Todesblueten
spannend. Vorfreude ist die schönste Freude.« Leon lachte.
»Ich wollte auch mal ein Buch schreiben«, sagte Melanie.
Ich verschluckte mich fast. Seit wann denn das?
»Aber dann hat's doch nur zum Tagebuch gereicht.«
»Das ist bestimmt auch interessant zu lesen.« Leon zwinkerte ihr zu.
»Tagebuch schreib ich auch nicht«, bemerkte Alex. »Brauch ich nicht. Ich merk mir auch so alles, was passiert.«
Es zischte. Leon hatte die Steaks in die Pfanne geschmissenund im Nu war der Raum voller Bratgeruch.
Leon riss die Tür auf. »Wollt ihr euch draußen hinsetzen? Da ist so ein Klapptisch.«
Wir drängten uns auf das kleine Deck von Leons Hausboot. Melanie zündete eine Zitronenkerze an, die dort auf dem Tisch stand und offenbar die Mücken abwehren sollte. Jetzt wurde es richtig gemütlich. Mein Fuß hatte aufgehört, schmerzhaft zu puckern, Alex hielt die Klappe, Melanie brachte mir ein Glas Wein von Leon und zeigte mir die Fotos, die sie heute mit ihrem Handy gemacht hatte. Hauptsächlich Aufnahmen von sich selbst, die sie dann mit ihrem Fotoprogramm schwarz-weiß oder neonbunt gestylt hatte. Aus Leons Küche roch es lecker und es erklang leise elektronische Musik.
»Ahhhh.« Alex streckte sich wohlig. Er blinzelte. Dann pfiff er plötzlich laut und anerkennend.
Ich beugte mich vor. Auf der rechten Seite des Sees von uns aus gesehen war die junge Frau aus dem weißen Cottage-Boot getreten. Von Leons Hausboot aus konnte man sie noch besser erkennen. Diesmal trug sie ein kurzes schwarzes Kleidchen, als wolle sie zum Konzert, ein Weinglas in der Hand. Ein Qualmwölkchen stieg auf. Durfte sie nicht im Inneren des Bootes rauchen?
»Das ist die Freundin von dem Alten«, sagte ich leise. »Die wollte ich heute fotografieren, da ist der fast durchgedreht.«
»Prost«, brüllte Alex plötzlich. Die Frau zuckte zusammen und trat sofort in den Schutz des Hinterdecks zurück.
»Hör auf!«, zischte ich. Ich konnte sehen, wie sich Melanies Gesicht verdunkelte. Aus Eifersucht? Wohl kaum. Eher, weil Alex so peinlich war.
»Wieso?«, fragte er. »Melanie flirtet doch auch die ganze Zeit mit dem Typen hier rum, da darf ich ja wohl auch mal ein bisschen Spaß haben.«
»Der Typ heißt Leon und ist außerdem verheiratet, schon vergessen?«, sagte Melanie.
»Ach nee.« Alex lachte meckernd. »So wie der dich anglotzt, hat er nichts gegen 'nen kleinen Seitensprung.«
»Du bist unmöglich.« Melanie drückte wütend ihre Zigarette in einem sandgefüllten Becher aus. »Er ist total nett zu uns, kocht für uns, hilft Clara, du säufst sein Bier weg und dann erzählst du so einen Mist!«
Die Tür ging auf und Leon und David brachten einen Teller voller Steaks, ein paar Butterbrote und Gurkensalat raus.
»Wieder was gelernt«, sagte Leon gut gelaunt. »Fleisch muss richtig trocken sein, sonst wird es nicht braun beim Anbraten.«
»Lecker!« Alex vergaß beim Anblick der Steaks Melanie und die rauchende Unbekannte.
»Ich hab auch was gelernt«, sagte David.
»Leute, da ist er wieder!«
Wir drehten uns um. Alex deutete mit einem Stück Gurke nach vorn auf die gegenüberliegende Seite des Sees. Tatsächlich. Dort neben dem Zelt brannte jetzt wieder ein Lagerfeuer. Eine dunkle Gestalt hockte davor.
»Wie der da sitzt. Wie das eklige Viech aus dem
Herrn der Ringe
«, sagte Melanie atemlos. »Wie hieß das doch gleich, dieser . . .«
»Gollum«, sagte David.
»Genau.«
»Der soll bloß herkommen!« Alex schnippte seine Kippe ins Wasser.
»Mann, hier ist ein Aschenbecher«, sagte Melanie. »Wir wollen schließlich noch da drin baden«.
»Also ich nicht. Ich bade nicht in Entenscheiße.« Alex setzte sich an den Tisch und legte sich das größte Steak auf den Teller. Ich konnte sehen, wie es in Melanie brodelte, und ehrlich – ich hätte Alex in diesem Moment am liebsten in den See geschmissen. Rein in die Entenscheiße. Melanie sah mich an. Ich zog die Augenbrauen hoch. Sah zu David. Der hielt sein Handy wie einen Rettungsanker in der Hand, obwohl das Ding doch mittlerweile total verstummt war und ihn niemand mehr mit Nachrichten bombardierte.
»Was ist denn?«, fragte Alex mit vollem Mund. »Setz dich doch hin, Alter. Wird sonst kalt. Kochehre und so weiter.«
»Fangt an«, sagte jetzt auch Leon. Er klang vergnügt,als wäre nichts geschehen. Fast, als ob er sich wieder über uns amüsierte.
Ich schnitt mir ein Stück von meinem Steak ab. Rote Flüssigkeit trat heraus und lief auf den Teller und ich brachte es
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