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Todesacker

Todesacker

Titel: Todesacker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Booth Thomas Bauer
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berührt hatte, der in Tom Farnhams Garage sichergestellt worden war. Sie hatte sich kühl und glatt angefühlt, abgenutzt vom Alter – und von ehrfürchtigen Berührungen.
    Vor allem aber sollten sie dort gelassen werden, wo sie hingehörten. Man sollte einen Schädel niemals an einen anderen Ort bringen.
    »Anscheinend ist keine dieser Frauen sehr lange auf Pity Wood geblieben«, stellte Fry fest. »Sie kamen, und im Handumdrehen waren sie wieder verschwunden. Vielleicht gefiel es ihnen nicht, dass sie mit konservierten Körperteilen unter einem Dach leben mussten. Das kann ich ihnen nicht verübeln.«
    »Die Slowakin, Nadezda Halak – hast du das Foto von ihr griffbereit?«
    »Ja.«
    »Sie lächelt darauf, oder?«, fragte Cooper.
    »Das tun viele Leute. Das hat nichts zu bedeuten. Man muss genauer hinsehen.«
    Cooper kniff die Augen zusammen und nahm das Foto noch einmal unter die Lupe. »Nein. Sie wirkt immer noch fröhlich.«
    Er legte das Foto auf seinen Schreibtisch, setzte sich und betrachtete es noch ein paar Minuten lang, nachdem Fry sich entfernt hatte.
    Ja, Nadezda sah glücklich aus. Na und? Vielleicht hatte sie zu den Menschen gehört, denen es gelang, auch in den schwierigsten Phasen ihres Lebens zu lächeln. Es war ihm ein Rätsel, wie jemand unentwegt lächeln und trotzdem verzweifelt sein konnte. Doch das kam vor. Es hatte den Anschein, als fürchteten sie, dass ein Wort des Mitgefühls oder der Anteilnahme ihre Welt auseinanderbrechen lassen würde und dass nur ein Lächeln sie zusammenhalten könne. Ihre lächelnde Fassade wurde zu einer Verteidigungsmaßnahme, zu einem Schutzwall, um die Außenwelt abzuwehren und alle anderen daran zu hindern, in ihr heimliches Elend einzudringen. Aber warum war niemand Nadezda nahe genug gekommen, um hinter dieses Lächeln sehen zu können?
    Dann fiel Cooper etwas ein, das er hatte fragen wollen. »Übrigens, Diane, du gehst nicht weg, oder?«
    Zu seiner Verwunderung packte sie ihn fest am Ärmel. Als ihm ihre Gewaltbereitschaft bewusst wurde, zuckte er zusammen. Er wusste, wozu sie imstande war, bekam es jedoch so selten zu sehen, dass es ihm gelungen war, es zu verdrängen.
    »Was weißt du?«, fauchte sie.
    »Nichts. Gavin hat nur irgendwas erwähnt. Tratsch, vermutlich.«
    »Wurde über mich geredet, während ich in Irland war?«
    »Nein, Diane. Tja, zumindest nicht dass ich wüsste. Du weißt ja, dass ich immer alles als Letzter mitbekomme.«
    Sie ließ seinen Ärmel los. »Früher war das so. Ich bin mir aber nicht sicher, ob es immer noch so ist.«
    Cooper strich seinen Ärmel glatt und starrte sie verwundert an. Er hatte keine Ahnung, was diesen Gefühlsausbruch ausgelöst hatte.
    »Was meinst du damit, Diane?«
    Sie sah sich im Zimmer um und beugte sich vor, um ihm ins Ohr zu flüstern. »Diese Informationen über das Crystal-Meth-Labor – hast du die vielleicht zufällig von meiner Schwester bekommen?«
    Dies war einer jener Momente, in denen Cooper bewusst war, dass es keinen Sinn hatte, zu lügen. Fry fixierte ihn mit einem derart unverwandten Blick, dass ihr schon der leiseste Versuch, die Wahrheit zu verschleiern, aufgefallen wäre.
    »Ja, Diane, das habe ich. Sie...«
    Fry fiel ihm ins Wort. »Erspar mir die schmutzigen Details. Du sollst nur wissen, dass sie verschwunden war, als ich heute nach Hause gekommen bin.«
    Die Tür ging auf, und Murfin kam von seinem Gespräch mit der neuen Superintendent zurück. Er wirkte verstört, und es hatte den Anschein, er hätte ein starkes Getränk brauchen können oder auch zwei.
    Fry richtete sich auf, als sei nichts geschehen.
    »Wie ist es gelaufen, Gavin?«
    Murfin sah sie an. »Wie es gelaufen ist? Ich kann nur so viel sagen: Was einen nicht umbringt, härtet ab.«
     
    Eine Stunde später erhob sich Fry nach einer Besprechung mit Superintendent Branagh und ihren anderen Vorgesetzten. Zumindest war es ihnen gelungen, mit ziemlicher Sicherheit zu bestimmen, wie Nadezda Halak gestorben war. Die Gutachten, die inzwischen vom Forensic Science Service vorlagen, waren sich darin einig, dass ihr Weichgewebe durch eine Phosphorwasserstoffexplosion beschädigt worden war. Die winzigen Frakturen von Nadezdas Handknochen waren vermutlich die Folge eines vergeblichen Versuchs, sich vor den Trümmern zu schützen, die durch die Explosion herumgewirbelt worden waren.
    Orla Doyles Rolle auf der Pity Wood Farm war bislang noch nicht geklärt. Aufgrund ihrer Vorgeschichte in Dublin gab es allerdings eine Vermutung.

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