Todesangst
den Männern denn das wirklich?« fragte Penny Lambert, sichtlich unangenehm berührt.
»Eine gute Frage. Ich weiß es auch nicht. Die meisten von ihnen wirken ziemlich gelangweilt.«
Doch mit der Langeweile war es, ganz wie am Abend vorher, vorbei, als Carol Donner auftrat. Das Publikum wurde plötzlich lebendig und aufmerksam.
»Was sagen Sie zu ihr?« fragte Howard.
»Sie kann wenigstens tanzen. Aber ich kann mir nicht vorstellen, daß Ihr Bekannter ein Verhältnis mit ihr gehabt hat.«
»Genau das dachte ich mir eben auch«, sagte der Arzt. Aber im Grunde genommen war er sich da jetzt gar nicht mehr so sicher. Denn Carol Donner hatte doch eine ganz eigene Ausstrahlung, die Persönlichkeit verriet. Er hatte das so nicht erwartet.
Auch diesmal kam das Mädchen nach Beendigung ihrer Vorführung nicht herunter, um sich wie ihre Kolleginnen unter das Publikum zu mischen, und Dr. Howard gab es nach einiger Zeit auf. Auch Penny Lambert drängte zum Aufbruch. Auf der Heimfahrt verlor sie kaum ein Wort, und für Howard stand es fest, daß der Besuch im ›Club Cabaret‹ wohl keinen großen Eindruck auf sie gemacht hatte. Als er sich vor ihrer Wohnungstür von ihr verabschiedete, hatte er nicht einmal Lust, ihr zu sagen, daß er mal wieder anrufen würde. Die Alics wären nun, da war er sich sicher, bestimmt sehr enttäuscht; aber er sagte sich auch, daß sie es hätten besser wissen müssen: Jemand mit so einer Seidenschleife war gewiß nicht sein Typ.
In seine Wohnung zurückgekehrt, zog sich Howard aus, holte sich das Buch über DNA-Rekombination aus seinem Arbeitszimmer und legte sich ins Bett. Beim Gedanken daran, wie erschöpft er sich schon am Nachmittag gefühlt hatte, war er sicher, über der komplizierten Lektüre bald einzuschlafen. Aber das war keineswegs der Fall. Er informierte sich über Bakteriophagen, jene Viren, die Bakterien befallen, und über ihren Einsatz bei der Gentechnologie. Dann las er ein Kapitel über Plasmide, von denen er vor Beginn seiner Lektüre über DNA überhaupt noch nichts gewußt hatte. Er prägte sich ein, daß Plasmide winzige ringförmige DNA-Moleküle waren, die sich als Bestandteil der Bakterien getreulich reproduzierten, wenn man Bakterien als solche reproduzierte, also durch Zellteilung viel tausendfach vervielfältigte. Sie hatten eine ganz entscheidende Funktion bei der Aufgabe, bestimmte DNA-Segmente auf Bakterien zu übertragen.
Noch immer hellwach, warf Jason Howard einen Blick auf seine Uhr. Es war nun schon nach zwei, und an Schlaf war überhaupt nicht zu denken. Er stand auf, ging ins Wohnzimmer hinüber und blickte durchs Fenster auf den Louisburg Square hinunter. Ein Auto kam herangefahren; es war der Mieter der Erdgeschoßwohnung hier im Haus. Er war ebenfalls Mediziner, und obwohl sie ein durchaus freundliches Verhältnis miteinander hatten, wußte Howard kaum etwas über den Mann; es waren ihm lediglich seine ständigen Bekanntschaften mit attraktiven Frauen aufgefallen. Wie fast nicht anders zu erwarten, stieg auch jetzt wieder eine hübsche Blondine aus, und mit halblautem Kichern verschwand er mit ihr im Haus. Der unvermutete Beobachter hörte, wie die Haustür ins Schloß fiel, dann kehrte wieder Stille ein.
Jason Howard konnte die Gedanken an Carol Donner nicht verdrängen; mehr denn je zuvor wünschte er sich, mit ihr reden zu können. Er warf einen weiteren Blick auf die Uhr und hatte plötzlich eine Idee. Rasch zog er sich an und stieg nochmals ins Auto.
Trotz gewisser Bedenken wegen der Dinge, die ihn dort vielleicht erwarteten, fuhr der Arzt ins Vergnügungsviertel zurück. Im Gegensatz zum Rest der Stadt herrschte dort noch reger Betrieb. Er fuhr wieder zum ›Club Cabaret‹, dann aber bewußt daran vorbei, wendete und suchte sich in einer gegenüber einmündenden Straße einen Parkplatz. Er schaltete die Zündung aus und schaute sich etwas um. Einige wenig vertrauenerweckende Gestalten, die auf dem Gehsteig herumlungerten oder in Hauseingängen standen, veranlaßten ihn, sorgfältig zu prüfen, ob auch alle Wagentüren verriegelt waren.
Von seinem Platz aus konnte er den hell erleuchteten Eingang des ›Club Cabaret‹ sehen.
Nachdem er eine Weile so in seinem Wagen gesessen hatte, sah er einen Pulk von Leuten aus dem ›Club Cabaret‹ kommen und sich nach allen Seiten verstreuen. Kurze Zeit darauf folgte ihnen ein Schwarm von Mädchen. Sie schwatzten vor dem Ausgang noch ein wenig miteinander und gingen in verschiedenen Richtungen
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