Todesangst
mit seinen eleganten lederbesohlten Halbschuhen war er dem Muskelmann in Turnschuhen hoffnungslos unterlegen. Der brüllte »Verdammter Lüstling!« und hatte ihn im Nu am Wickel.
Howard schlug einen Haken und versuchte den Mann am Bein zu packen, um ihn zu Fall zu bringen. Doch das war so, als ob er nach dem Bein eines Konzertflügels gegriffen hätte. Howard fühlte sich vielmehr in die Höhe gerissen, und da ihm die ungleichen Chancen für eine körperliche Auseinandersetzung sofort schmerzlich bewußt wurden, versuchte er es lieber mit einem Wortgefecht. Verzweifelt schrie er seinen Gegner an: »Warum raufen Sie denn nicht lieber mit jemandem, der Ihnen ebenbürtig ist!«
»Weil ich Spanner nicht leiden kann!« war die Antwort des Muskelprotzes, und er riß ohne jede Mühe Howard von den Füßen.
Der aber wand sich äußerst schnell erst nach links und dann nach rechts aus seiner Jacke heraus, die seinem Angreifer in den Händen blieb, und rannte dann wie ein Blitz den schmalen Weg hinunter, wobei er seinem Gegner noch eine Mülltonne in den Weg kippte.
»Ich werd dich lehren, hinter Carol herzuschnüffeln!« schrie der Rausschmeißer und nahm Howards Verfolgung auf, die Mülltonne ohne Anstrengung zur Seite kickend. Doch jetzt zahlte sich Howards jahrelanges Jogging aus. Obwohl der Muskelprotz erstaunlich schnell war, konnte der Arzt hören, wie sein Atem immer angestrengter ging. Howard hatte schon fast das Ende des Fußwegs erreicht, als er auf ein paar feuchten Abfällen ausrutschte und für einen Augenblick das Gleichgewicht verlor. Er war gerade wieder sicher auf den Beinen, als eine schwere Hand auf seine Schulter krachte und ihn herumwirbelte.
7
»Stehenbleiben! Polizei!« zerriß plötzlich eine Stimme die nächtliche Stille von Boston. Jason Howard erstarrte, und desgleichen der Muskelmann. Die Türen eines Wagens, der offenbar ein nicht gekennzeichnetes Polizeifahrzeug war und gegenüber der Einmündung des Fußwegs geparkt war, öffneten sich, und drei Männer, offensichtlich Polizeibeamte in Zivil, sprangen heraus. Schon wieder wurde Dr. Howard aufgefordert: »Hände hoch und gegen die Wand! Beine spreizen!« Er gehorchte sofort. Nicht so der Rausschmeißer; der zögerte erst einen Augenblick und zischte dann Howard zu: »Daß ein Scheißkerl wie du immer noch so Glück hat!« Erst dann kam er dem Befehl nach.
»Maul halten!« schrie einer der Polizisten. Der Arzt und sein Verfolger wurden rasch und sorgfältig durchsucht, dann forderte man sie auf, sich umzudrehen und die Hände hinter dem Kopf zu verschränken. Einer der Polizisten in Zivil überprüfte im Schein einer Taschenlampe ihre Papiere.
»Bruno DeMarco?« fragte er und richtete den Strahl der Lampe auf den Muskelprotz. Dieser nickte, und der Lichtstrahl traf den Arzt.
»Dr. Jason Howard?«
»Ja, das bin ich.«
»Was geht hier vor?« fragte der Beamte.
»Dieser Typ hier hat mein Mädchen belästigt«, behauptete DeMarco in dramatischem Tonfall. »Er hat sie verfolgt!«
Der Polizist ließ seinen Blick zwischen dem Rausschmeißer und dem Arzt hin und her wandern und ging schließlich zum Wagen. Er öffnete die hintere Tür und nahm etwas vom Rücksitz. Als er zurückkam, überreichte er DeMarco dessen Brieftasche und empfahl ihm, nach Hause zu gehen und sich schlafen zu legen.
Zunächst tat dieser so, als hätte er nicht recht verstanden, aber schließlich nahm er seine Papiere an sich.
»Dein Gesicht werde ich mir merken, du Arschloch!« rief er Howard noch zu, ehe er sich in Richtung Beacon Street davonmachte.
Dieser seinerseits war völlig verblüfft. Er konnte nicht glauben, daß die Polizisten seinen Angreifer laufenließen und nicht ihn. Doch es kam noch schlimmer.
»Und Sie - «, der Polizeibeamte richtete seinen Zeigefinger auf den Arzt, »in den Wagen mit Ihnen!«
Howard wollte protestieren, doch der Beamte packte ihn am Arm und schubste ihn in das Polizeifahrzeug.
»Sie können einem weiß Gott auf den Wecker gehen!« erklang die Stimme von Michael Curran. Er saß auf der Rückbank des Autos, grantig vor sich hin paffend. »Ich hätte wirklich warten sollen, bis dieser Kerl da Sie durchgewalkt hat.«
Dr. Jason Howard war für einen Augenblick wirklich sprachlos.
»Ich hoffe«, fuhr der Kriminalbeamte fort, »daß Sie wenigstens den Hauch einer Vorstellung davon haben, wie Sie in dieser Angelegenheit alles vermasseln. Zunächst beobachten wir die Wohnung von Alvin Hayes - da tauchen Sie auf und
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