Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Todesangst

Todesangst

Titel: Todesangst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Cook
Vom Netzwerk:
Tatsache, daß diese sich sehr rasch und leicht vermehren. Innerhalb weniger Tage können sich dabei aus einer einzigen Zelle Billionen völlig gleicher Zellen entwickeln. Dies war ganz entscheidend, denn bei der Gentechnologie dienten Bakterien als Träger kleiner Abschnitte der DNA-Stränge. Diese »fremden« DNA-Bausteine werden der eigenen DNA der Bakterien eingegliedert und dann durch die Zellteilung immer wieder reproduziert. Die Bakterie mit dem neu eingesetzten DNA-Baustein ist eine Rekombinations-Wirtszelle, das neue DNA-Molekül ein rekombiniertes DNA-Molekül. So weit, so gut. Dr. Howard beendete sein Mahl und wandte sich dem nächsten Kapitel des Buches zu, in dem es schon etwas komplizierter wurde. Es ging darum, wie die jeweiligen Gene in dem DNA-Molekül ihre jeweiligen Proteine erzeugten. Der erste Teil des Kapitels erläuterte hierzu, daß ein bestimmtes Enzym eine Bausteingruppe »abliest« und als übertragbare »Boten-Ribonukleinsäure« oder kurz Boten-RNA »kopiert«. Die RNA bringt ihre Botschaft, also ihren Befehl zur Produktion bestimmter Proteine, zu den sogenannten Ribosomen, den »Baumeistern« der Proteine - und diese befolgen den Befehl.
    Dr. Howard nahm einen Schluck Wein und wandte sich dem Rest des Kapitels zu, der besonders interessant war, weil er die komplizierten Mechanismen zu erläutern versuchte, die die Gene »ein-« und »ausschalteten«.
    Der Arzt stand auf und ging quer durch das Wohnzimmer in die Küche. Er öffnete den Kühlschrank und goß sich ein weiteres Glas Wein ein. In sein Arbeitszimmer zurückgekehrt, schaute er zum Fenster hinaus und auf die Lichter des Margareten-Klosters auf der gegenüberliegenden Seite des Platzes. Es belustigte ihn immer wieder, daß hier auf einem der begehrtesten Plätze von Boston ein Kloster stand: Verlaß die materielle Welt, werde Nonne und komm nach Louisburg! Jason Howard lächelte und blickte auf das Buch hinunter. Dann setzte er sich wieder hin und las den Abschnitt über den Ablauf bei der Gen-Expression nochmals durch. Es war schwierig, aber faszinierend. Es gab da also eine Gruppe von Proteinen, die als Repressoren bestimmte Genfunktionen unterdrückten. Sie hefteten sich an die DNA-Stränge und brachten diese sozusagen dazu, sich einzurollen und die betreffenden Gene abzuschirmen.
    Howard klappte das Buch zu - für einen Abend war das genug. Außerdem war gerade der Abschnitt über die Steuerung der Genfunktionen das gewesen, wonach er unbewußt gesucht hatte. Denn die Lektüre ebendieser Passagen hatte ihn an die Äußerung von Hayes erinnert, sein Hauptinteresse gelte der Frage, wie die Genfunktionen veranlaßt und wie sie ausgeschaltet werden. Und Helene Brennquivist, seine Assistentin, hatte das gleiche gesagt, nur in etwas anderen Worten.
    Mit seinem Weinglas in der Hand wanderte der Arzt in sein Wohnzimmer hinüber. Geistesabwesend fingerte er an den Wandleuchten aus geschliffenem Glas in der Kaminecke herum; seine Gedanken beschäftigten sich mit den verschiedenen Möglichkeiten. Was konnte Alvin Hayes wohl im Sinn gehabt haben, als er von einem großen wissenschaftlichen Durchbruch sprach? Für den Augenblick ließ Howard den Gedanken, daß es nur ein Anflug von Größenwahn gewesen sein könne, ganz beiseite. Sachlich betrachtet war Hayes ein bedeutender Forscher, und er hatte sich wie ein Wilder in seine Arbeit gestürzt. Es gab also durchaus die Möglichkeit, daß er die Wahrheit gesagt hatte. Wenn er eine Entdeckung gemacht hatte, dann mußte es dabei um das »An- und Abschalten« der Gene gegangen sein, und wahrscheinlich hatte es irgendwas mit Wachstum und Entwicklung zu tun. Die Fotos im Büro von Alvin Hayes schoben sich für einen Moment vor Howards inneres Auge.
    Ein Telefonanruf riß ihn aus seinen Gedanken. Es war die leitende Schwester der Herzstation: »Brian Lennox ist gerade gestorben. Er hatte nochmals eine ganz schwere Herzrhythmusstörung, die schließlich zum Herzstillstand führte.«
    »Ich komme sofort«, erklärte Howard. Er legte den Hörer auf und dachte über die kühle, klinische Ausdrucksweise der Schwester nach - zweifellos war es eine gefühlsbezogene Schutzhaltung. Und wieder hing der Schatten des Todes über ihm wie eine unheildrohende Wolke.
     
    4
     
    Sein Radiowecker riß Jason Howard aus dem Schlaf. Er hatte ihn extra laut gestellt aus Angst, zu verschlafen. Einen Großteil der Nacht hatte er damit verbracht, der Witwe von Brian Lennox Trost zuzusprechen. Er holte die Morgenzeitung

Weitere Kostenlose Bücher