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Todesbraut

Titel: Todesbraut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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ein Lkw-Fahrer Peter Pan seine Stimme geliehen. Auf dem Bildschirm seines Gameboys sprang gerade ein quietschgelberComic-Schwamm in eine Seifenblase. Das schien weit interessanter zu sein als der Besuch einer fremden Frau.
    »Wo ist Roza?«
    Er zuckte mit den schmalen Schultern. Entspannt lümmelte er sich tiefer in die Polster, seine Augen, die das Abenteuer der Zeichentrickfigur gebannt verfolgten, sahen nicht verweint aus. »Weißt du, wo deine Mutter ist?«, probierte es Wencke.
    »Verreist.«
    »Seit wann?«
    Azad antwortete nicht, was aber wohl eher an den Fingerübungen auf dem Gameboy als an irgendetwas anderem lag. Wencke wiederholte die Frage eindringlicher.
    »Die ist seit gestern weg.«
    »Wohin ist sie denn gefahren?«
    Der Heldenschwamm sammelte Quallen ein und kassierte jede Menge Punkte, ein pinkfarbener Seestern freute sich darüber. »Türkei.«
    »Was macht sie da?«
    »Morgen ist doch
Bayram

    »
Bayram

    »Das Zuckerfest«, ergänzte Azad in einem Tonfall, als wäre er der Klassenlehrer und Wencke seine Schülerin, die das Einmaleins nicht beherrschte. »Drei Tage lang wird gefeiert. Und es gibt Süßigkeiten.«
    »Was feiern sie?«
    »Das Ende der Fastenzeit.« Eine nervtötende Musik zeigte an, dass Azads Schwamm wohl irgendein neues Level erreicht hatte, endlich schaute der Junge auf, und seine hellen Augen musterten verwundert, wer in der echten Welt im Wohnzimmer seines Vaters zu Besuch gekommen war. »Was ist denn?«
    Talabani, der sich inzwischen merklich eingeschüchtert im Wohnzimmer eingefunden hatte, zog Wencke in eine Nische neben der Küchentür und sein Flüstern hatte einen flehendenUnterton. »Ich bitte Sie, sagen Sie ihm nichts. Er weiß nicht, was ist passiert.«
    »Gerade eben haben Sie noch geschworen, er hätte gesagt, dass er keinen Menschen in die Wohnung hat kommen sehen. Also muss er wissen, dass etwas passiert ist   …« Wencke schaute ihn direkt an. »Es sei denn, Ihr Schwur war nur so dahingesagt.«
    Sie hatte Talabani ertappt, verlegen rieb er sich die Hände über das Gesicht. »Es war halbe Wahrheit. Seine Schwester weiß Bescheid, sie hat gesagt, dass kein Mensch war da. Aber Azad ist doch noch kleiner Junge, bitte!«
    Wencke hatte nicht vor, den armen Knirps aus der Welt zu katapultieren. Nicht zuletzt, weil er so viel Ähnlichkeit mit Emil hatte – sie mochte sich nicht vorstellen, wie ihr Sohn reagieren würde, wenn jemand ihm vom Tod der Mama berichtete. Sie nickte Talabani beruhigend zu und wandte sich wieder an Azad. »Wir suchen deine Schwester.«
    »Ach so. Die ist weg. Weiß nicht, wo   …« Er drückte auf einen Knopf und ein kreischender Tusch gratulierte ihm zu einer Bonusrunde. Azad grinste fröhlich.
    »Wann ist Roza weggegangen?«
    »Keine Ahnung.« Er überlegte trotzdem. »Ich glaube, so um neun.«
    »War sie denn nicht in der Schule?«, fragte Axel.
    »Wir haben Ferien. Wegen dem Zuckerfest
.
Da kriegt man frei.«
    »Weiß deine Lehrerin davon?«
    Er wirkte jetzt total gelangweilt. »Kümmert sich Mama drum.« Azad drehte sich zu seinem Vater und stellte ihm eine Frage auf Kurdisch. Nach dem Nicken sprang er auf, schnappte sich seinen Gameboy und verschwand durch den Laden nach draußen, verfolgt von den ratlosen Blicken der Erwachsenen.
    Wencke überlegte kurz, ob sie ihm hinterherlaufen sollte, doch irgendwie war klar, mehr war für diesen Moment nicht zu erreichen. Solange Azad nicht wusste, dass seine Mutter ermordet worden war, kam sie bei ihm nicht weiter.
    »Wie lange wollen Sie die Wahrheit vor Ihrem Sohn verbergen?« Es gelang ihr nicht, einen vorwurfsvollen Ton zu unterdrücken, warum auch? »Sie erzählen ihm, seine Mutter wäre in die Heimat geflogen, um das Zuckerfest zu feiern, und in Wirklichkeit reist sie morgen in einer Holzkiste Richtung Istanbul   …«
    »Ich weiß, ich weiß   …« Talabani wirkte ziemlich kleinlaut.
    »Ist das der Grund, warum Sie die Kinder vor uns versteckt haben? Sie haben Angst davor, Azad zu erzählen, was passiert ist?«
    Er nickte. »Ich   … ich wollte es meinem Sohn heute Abend sagen. Ganz bestimmt.«
    Axel räusperte sich. »Was haben Sie eigentlich vor, Herr Talabani? Sie dürfen die Kinder nicht außer Landes bringen, solange die Ermittlungen laufen und man eventuell die Aussagen der beiden braucht.«
    »Ich weiß nicht, was Sie wollen«, rief Talabani aus. Die große Geste, die seine Arme vollführten, sollte wohl einschüchternd wirken, verstärkte aber eher den Eindruck seiner

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