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Todesblueten

Todesblueten

Titel: Todesblueten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrike Rylance
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Camping-Typ. Am liebsten wäre ich hier bei Leon eingezogen.
    Eiswürfel klirrten in ein Glas, wenig später hielt ich einen herrlich kalten Drink in der Hand. Irgendein selbst gemachter Holunderwein, der in grünen Flaschen mit Gummistöpseln im Kühlschrank stand. Ich kannte niemanden, der selber Wein ansetzte. Wahrscheinlich war Leon ein Öko. Obwohl, so kam er mir gar nicht vor. Oder seine Frau? Er selber hatte sich ein Bier genommen.
    Er schob einen Stapel Blätter vom Tisch. »Genug gearbeitet für heute.«
    »Was arbeitest du denn?« Ich konnte mir beim besten Willen nicht vorstellen, was jemand auf einem Hausboot machen konnte.
    »Ich bin Schriftsteller. Oder Buchautor   – wie es heute immer heißt.«
    Natürlich. Da hätte ich ja weiß Gott selbst drauf kommen können. »Wirklich? Was schreibst du denn?«
    Er nahm einen Schluck, bevor er antwortete. »Krimis. Werden immer gern gekauft.«
    »Was denn zum Beispiel? Hab ich vielleicht schon mal was von dir gelesen?«
    »Glaube ich nicht. Meine Sachen sind nichts für zarte Mädchenseelen.« Er grinste.
    Ich wollte ihm sagen, dass ich keine Mimose war, doch mir fiel nichts Schlagfertiges ein. »Krimis«, sagte ich daher nur. Dann kam mir plötzlich doch noch etwas in den Sinn. Wie hatte ich das vergessen können? Ich war irgendwie völlig von der Rolle. Aufgeregt beugte ich mich vor. »Du hast gestern gesagt, dass du nicht denkst, dass das Mädchen Selbstmord begangen hat. Warum?«
    Er trank einen Schluck. »Es war nur so ein Gedanke, nichts weiter.«
    »Wieso?« Ich überlegte, ob ich Leon erzählen sollte, dass David das Mädchen meiner Meinung nach gekannt hatte. Doch da sprach er bereits weiter.
    »Ich . . .« Er brach wieder ab.
    »Was?«
    Leon guckte gedankenverloren aus dem Fenster, hinaus auf den See. »Ich bin mir nicht ganz sicher, aber der Taucher da, unser Freund mit dem Gummi-Outfit, der . . .« Er holte tief Luft. »Ich bin mir wiegesagt nicht ganz sicher. Aber meiner Meinung nach ist der vor zwei Tagen hier mit 'nem blonden Mädchen durch den Wald gezogen. Die hatte so komische Hippiehaare.«
    »Rastalocken«, flüsterte ich.
    »Genau.« Er nickte. »Und eins sag ich dir   – besonders glücklich sah die nicht aus.«

11.
    Ich zog erschrocken die Luft ein.
    »Tut dein Fuß weh?«, fragte Leon. »Du bist ganz schön hart im Nehmen. Meine Kleine würde viel mehr jammern.« »Nee, mein Fuß ist okay. Es ist nur . . . dieser Junge. Der Gedanke, dass der immer da drüben an seinem Feuer hockt und uns beobachtet. Und dass er vielleicht das Mädchen kannte und etwas mit ihr . . .« Ich fing an zu stottern.
    Leon nickte. Offenbar dachte er dasselbe wie ich und so wagte ich einen weiteren Vorstoß. »Du hast ja selber gesehen, wie der sich benommen hat. Ganz dicht ist der nicht. Vielleicht sollten wir das der Polizei melden?«
    »Mag sein, dass er nicht ganz dicht ist. Aber hast du Beweise, dass er dem Mädchen was getan hat?«
    »Natürlich nicht.«
    »Dann vergiss es. Die Polizei will immer Beweise. Und außerdem schnüffeln sie dann hier herum. Dürft ihr überhaupt schon alleine Urlaub machen?«
    »Ich sehe nur jünger aus«, murmelte ich.
    Er lächelte. »Mach dir mal keine Sorgen. Wenn der noch mal ankommt, dann weißt du ja, wo du michfindest. Dann rufst du ganz laut nach mir, ich bin immer hier.«
    Und ich bin immer hier für dich, dachte ich unwillkürlich. Warum nur musste er verheiratet sein. Das Leben war nicht fair.
    »Clara?« Melanies Stimme drang auf einmal zu uns herüber. Sie klang beunruhigt und einen Moment lang fühlte ich fast so was wie Genugtuung. Offenbar waren sie zurück und wunderten sich, wo ich war. »Clara, wo bist du denn?«
    ». . . ist sie nicht«, hörte ich Davids Stimme, gedämpft wie aus einem Keller.
    Leon und ich wechselten einen komplizenhaften Blick. »Jetzt kriegen sie wohl die Panik, was?«, sagte er. »Wollen wir sie zappeln lassen?« Er zwinkerte mir zu.
    Einen Moment lang kam ich fast in Versuchung. Hier allein mit Leon den Tag verbringen, die Eiswürfel in unseren Gläsern klimpern lassen, später meinen Fuß noch mal von ihm verbinden lassen . . . »Lieber nicht«, sagte ich aber dann.
    Er stand auf und öffnete ein Fenster. »Sie ist hier. Eure Freundin ist hier bei mir!«, rief er.
    »Was?« Ich konnte die Verblüffung in Melanies Stimme hören. Und dann, dass sie bei Leons Anblick sofort in den Flirtmodus wechselte. »Clara ist bei dir? Cool, ich komme gleich rüber!« So einfach ging das bei

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