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Todesblueten

Todesblueten

Titel: Todesblueten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Rylance
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genauso.
    »Ich geh rein«, sagte sie und schnappte sich ihr Handtuch.
    »Wart doch mal, Mensch!« Alex sprang hektisch herum. »Das ist doch geil, wie lange der da taucht. Und vielleicht bringt er ja irgendwas hoch von da unten.«
    »Eben«, sagte ich kurz angebunden.
    David rührte sich nicht. Es war, als wollte er nicht hinsehen und könnte sich gleichzeitig nicht losreißen. Genau wie heute Mittag.
    »Da!« Alex sprang so aufgeregt herum, dass er beinahe ins Wasser fiel. »Da hinten! Bei den Seerosen, da ist er!«
    Tatsächlich. In der Ferne konnte man einen schwarzen Punkt erkennen, der zwischen den hellen Seerosen am anderen Ende aufgetaucht war.
    »Dann ist ja alles in Ordnung.« David drehte sich abrupt um und ging ins Haus. Ich folgte ihm und ließ Alex da draußen stehen, der vor sich hin redete, wie lange er tauchen könnte, wenn man ihm nur mal die richtige Ausrüstung geben würde.
     
    Der Campingplatz war prima vom Kanal her zu erreichen, und dass hier wirklich eine Party stattfand, war kaum zu überhören. Man musste einfach nur dem Lärm und der Musik folgen, vorbei an konsterniert guckenden Urlaubern, die in der Dämmerung vor ihren Zelten auf Campingstühlen saßen und Karten spielten oder sich unterhielten. In der Luft hing der typische Campingplatzgeruch: nach Zelt und Luftmatratze, nach Propangaskocher, Gras und lauer Sommernacht. David ging dicht hinter mir, wahrscheinlich sahen wir aus wie ein Paar. Dachte er das etwa? Einmal hielt er mich von hinten fest, als ich in ein Loch auf der Wiese trat und strauchelte. Ich riss mich sofort los. Solange er mir nicht die Wahrheit über das tote Mädchen sagte, konnte er mir gestohlen bleiben. Wir kamen zu mehreren Zelten, die im Kreis aufgestellt waren. Der Platz davor war voller Jugendlicher, die im Gras lagen, auf Decken saßen und sich zuprosteten oder in Gruppen herumstanden und lachten und rumalberten. Einige taumelten schon ganz schön und in einiger Entfernung konnte ich ein Mädchen erkennen, das von seiner Freundin gestützt wurde und offenbar hinter einen Busch kotzte.
    »Partytime«, schrie Alex und hielt zur Begrüßung zwei Flaschen hoch. Jemand grölte etwas Begeistertes zurück. Wir waren willkommen.
    In diesem Moment setzte die Musik wieder ein, die kurz verstummt war, und direkt neben mir fingen ein paar Typen hektisch an zu tanzen. Glasige Augen und ein seliges Grinsen ließen darauf schließen, dass man hier nicht nur Alkohol bekommen konnte. Plötzlich wollte ich nichts anderes, als mit den Leuten hier zu trinken und zu feiern und dieses schreckliche Bild in meinem Kopf mit irgendwas wegzuspülen. Ich nahm den Plastikbecher, den Melanie mir reichte, und trank ihn auf ex leer. Sangria. Egal. Ich ging zu dem großen Eimer in der Ecke und füllte meinen Becher gleich noch mal.
    »Kommt 'n ihr her?«, schrie mir jemand ins Ohr. Neben mir stand ein Mädchen mit pechschwarz gefärbten Haaren. Sie trug ein Bikinitop, das eindeutig zwei Nummern zu klein war, und einen wallenden Maxirock.
    »Hausboot«, schrie ich zurück.
    Sie nickte verständnislos, ging aber nicht darauf ein. »Habt ihr das mit der Leiche gehört?«, fragte sie, die Augen weit aufgerissen.
    »Wir haben sie sogar gefunden«, sagte Melanie neben mir, noch bevor ich den Mund aufmachen konnte.
    »Echt?« Das Mädchen quiekte vor Aufregung. »Oh Scheiße, wie gruslig. Wie sah die aus?«
    »Schlimm.« Etwas Kaltes kroch in mir hoch. »Wo kommst du her?«, fragte ich schnell, obwohl es mich nicht im Geringsten interessierte.
    Aber das Mädchen hatte nicht vor, das Thema zu wechseln. »Voll der Hammer«, plapperte sie los. »Die hat sich umgebracht, hab ich gehört. Liebeskummer oder so. Man hat sie mit so einem Typen gesehen, der hat sie weggeschubst.«
    »Was?«, fragte ich scharf. »Was für ein Typ?«
    »Keine Ahnung. Ihr Lover halt. Vielleicht war sie ja schwanger. Es gibt ja so Arschlöcher, die einen dann sitzen lassen, obwohl, wie man erst so blöd sein kann, keine Pille zu nehmen . . .«
    »Wie sah der aus?«, drängte ich.
    »Weiß ich doch nicht.« Sie dachte kurz nach. »Gut«, sagte sie dann. »Der sah total gut aus.«
    Ich glaubte ihr kein Wort.
    »Also, ich könnte das nicht, ihr?«, machte sie weiter. »Also, einfach Luft anhalten unter Wasser, das geht doch gar nicht. In unserer Stadt hat sich mal einer im Wald erhängt, das könnte ich auch nicht, also . . .«
    »Die hat sich nicht umgebracht«, rutschte es mir heraus, noch ehe ich mich bremsen konnte.
    Das

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