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Todesbote

Titel: Todesbote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patterson James
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Mikrowellenherd zehn nach elf.
    Ich rief nach Henri, erhielt aber keine Antwort. Mühsam zwängte ich mich von meinem engen Platz hinter dem Tisch hervor und öffnete die Tür.
    Der Pick-up war verschwunden.
    Langsam löste sich der Schlamm aus dem Getriebe meines Gehirns, und ich ging wieder hinein. Auf dem Küchenschrank lagen mein Laptop und meine Aktentasche, daneben
die sorgfältig von mir durchnummerierten Kassetten. Mein Rekorder war am Strom angeschlossen, neben dem Gerät entdeckte ich einen Zettel.
    Â»Ben, drücken Sie die Abspieltaste«, stand darauf.
    Ich drückte die Taste und hörte Henris Stimme.
    Â»Guten Morgen, Partner. Ich hoffe, Sie haben sich erholt. Sie brauchten den Schlaf, deswegen habe ich Ihnen ein Beruhigungsmittel gegeben. Sie verstehen schon – ich brauchte auch ein bisschen Zeit für mich.
    So, Sie sollten den Weg Richtung Westen gehen, zweiundzwanzig Kilometer bis zum Twenty-Nine Palms Highway. Ich habe genügend Wasser und Essen dagelassen, und wenn Sie erst nach Sonnenuntergang losmarschieren, schaffen Sie es bis zum Morgen.
    Höchstwahrscheinlich wird Lieutenant Brooks oder einer ihrer Kollegen vorbeikommen und Sie mitnehmen. Seien Sie vorsichtig, was Sie sagen, Ben. Wir sollten unser Geheimnis im Moment noch für uns behalten. Sie sind Romanautor, denken Sie daran. Also erfinden Sie eine plausible Lüge.
    Ihr Wagen steht hinter dem Luxury Inn, wo Sie ihn abgestellt haben. Ihre Schlüssel habe ich Ihnen zusammen mit Ihrem Flugticket in Ihre Jackentasche gesteckt.
    Ach, beinahe hätte ich was Wichtiges vergessen. Ich habe Amanda angerufen und gesagt, Sie seien in Sicherheit und kämen bald nach Hause.
    Ciao, Ben. Seien Sie fleißig. Wir bleiben in Kontakt.«
    Auf dem Band war ein Zischen zu hören, dann war die Nachricht zu Ende.
    Dieses Schwein hatte Amanda angerufen. Auch dies war als Drohung gemeint.
    Draußen brannte die Julisonne und zwang mich, mit
meiner Wanderung bis zum Einbruch der Nacht zu warten. In der Zwischenzeit würde Henri seine Spuren verwischen, eine andere Identität annehmen und ungehindert ein Flugzeug besteigen.
    Auf Sicherheit konnte ich weiß Gott nicht mehr bauen, und ein Gefühl von Sicherheit würde ich erst wieder haben, wenn »Henri Benoit« hinter Gittern oder tot war. Ich wollte mein Leben zurückhaben, und ich war entschlossen, es mir zurückzuholen, was auch immer es kostete.
    Selbst wenn ich Henri mit eigenen Händen erledigen musste.

Vierter Teil
    Großwildjagd

92
    Am ersten Tag nach meinem Wüstenurlaub mit Henri rief Leonard Zagami an und sagte, er wolle das Buch so schnell wie möglich veröffentlichen, damit die wild gewordenen Journalisten über diese in der ersten Person geschriebene Geschichte berichten konnten, bevor die Morde in Maui aufgeklärt waren.
    Ich rief Aronstein an, nahm Urlaub von der L. A. Times und verwandelte mein Wohnzimmer in einen Bunker, aber nicht nur wegen des Drucks, den Zagami auf mich ausübte. Immer und überall spürte ich Henris Gegenwart wie eine Boa constrictor, die meinen Brustkorb in die Mangel nahm und über meine Schulter spähte, während ich tippte. Nichts war mir lieber, als dieses Buch so schnell wie möglich hinter mich zu bringen und Henri aus meinem Leben zu verbannen.
    Seit meiner Rückkehr hatte ich von sechs Uhr morgens bis spätnachts gearbeitet. Dabei hatte das Transkribieren der Interviewbänder etwas pädagogisch Wertvolles.
    Als ich Henris Stimme hinter verschlossener Tür lauschte, bemerkte ich Wendungen und Pausen und leise gesprochene Kommentare, die mir entgangen waren, während ich in dieser angespannten Atmosphäre gesessen und mich gefragt hatte, ob ich den Joshua Tree National Park jemals wieder lebendig verlassen würde.
    Noch nie hatte ich so hart oder stetig gearbeitet, doch am Ende der zweiten Woche an meinem Rechner war ich sowohl mit der Transkription als auch mit dem Entwurf für das Buch fertig.

    Ein entscheidender Punkt fehlte noch, und zwar der Aufhänger für die Einleitung, die Frage, welche die Schilderung bis zum Ende begleiten würde und die Henri nicht beantwortet hatte: Warum wollte er, dass dieses Buch geschrieben wird?
    Der Leser würde es wissen wollen. Das konnte ich verstehen. Henri war auf seine besondere Weise verdreht. Dazu gehörte auch, dass er ein Überlebenskünstler war. Immer wieder sprang er dem Tod von der Schippe. Er

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