Todesbraeute
widerstanden. Für Hope. Für sich selbst.
Und mit einer einzigen Spritze hatte er alles zerstört.
Dienstag, 30. Januar, 15.45 Uhr
Das Telefon auf seinem Tisch klingelte. Er ignorierte es und starrte unbewegt auf den neusten Brief. Natürlich bin ich es, den er anruft. Es war schlimmer, als er je für möglich gehalten hätte.
Das Telefon hörte zu klingeln auf, während beinahe gleichzeitig sein Handy damit begann. Wütend griff er danach. »Was?«, fauchte er. »Was zum Teufel willst du?« »Ich habe noch einen gekriegt.« Die Stimme war atemlos. Voller Entsetzen. »Weiß ich.«
»Er will hunderttausend. So viel habe ich nicht. Du musst es mir leihen.«
Die fotokopierte Seite war mitsamt einer Anweisung geschickt worden, wie und wohin das Geld überwiesen werden sollte. In einer ersten hilflosen Kurzschlussreaktion hatte er das Blatt zerknüllt. Dass es sich dabei um eine harmlose Buchseite zu handeln schien, machte sie umso anstößiger. »Was hast du noch bekommen?« »Eine Seite mit Jahrbuchfotos. Janets und Claudias. Du auch?«
»Ja.« Genauer gesagt, eine Seite, auf der ausgeschnittene Jahrbuchfotos in alphabetischer Reihenfolge aufgeklebt waren. Zehn Mädchen insgesamt. Claudias und Janets Fotos mit einem großen X durchgestrichen. »Kates Foto ist auch drauf«, sagte er heiser. Meine kleine Schwester.
»Ja, ich weiß. Was soll ich bloß machen?« Was soll ich bloß machen? Diese Frage sagte alles über Rhett Porter aus. Herrgott, Kates Foto befand sich auf der Seite, und Rhett machte sich mal wieder allein um sich selbst Sorgen. Dieser egoistische, jämmerliche kleine Mistkerl. »Hast du sonst noch etwas bekommen?« »Nein. Warum?« Die Panik ließ Rhetts Stimme um eine halbe Oktave ansteigen. »Was hast du denn noch gekriegt?« Als ob Kates Foto nicht ausreicht. »Nichts.« Aber er konnte die Verachtung in seiner Stimme nicht unterdrücken. »Verdammt, sag's mir.« Rhett schluchzte jetzt tatsächlich. »Ruf mich nicht mehr an.« Er klappte das Telefon zu. Augenblicklich begann es wieder schrill zu klingeln. Er schaltete es aus, dann schleuderte er es, so fest er konnte, gegen die Wand.
Er nahm einen alten Aschenbecher aus seiner Schublade. In seinem Büro durfte niemand rauchen, aber der Aschenbecher war ein Vatertagsgeschenk seines Sohnes gewesen, ein plumpes Ding, das ein Fünfjähriger aus Ton geformt hatte. Für ihn war es ein kostbarer Schatz. Seine Familie war sein Ein und Alles. Er musste sie beschützen, und zwar um jeden Preis. Sie durften von alldem hier nichts erfahren.
Du bist ein Feigling. Du musst etwas sagen. Du musst diese Frauen warnen.
Aber er würde es nicht tun. Denn wenn er sie warnte, würde er ihnen sagen müssen, woher er es wusste, und das war nicht möglich. Er knipste das Feuerzeug an und hielt es an die Ecke der Kopie. Sie brannte langsam und rollte sich ein, bis er das extra eingekreiste Foto seiner eigenen Schwester nicht mehr sehen konnte. Kate hatte ihren Abschluss im selben Jahr gemacht wie Janet Bowie und Claudia Silva Barnes. Die Drohung war eindeutig. Zahlen, oder Kate war die Nächste.
Das letzte Bild, das verbrannte und das offenbar nur auf seiner Kopie gewesen war, war Rhett Porters. Er sah zu, wie Rhetts Gesicht schmolz und dann zu Asche zerfiel. Rhett. Du dämliches Stück Dreck. Du bist ein toter Mann, weil du deine Klappe nicht halten konntest. Als das Blatt nur noch Asche war, kippte er die Überreste in den Kaffee von heute Morgen, den er nicht angerührt hatte. Er stand auf und strich seine Krawatte glatt.
Ich dagegen bin lernfähig. Er faltete die Anweisung für die Geldforderung sorgfältig zusammen und steckte sie in seine Brieftasche. Er kannte jemanden, der einen Banktransfer durchführen und dennoch den Mund halten würde. Er wischte den Aschenbecher mit einem Taschentuch sauber und schob ihn zurück in die Schublade. Er musste zur Bank.
Dutton, Dienstag, 30. Januar, 17.45 Uhr
Oh, Gott. Alex. Daniels Herz setzte einen Schlag aus, als er in die Straße bog, in der Bailey Crightons Haus stand. Ein Notarztwagen stand mit blinkendem Licht am Bürgersteigrand.
Er sprang aus dem Auto und rannte zu dem Krankenwagen. Alex saß hinten drin und hatte den Kopf zwischen den Knien.
Er zwang sich zu einer ruhigen Stimme, obwohl ihm das Herz in die Kehle gehüpft war. »Hey.« Sie sah auf. Ihr Gesicht war bleich. »Es ist bloß das Haus«, flüsterte sie. »Wieso komme ich nicht darüber hinweg?«
»Was ist passiert?«
Der Sanitäter
Weitere Kostenlose Bücher