Todesangst
zusammenlebte.«
»Der Name kommt mir bekannt vor«, meinte Howard.
»Sollte er eigentlich nicht«, sagte Shirley Montgomery streng, »sie ist Stripteasetänzerin im ›Club Cabaret‹ im Rotlichtbezirk.«
»Ach, du meine Güte!« Dr. Howard mußte ungewollt kichern.
»Jason!« fauchte sie. »Da gibt es nichts zu lachen!«
»Ich lache ja gar nicht«, verteidigte er sich. »Ich bin lediglich erstaunt.«
»Na, wenn Sie schon erstaunt sind, was glauben Sie wohl, was unser Aufsichtsrat dazu sagt? Wenn ich bloß daran denke, daß ich es war, die auf den Abschluß mit Hayes drängte. Der Tod des Mannes war schon schlimm genug. Jetzt entwickelt sich die Geschichte in bezug auf unser Image direkt zum Alptraum.«
»Was wollen Sie denn jetzt unternehmen?« fragte Dr. Howard.
»Ich habe noch nicht die leiseste Ahnung«, mußte sie zugeben. »Im Augenblick sagt mir mein Gefühl, je weniger wir tun, um so besser ist es.«
»Was halten Sie denn von seiner angeblich bahnbrechenden Entdeckung?«
»Ich glaube eigentlich eher, daß Hayes sich das eingebildet hat«, antwortete sie. »Wenn ich bloß daran denke, daß er offenbar mit Drogen handelte und sich mit einer Stripteasetänzerin eingelassen hat!«
Aufgebracht kehrte sie in den Hauptraum zurück, wo sich Curran weiterhin ausführlich mit Helene Brennquivist unterhielt. Die beiden anderen Männer durchsuchten mit Hilfe des Hundes sorgfältig das Labor. Jason Howard schaute ihnen kurz zu und entschuldigte sich dann mit der Erklärung, daß er sich noch um Patienten kümmern müsse. Es waren noch eine Reihe nichtstationärer Patienten bei ihm angemeldet, und außerdem mußte er seinen Rundgang in der Klinik machen.
Auf dem Rückweg in seine Praxisräume ging Dr. Howard - obwohl er mehr als je zuvor davon überzeugt war, daß Alvin Hayes weit eher vor einem Nervenzusammenbruch gestanden war als vor einem bedeutenden wissenschaftlichen Durchbruch - in die Bibliothek und holte sich dort ein schmales Bändchen mit dem Titel DNA-Rekombination - eine Einführung für den interessierten Laien.
Der abendliche Bostoner Stoßverkehr war wie üblich geprägt vom Kampf aller gegen alle, und als Jason Howard auf seinem heimischen Parkplatz endlich die Bremse anziehen konnte, fühlte er wieder die übliche Erleichterung, daß er diesem Gerangel ohne ernstliche Schäden entkommen war. Er nahm seine Aktentasche mit hinauf in seine Wohnung und legte sie auf den Tisch in dem kleinen Arbeitszimmer, dessen Fenster auf den Platz vor dem Haus hinausging. Die inzwischen blattlosen Ulmen ragten wie Skelette gegen den nächtlichen Himmel. Die Sommerzeit war schon vorüber, und daher war es draußen bereits dunkel, obwohl es erst drei Viertel sieben war. Howard schlüpfte rasch in seinen Jogginganzug und trabte dann die Mt. Vernon Street hinunter, überquerte den Storrow Drive auf der Arthur-Fiedler-Brücke und lief dann den Charles River entlang. Diesem folgte er bis zur Universitätsbrücke und kehrte dann um. Im Gegensatz zum Sommer waren jetzt nur wenige Jogger unterwegs. Auf dem Rückweg kaufte er etwas frischen Fisch, Zutaten für einen gemischten Salat und eine Flasche kalifornischen Chardonnay-Wein.
Kochen zählte zu Dr. Howards Hobbys. Nachdem er geduscht hatte, bereitete er den Fisch mit kaltgepreßtem Olivenöl und ein wenig Knoblauch zu, richtete den Salat an und nahm die Weinflasche aus dem Kühlschrank. Er goß sich ein Glas davon ein, stellte alles auf ein Tablett und trug es in das Arbeitszimmer. Dann nahm er sich das kleine Buch über Rekombination vor und machte es sich gemütlich.
Der erste Teil des Buches bot eine Art Einführung in die grundsätzlichen Voraussetzungen. Natürlich war es Dr. Howard geläufig, daß die Desoxyribonukleinsäure, üblicherweise abgekürzt mit DNA oder auch DNS, ein Molekül war, das gewöhnlich in Form eines Doppelstranges vorlag. Es bestand aus einer Reihe gleichartiger Untereinheiten, Basen genannt, welche die Eigenschaft hatten, sich auf spezifische Weise zu Basenpaaren zu verbinden. Bestimmte Abschnitte der Stränge nannte man Gene, und jedes Gen war für die Erzeugung eines bestimmten Proteins zuständig.
Howard nahm einen Schluck von dem Wein und fühlte sich ermutigt. Das Buch war gut und leichtverständlich geschrieben. Auch die kleinen Nebenbemerkungen gefielen ihm - so etwa der Hinweis darauf, daß jede menschliche Zelle vier Milliarden solcher Basenpaare enthielt. Der nächste Abschnitt des Buches befaßte sich mit Bakterien und der
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