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Todesbraut

Titel: Todesbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Arbeit vielleicht nicht ganz unerheblich zu wissen.«
    »Meryem gehört nicht mehr zur Familie.« Er betrachtete seine Fingernägel. »Frau Yıldırım, können Sie dafür sorgen, dass diese Frau mich in Ruhe lässt?«
    »Herr Mêrdîn, ich kann ja verstehen, dass Sie heute etwas gereizt sind, aber   …«
    »Ich will, dass diese Psychofrau sofort geht!«
    »Warum wollen Sie das?«, mischte Wencke sich direkt ein. Sie hatte keine Lust, dass über sie geredet wurde, als wäre sie das unzumutbare Mitbringsel einer übereifrigen Verteidigerin. »Ich könnte Ihnen helfen!«
    »Arbeiten Sie nicht eigentlich für die Gegenseite?« Er zog eine Augenbraue hoch. Das wirkte wie mühsam einstudiert.
    »Tatsächlich riskiere ich in diesem Moment mächtigen Ärger. Nur weil ich ziemlich sicher bin, dass Sie unschuldig sind und die Strafverfolgung eigentlich jemand anderen ins Visier nehmen sollte, gehe ich das Risiko ein.«
    »Darum habe ich Sie aber nicht gebeten. Hauen Sie ab, dann haben wir beide ein Problem weniger.« Er lehnte sich zurück, bis die harte Lehne knarrte.
    Wencke beugte sich vor, so leicht wollte sie ihm den Rückzug nicht machen. »Es geht nicht nur um das, was Sie wollen, Herr Mêrdîn. Während Sie unschuldig in U-Haft sitzen, läuft da draußen noch ein Mörder frei herum. Wollen Sie jemanden decken?«
    »Ich habe Ihnen doch schon vor zwei Tagen gesagt, dass ich Shirin töten werde. Und dann habe ich es getan. Warum glauben Sie jetzt, dass es anders war?«
    »Wie war es denn?«
    Er zuckte kurz. Nur eine winzige Bewegung, die auch durch eine Fliege auf der Haut, einen schrillen Ton oder kühlen Windhauch hätte ausgelöst werden können. Doch in diesem Fall hatte Wenckes konkrete Frage den Reflex bewirkt. Mêrdîn konnte ihr erzählen, was er wollte, dieses Zucken hatte mehr verraten, als er sich bewusst war.
    »Ich habe meine Schwester am Abend besucht.«
    »Aber Sie hatten doch ein striktes Verbot, sich ihr bis auf hundert Meter zu nähern.«
    Verächtlich stieß er die Luft aus. »Glauben Sie echt, die stellen Wachhunde auf, um mich zu überprüfen? Ich durfte mich eben nur nicht erwischen lassen.«
    »Und Shirin hat keine Hilfe geholt?«
    »Sie ist meine große Schwester. Sie liebt mich! Ich habe einfach meinen netten Blick aufgesetzt, den kennen Sie doch auch schon.« Er zeigte sein Sahnekaramellgesicht. »Da hatte sie keine Angst mehr vor mir. Sind ja auch ein paar Jahre vergangen seit damals   …« Eine fadenscheinige Erklärung, fand Wencke, auch wenn sie selbst sich bereits von seinem Charme hatte einwickeln lassen. Aber bei Shirin hatte immerhin eine Todesdrohung vorgelegen, Wencke bezweifelte, dass sie sich so arglos verhalten hätte.
    Mêrdîn wartete allem Anschein nach auf weitere Fragen. Als diese ausblieben, wurden seine Sätze weit lustloser. »Ichmusste warten, bis die Kinder schliefen, damit sie mich nicht sehen. Es war ungefähr neun Uhr.«
    »Roza auch?«, hakte Wencke nach. »Ich kenne kein sechzehnjähriges Mädchen, das so früh schlafen geht.«
    »Roza geht es nicht gut, sie braucht viel Schlaf«, knurrte Mêrdîn. »Ich habe diese Tropfen aus dem Arzneischrank geholt.
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, meine Nichte nimmt es gegen Schmerzen, und das habe ich Shirin in den Tee getan, als sie gerade nicht hinschaute. Weil sie müde wurde von dem Zeug, hat sie sich ins Bett gelegt. Sobald ich sicher sein konnte, dass sie schläft, bin ich in ihr Zimmer, habe sie gefesselt mit den bunten Tüchern, die Roza als Kopfbedeckung trägt. Kariert und mit Blumenranken und so. Shirin ist nicht richtig wach geworden. Ich habe sie mit meinen Händen gewürgt, bis sie tot war. Dann bin ich aus dem Zimmer gegangen, habe hinter mir abgeschlossen und den Schlüssel auf den Türrahmen gelegt. Niemand hat mich bemerkt.« Als er seine auswendig gelernte Geschichte zu Ende aufgesagt hatte, zeigte sich auf seinem Gesicht ein fast stolzer Ausdruck. Aber es war nicht der Stolz eines Sohnes, der die zweifelhafte Familienehre wiederhergestellt hatte, sondern erinnerte eher an einen Konfirmanden, der es gelernt hatte, das Glaubensbekenntnis fehlerlos herunterzurattern. Eine miese Vorstellung. Wencke konnte sich nicht erklären, weshalb die Polizei ihm diese Geschichte abgenommen hatte. Irgendwann grinste er unbeholfen. »Noch Fragen?«
    »Warum?«
    »Warum ich Shirin getötet habe? Aber das habe ich doch vorgestern schon   …«
    »Nein. Ich will etwas anderes wissen. Warum haben Sie es so ausgeführt? Auf diese Art?«
    Er zuckte

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