Todesacker
noch bei der Polizei waren.«
»Ja, ein paar Mal. Höflichkeitsbesuche, mehr nicht. Ich nehme an, so etwas machen Sie heutzutage nicht mehr, oder? Nein, das dachte ich mir schon. Sie warten, bis ein Verbrechen gemeldet wird, um die gesetzestreue Bevölkerung kennenzulernen. Und dann ist es bereits zu spät für ein richtiges Verhältnis.«
»Wir sind nicht gekommen, um uns Kritik an den modernen Polizeimethoden anzuhören«, sagte Fry.
Palfreyman seufzte. »Meine Ansichten interessieren Sie nicht. Ich verstehe schon, Sergeant. Ich bin nur ein unbedeutender alter Dinosaurier. Ich kann unmöglich über Polizeiarbeit Bescheid wissen, nachdem ich mich bereits im Ruhestand befinde.«
»Die Pity Wood Farm...?«, sagte Fry
»Ich wurde nie zu einem Zwischenfall dorthin gerufen. Und ich habe auch nie gehört, dass irgendein anderer Polizist wegen eines Zwischenfalls dort gewesen wäre. Während meiner Zeit gab es mit Sicherheit keine Vermisstenanzeigen. Keine, die von der Farm eingegangen wären, und keine, die zu Ermittlungen auf der Farm geführt hätten. Aber das müssten Sie ja eigentlich wissen – Sie haben es bestimmt schon nachgeprüft.«
»Selbstverständlich. Aber haben Sie bei Ihren Höflichkeitsbesuchen vielleicht irgendwelche Gastarbeiter kennengelernt, die dort beschäftigt waren? Hatten Sie irgendeinen Grund, sich zu fragen, was aus dem einen oder anderen von ihnen geworden ist?«
»Ich vermute, Sie denken dabei an die Frauen? Das sagen Sie zwar nicht, aber es ist offensichtlich. Ihre Theorie lautet, dass eine der Arbeiterinnen während ihres Aufenthalts getötet und auf der Farm begraben wurde. Nein... zwei Arbeiterinnen.« Palfreymans Augen funkelten. »Interessante Theorie. Zwei Morde, die beide unentdeckt blieben. Und die drei Jahre auseinanderliegen, wenn die Berichterstattung in den Medien stimmt.«
»Ungefähr«, sagte Fry hörbar ungeduldig.
»Vorsicht, Sergeant, Sie geben beinahe Informationen preis. Nicht ausdrücklich, aber das war zumindest eine Bestätigung.«
Cooper spürte, dass Fry dem Spiel vermutlich bald ein Ende setzen würde. Geduld war nicht ihre Stärke, und Palfreyman brachte sie nah an ihre Grenzen. Es würde dem Expolizisten nicht gefallen, wenn er ihre andere Seite zu sehen bekam.
»Ich kann mich nicht daran erinnern, ob Sie mich gefragt haben, wie lange ich schon im Ruhestand bin«, sagte er in einem versöhnlicheren Tonfall. Vielleicht war auch er in der Lage, den Ausdruck in Frys Augen zu deuten. »Ich sage es Ihnen trotzdem: Ich habe vor etwas mehr als vier Jahren meine dreißig Jahre Dienstzeit hinter mich gebracht. Eine Abschiedsfeier, nette Worte vom Chef, ein feuchtfröhlicher Abend im Pub mit den Kollegen. Und dann bin ich mit meiner Pension in der Tasche zur Tür hinausmarschiert. Und niemand hat jemals wieder einen Gedanken an Dave Palfreyman verschwendet. Sobald ich meine Dienstmarke abgegeben hatte, war ich Geschichte.«
»Und damit wollen Sie sagen …?«
»Dass ich nicht mehr im Dienst war, als Ihre Morde begangen wurden, Sergeant. Falls es überhaupt Morde waren. Haben Sie denn stichhaltige Beweise?«
»Sie sind nicht mein Detective Inspector«, erwiderte Fry.
»Nein.«
»Dann hören Sie bitte auf, mit mir zu sprechen, als wären Sie es.«
Palfreyman neigte den Kopf. »Verzeihung, Sergeant.«
Eine beklemmende Stille kehrte ein. Cooper rutschte unbehaglich in seinem Sessel hin und her. Er verspürte das dringende Bedürfnis, irgendetwas zu sagen, um das Schweigen zu brechen, hatte aber Angst, damit Frys Strategie zu durchkreuzen. Vorausgesetzt, sie hatte eine Strategie. Doch sie konnte so lange schweigen wie nötig, und es war Palfreyman, der die Stille brach.
»Sie haben gestern den Brindleys drüben auf der Shawn Farm einen Besuch abgestattet, nicht wahr?«, sagte er.
»Sehr aufmerksam. Sie kennen sie?«
Palfreyman nickte. »Ja, ich kenne sie. Alex und Jo. Die beiden haben zwei Kinder im Teenageralter, Chrissie und Evan. Die Eltern sind ein bisschen versnobt, um es vorsichtig auszudrücken.«
»Sie meinen, sie sind ein bisschen penibel, was den Umgang ihrer Kinder betrifft?«
»Penibel? Jedes Kind, das ihr Haus betreten möchte, muss vorher eine Aufnahmeprüfung machen. Hochnäsig, das sind die Brindleys. Arrogant. Aber das ist Ihnen ja vermutlich aufgefallen.«
Fry lächelte nicht. »Sie scheinen wesentlich mehr über die Brindleys zu wissen, als sie von Ihnen wissen.«
Palfreyman zuckte mit den Schultern. »So ist das eben. So mag ich es, um
Weitere Kostenlose Bücher