Pistolen in der Tasche? Das klingt eher nach einer Straßenbande aus Manchester oder so.«
Fry lachte. »Wen kennen wir aus Manchester, der eine Verbindung zu diesem Fall hat?«
»Mr Goodwin, der Anwalt? Das kann nicht sein, oder?«
»Es sind schon seltsamere Dinge vorgekommen«, sagte Fry.
Die Küche erinnerte Fry an die Pity Wood Farm, wenn auch nur wegen des Durcheinanders, das dort herrschte. Gavin Murfin hatte eine weitere Tür auf der anderen Seite entdeckt.
»Wohin führt die, Gavin?«
»Keine Ahnung, es ist so dunkel, dass man nichts sieht.«
Murfin tatstete die Wand nach einem Lichtschalter ab. »Ah. Es werde Licht.«
»Sieht aus wie ein Vorratsraum.«
Die Tiefkühltruhe in Farnhams Vorratsraum war voll mit ordentlich eingewickelten Päckchen. Fry nahm ein paar davon heraus und tastete sie nach ihrem Inhalt ab. Sie kannte die Form eines Rippenstücks oder abgepackter tiefgefrorener Würste. Doch diese Päckchen waren seltsam kantig und unförmig. Sie zog Latexhandschuhe an und öffnete den erstbesten Gefrierbeutel. Noch bevor sie die letzte Schicht entfernte, sah sie eine Reihe entblößter Zähne durch die Folie grinsen. Einen Augenblick später enthüllte sie ein einzelnes dunkles Auge.
»Mein Güte, was ist das denn?«
Cooper kam zu ihr und sah zu, als sie das gefrorene Wesen langsam freilegte. Das Fell um den Kopf herum war dunkel und steif. Ein starres Paar winziger Füße lag eng an der Brust an.
»Eine Ratte«, stellte Fry fest. »Wer bewahrt bitte eine tote Ratte in der Tiefkühltruhe auf?«
»Nein«, widersprach ihr Cooper. »Das ist ein Eichhörnchen.«
Frys Hände zitterten ein wenig, als sie den gefrorenen Kadaver auf eine Plastikschachtel mit Eiscreme legte. Sie deckte die Augen des Tieres zu, obwohl sie wusste, dass es völlig unsinnig war, Angst davor zu haben, es könnte den Kopf drehen und sie vorwurfsvoll anstarren, weil
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