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Todesblueten

Todesblueten

Titel: Todesblueten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Rylance
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Zigarette war so ziemlich das Einzige, was ich sehen konnte. Dann hörte ich ihn wieder. Seine Stimme klang höhnisch. »Was für 'ne Tasche?«
    »Glaubst du, ich bin bescheuert? Du hast sie doch auch gesehen!« Ich flüsterte, obwohl ich am liebsten gebrüllt hätte. Drüben bei Leon war gerade eine Tür aufgegangen.
    Schritte. David kam auf mich zu, stand jetzt vor mir und blies mir seinen Rauch ins Gesicht. Er grinste. Fand er das lustig? Offenbar nicht, denn schon in der nächsten Sekunde, bei seiner Antwort, bekam ich Gänsehaut.
    »Nee«, antwortete er nämlich ebenso leise. »Ich weiß nicht, wovon du redest. Und ich würde dir dringend raten, deinen Mund zu halten und keine Gerüchte zu verbreiten. Sonst garantiere ich nämlich für nichts.«
    Wollte er mir etwa drohen? Ich schob ihn wortlos zur Seite. Dann ging ich rein.

14.
    Ich konnte nicht einschlafen. Wie auch, wenn keine zwei Meter entfernt von mir jemand lag, der definitiv etwas mit dem toten Mädchen zu tun hatte. Vor einer halben Stunde war David hereingekommen, hatte noch ewig herumgekramt, gehustet und geraschelt. Mich komplett ignoriert. Was hatte er gemeint mit:
Ich garantiere für nichts
? Und wie kam er dazu, mir zu unterstellen, ich würde
Gerüchte
verbreiten? Ich wusste genau, was ich gesehen hatte. Ein blondes Mädchen mit dieser Tasche, das ununterbrochen in Davids Nähe auftauchte. Das plötzlich tot war. Entsetzlich anzusehen war. David, der abstritt, dass er sie gekannt hatte. War David der Typ, der laut Chantal das Mädchen »weggeschubst« hatte? Ins Wasser geschubst hatte? Dann ihre Tasche, die hier angeschwommen kam. Also musste das Mädchen doch hier gewesen sein, oder? Die Tasche würde ja wohl kaum über ein endlos verzweigtes Kanalsystem zu unserem abgelegenen See treiben. Und wieder stritt David ab, dass er davon was wusste. Was sollte ich nur machen?
    Nach einer Weile schlief David ein oder tat zumindest so. Aus dem Schlafzimmer von Melanie undAlex erklang noch eine Weile lang heftiges Streiten, dann war endlich Ruhe. Die allnächtliche Versöhnung blieb heute allerdings aus. Gott sei Dank. Vielleicht nahm sie ja bald Vernunft an und gab ihm den Laufpass. Was um alles in der Welt sie überhaupt mal an Alex gefunden hatte, blieb mir ein Rätsel. Wir standen einfach auf völlig unterschiedliche Typen, schon immer. Bis auf . . . Ich biss mir auf die Lippe. Bis auf Leon, auch wenn ich das nie vor Melanie zugegeben hätte. Aber zwischen ihm und unseren kindischen Mitbewohnern lagen wirklich Welten. Ach, Leon. Der lag jetzt da drüben alleine in seinem Bett und morgen oder übermorgen würde seine wunderhübsche Frau kommen und sich im Bikini auf dem Bootssteg rekeln. Ich starrte in die Dunkelheit, lauschte den schnorchelnden Atemzügen von David und wälzte mich auf der klumpigen Couch hin und her. Dabei knallte ich mit meiner verbundenen Zehe an die Kante und stöhnte auf. Es tat gleich wieder wahnsinnig weh und jetzt konnte ich erst recht nicht mehr einschlafen. Meine Gedanken kreiselten um Leon, um David, um das tote Mädchen und ihre Tasche und zum Schluss war alles, woran ich denken konnte, diese wächserne Haut und die filzigen nassen Haare. Verdammt. Ich musste mich zwingen, an etwas Schönes zu denken, sonst bekam ich noch Albträume. An den Apfelkuchen meiner Oma, an unseren Urlaub in Mexiko vor zwei Jahren, wo ich mit Delfinen schwimmen konnte,an Josh aus der Zwölften, der Drummer bei den »Evil Heads« war und mir mal zugezwinkert hatte. An . . .
    »Clara?«
    Ich drehte meinen Kopf weg. Was sollte das?
    Ein Kichern. »Clara, los, komm, wir gehen baden!«
    »Was?« Schlaftrunken richtete ich mich auf. Melanie stand vor mir. Im Bikini. »Was willst du?«
    »Baden gehen, los, komm! Leon schwimmt auch schon draußen. Aber mach nicht so laut, Alex pennt noch.«
    Ich schielte auf meine Uhr. Es war gerade mal acht. Seit wann stand Melanie so zeitig auf? »Seit wann stehst du so früh auf?«
    Sie zupfte sich das Bikini-Oberteil zurecht. »Warum denn nicht? Ist doch ein schöner Morgen. Was ist jetzt? Kommst du mit?«
    »Ich bin müde. Konnte die ganze Nacht nicht schlafen. Ich hab jetzt echt keinen Bock auf kaltes Wasser. Außerdem habe ich noch meinen Fußverband dran, schon vergessen?«
    »Ach ja. Na dann. Muss ich wohl alleine gehen.«
    Ehrlich gesagt sah sie nicht sonderlich unglücklich darüber aus. Sie blickte an sich hinunter. »Kann ich so vor die Tür?«
    »Na, wie denn sonst?«
    »Ich meine, sieht man was? Ich hab

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