Todesacker
eine halbe Million Schafe. Sie waren ein Teil der Landschaft, diese weißen, wolligen Kleckse, die sich wie Schnee über die Hänge verstreuten. Sie waren ein Unfallrisiko auf nicht eingezäunten Straßen, vor allem nachts auf den hohen Pässen des Dark Peak, wenn der warme Asphalt sie anlockte und ihre Augen plötzlich im Scheinwerferlicht funkelten, nachdem man um eine Kurve gefahren war.
Ja, manche Leute waren der Ansicht, dass es im Peak District bereits zu viele Schafe gab.
Als Fry aus der Leichenhalle zurückkam, faltete Cooper einen Plan auf, der einigen Dokumenten beigefügt war.
»Weißt du, Tom Farnham hat gesagt, sie hätten früher immer Anhänger an der Stelle geparkt, wo das erste Grab gefunden wurde.«
»Ja?«, entgegnete Fry.
»Tja, ich bin die Akten durchgegangen und habe dabei die Kopie eines Plans gefunden, der für die Übertragungsurkunde zwischen den Suttons und den vorherigen Eigentümern gezeichnet wurde. Darauf ist eindeutig ein Gebäude in diesem Bereich des Grundstücks zu erkennen.«
»Bist du sicher?«
»Ja, und es muss ein ziemlich großes Gebäude gewesen sein. Es sieht so aus, als hätte es von der Ecke der Koppel bis fast zum ersten Tor gereicht, genau entlang dieser Mauer.«
»Ist vermerkt, um was für ein Gebäude es sich gehandelt hat?«
»Nein, da steht nur ›Nebengebäude‹.«
Fry warf einen Blick auf den Plan. »Möglicherweise wurde der Plan nur von einem alten Dokument abgezeichnet. Niemand macht sich die Mühe, jedes Mal, wenn ein Anwesen verkauft wird, hinzufahren und einen neuen Plan davon zu zeichnen, oder? Dieser Plan zeigt also vermutlich, wie die Farm zum Zeitpunkt eines früheren Verkaufs ausgesehen hat.«
»Möglich«, sagte Cooper.
»Farmen verändern sich doch ständig, oder? Farmer reißen alte Gebäude ab und stellen ruckzuck neue hin. Sie sind nicht an dieselben Bauvorschriften gebunden wie der Rest von uns.«
»Das stimmt. Aber ein Gebäude von dieser Größe... na ja, das war nicht nur irgendein alter Schweinestall, der nicht mehr gebraucht wurde.« Cooper schüttelte den Kopf. »Schade, dass keine Fotos von der Pity Wood Farm aus dieser Zeit existieren.«
»Schön wär’s.«
Er steckte den Plan wieder in die Dokumentenmappe, in der er ihn gefunden hatte.
»Wusstest du, dass an dieser Stelle eigentlich nie hätte gegraben werden sollen?«, fragte Fry. »Zumindest nicht von der Baufirma. Jamie Ward hat einen völlig unnötigen Graben ausgehoben, als er auf die erste Leiche stieß.«
»Der neue Eigentümer hatte vielleicht vor, später Landschaftsgärtner hinzuzuziehen, oder wollte den Garten womöglich selbst in Angriff nehmen.«
»Sprechen wir von dem Anwalt aus Manchester namens Goodwin?«
»Genau.«
»Ist er begeisterter Hobbygärtner?«
»Ich habe keine Ahnung, Diane.«
»Mich würde interessieren, warum er diese Farm überhaupt gekauft hat«, sagte Fry.
»Hat er nicht gesagt, er möchte der Ruhe und des Friedens wegen aufs Land ziehen? Du hast es einen Gang runterschalten genannt, nicht wahr?«
»Ich habe gemeint, warum ausgerechnet diese Farm?Warum Pity Wood? Das Anwesen ist doch völlig heruntergekommen. Es muss für Pendler jede Menge attraktivere Angebote geben, die nahe genug an Manchester liegen.«
»Natürlich. Aber wahrscheinlich war es eine Preisfrage. Dieses Anwesen war bestimmt wesentlich billiger als die meisten anderen. Man braucht nur tiefe Taschen für die Modernisierungsarbeiten.«
»Was wäre, wenn er einen anderen Grund hatte, warum er sich ausgerechnet für dieses Anwesen entschieden hat? Einen dringenderen Grund?«
Cooper dachte einen Moment nach. »Meinst du, er hat womöglich gewusst, dass auf der Farm zwei Leichen vergraben waren, und konnte nicht riskieren, dass jemand anderer sie kauft und vielleicht die Gräber entdeckt?«
»Warum nicht?«
»Möglich wäre es«, sagte Cooper. »Es würde die Eile erklären.«
»Gab es denn Eile?«
»Sie haben sich nicht einmal die Zeit genommen, die Maschinen zu verkaufen.«
»Ach, die. Tja, das Ganze ergibt langsam einen Sinn. Ich glaube, ich werde Mr Goodwin anrufen und ihn fragen, warum er sich ausgerechnet für Pity Wood entschieden hat.«
»Du hast keine Beweise für diese Theorie, Diane.«
»Irgendjemand muss ja die Initiative ergreifen.«
Cooper zog eine Augenbraue hoch. Er hatte den Eindruck, dass Diane bereits auf die bevorstehende Ankunft der neuen Superintendent reagierte. Sie war zweifellos der Auffassung, dass sie mit einer weiblichen
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