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Todesblueten

Todesblueten

Titel: Todesblueten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Rylance
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mir meine Beine nicht rasiert.«
    »Deine Beine sehen doch nur die Fische.« Langsamnervte sie mich. Außerdem war sonnenklar, für wen sie das hier aufführte.
    »Er ist verheiratet, vergiss das nicht«, sagte ich wütend, dann wickelte ich mir mein Kissen um den Kopf, um alle Geräusche um mich herum auszuschalten. Melanie antwortete leise etwas, das ich nicht mehr verstand, und dann ging sie endlich. Trotz Kissen konnte ich es wenig später platschen und kreischen hören. »Ist das kalt!« Und dann: »Uh, was ist denn das?«
    Schlagartig war ich wach. Die Tasche. Hatte Melanie sie etwa gefunden? Ich stand vorsichtig auf. Meine Zehe puckerte immer noch schmerzhaft, als ob ich im Schlaf mehrmals irgendwo gegengestoßen war. Ich warf einen Blick durch die trüben Scheiben nach draußen, konnte aber nichts erkennen. Also gut. Schlafen konnte ich sowieso nicht mehr bei dem Gequieke. Das konnten nur Typen wie Alex, die ihren Rausch auspennten.
     
    Draußen war es angenehm warm und die Luft wunderbar frisch, besonders nach unserer miefigen Behausung. Melanie hatte recht. Es war ein herrlicher Morgen. Wo war sie? Da! Mit hochgerecktem Schwanenhals schwamm sie ein paar umständliche Züge. Damit ihr Make-up nicht verschmierte. Gerade hielt sie ein schlieriges grünes Gewächs hoch in die Luft. Das hatte sie entdeckt, nicht die Tasche. Ein paar Meter weit entfernt kraulte Leon seine Bahnen, genau wie gestern.
    »Na los, tauch unter«, rief er ihr zu.
    »Lieber nicht. Ich bin nicht so gut im Schwimmen.« Sie lachte.
    »Also kein Wettschwimmen?«
    »Kannst du vergessen.«
    »Na los, komm. Ich mach auch langsam.«
    »Dann ist es ja kein Wettschwimmen mehr.« Wieder das alberne Lachen. Sie hatte mich noch gar nicht bemerkt. Kurzentschlossen ging ich an den Rand des Steges, kniete mich vorsichtig hin und sah runter. Irgendwo hier musste gestern die Tasche gehangen haben, wahrscheinlich da unten bei den Schilfrohren. Jetzt war nichts mehr zu sehen.
    »He, Clara ist ja auch da!«
    Ich sah hoch. Leon deutete ein Winken an.
    »Hallo«, rief ich zurück. »Ist es kalt?«
    Leon schüttelte den Kopf und tauchte prustend unter.
    »Saukalt«, rief Melanie. Sie war bereits auf dem Weg zurück zu unserem Hausboot. »Kommst du doch rein?«
    »Lieber nicht. Mein Zeh . . . Weiß nicht, ob das so eine gute Idee ist.«
    Melanie kletterte die kleine Leiter hoch zu unserem Deck. Sie zitterte. »Mann, ist das kalt. Gib mir mal mein Handtuch.«
    Ich reichte es ihr und beobachtete Leon, der unverdrossen weiterschwamm. »Der ist ganz schön fit«, sagte ich.
    »Der ist ja auch nicht so verkatert wie gewisse andere Leute.« Sie schnaubte verächtlich und schüttelte ihre Haare, obwohl die gar nicht nass geworden waren.
    »Was ist denn nun mit dir und Alex? Habt ihr Schluss gemacht?« Ich schaffte es kaum, meiner Frage den hoffnungsvollen Beiklang zu nehmen.
    »Nee.« Sie breitete ihr Handtuch aus und legte sich auf den Bauch, so, dass sie weiter Leon betrachten konnte, der mittlerweile bestimmt schon die vierzigste Bahn schwamm. »Irgendwie tut er mir ja auch leid. Er ist halt manchmal ein bisschen eifersüchtig. Aber das ist ja nur ein Zeichen, wie sehr er mich liebt.«
    Ich glaubte, mich verhört zu haben. »Also bleibst du aus Mitleid mit ihm zusammen?«
    »Quatsch.« Sie kaute auf einer Haarsträhne herum. »Ist doch jetzt egal.« Dann rekelte sie sich plötzlich auf den Rücken. Ich konnte sehen, dass sie den Bauch einzog. Leon schwamm gerade zu seinem Hausboot zurück. Er sah zu uns herüber und in dem Moment fiel mir ein, dass ich mir noch nicht mal die Haare gekämmt hatte.
    »Hast du Lust auf 'nen Kaffee, Melanie?«, rief er.
    Sie stützte sich auf ihren Ellenbogen auf und streckte dabei unauffällig die Brust vor. »Klar«, rief sie.
    Kaffee nur für Melanie? Und was sollte dieses penetrante Geflirte? Von Melanie war ich ja nichtsanderes gewohnt, aber dass Leon das Spielchen mitmachte, fand ich echt daneben.
    »Wann kommt eigentlich deine Frau mit deiner Tochter?«, rief ich ihm zu. Sein Lächeln wurde ein bisschen säuerlich. Das freute mich.
    »Bald«, rief er. Ich beschloss, wieder reinzugehen. Ganz offensichtlich war ich hier überflüssig. Und außerdem   – wenn David die Tasche gestern Nacht aus dem Wasser gezogen hatte, dann musste sie ja irgendwo in unserem Zimmer sein.

15.
    David schlief mit offenem Mund. Es war dämmrig hier drin, weil wir die hässlichen Vorhänge nachts zuzogen, aber ich hatte genug Licht. Ich beschloss,

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